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Villa von Karl Lagerfeld bei Paris versteigert | ABC-Z

Als Karl Lagerfeld im neuen Jahrtausend richtig berühmt wurde, nachdem er stark abgenommen hatte und durch seine H&M-Kollektion auch unter Jüngeren zum Star geworden war, suchte er ein Refugium, in dem er seine Ruhe hatte, mit großem Park, vor fremden Blicken geschützt. Das Schloss in der Champagne, das er im Jahr 2000 erworben hatte, war ihm wohl zu groß und zu weit entfernt von Paris, also verkaufte er es. Schließlich fand er eine neoklassizistische Villa in Louveciennes, vor den Toren der Stadt. Hier hatte der Dichter Charles Leconte de Lisle 1894 seine letzten Tage verbracht – für den Freund französischer Lyrik war auch das sicher ein Grund zuzugreifen.

Nun ist auch dieses Haus von den Nachlassverwaltern des vor sechs Jahren gestorbenen Modeschöpfers verkauft worden. Am Dienstag wurde der „Pavillon des Voisins“ im Auftrag der Pariser Notarkammer versteigert – das Höchstgebot für die 600-Quadratmeter-Villa im Park lag am Ende 50.000 Euro über dem zuvor angesetzten Schätzwert von 4.635.000 Euro. Es war ein traditionell französischer Verkauf „à la bougie“, eine Kerzen-Auktion, die erst dann zu Ende geht, wenn bei einer Bieterpause zwei kleine Kerzen nacheinander erloschen sind, ohne dass neue Gebote abgegeben wurden. Offenbar brannten die Kerzen am Dienstag recht lange. Denn Maître Arno Felber von der Kanzlei Arias konnte erst nach Stunden das Höchstgebot verkünden.

Der Prunk lässt sich erahnen: Ein Raum des Hauptgebäudes öffnet sich auf den weiträumigen Park des Anwesens von Karl Lagerfeld vor den Toren von Paris.dpa

Der Käufer war zunächst nicht bekannt, vermutlich will er, wie meist in solchen Fällen, anonym bleiben. Unklar ist, ob auch das Modehaus Chanel mitbot, für das Lagerfeld 36 Jahre lang tätig war. Die Marke hatte nach seinem Tod unter anderem seine Buchhandlung und sein Fotostudio an der Rue de Lille erworben; und das Haus in Louveciennes wäre ein idealer Standort für ein Lagerfeld-Museum.

Lagerfeld ließ die Villa renovieren und neu einrichten

Wie bei den meisten seiner zahlreichen Wohnungen und Häuser hatte der Modemacher die Villa von Grund auf renovieren, ausbauen und neu einrichten lassen. Seine Wohnung am Quai Voltaire, die er vollkommen neu gestaltet hatte, wurde vergangenes Jahr sogar für zehn Millionen Euro versteigert, das war fast das Doppelte des Schätzwerts.

Ob er hier jemals baden war? Der Pool auf dem Anwesen von Karl Lagerfeld
Ob er hier jemals baden war? Der Pool auf dem Anwesen von Karl Lagerfelddpa

Das Haus in Louveciennes richtete Lagerfeld mit viel Energie ein. Das heißt aber nicht, dass er dort wirklich gewohnt hätte. Meist kam er nur am Wochenende, um den Baufortschritt zu begutachten. Nach Angaben von Patrick Mauriès und Jean-Christophe Napias („Im Hause Lagerfeld“) hat er nur eine Nacht hier geschlafen. Und er habe nur ein einziges Dinner gegeben, für seine Freundinnen Françoise Dumas und Caroline von Monaco. Ein zweites Dinner, das 2015 zu Ehren von Anna Wintour ausgerichtet werden sollte, wurde demnach in letzter Minute abgesagt, weil Lagerfeld, der kurz zuvor von seiner Krebserkrankung erfahren hatte, dringend ins Krankenhaus musste.

Kaum jemand wusste, wo die Villa lag

Überhaupt behandelte er das Haus äußerst diskret. Nicht einmal enge Bekannte wussten, wo es eigentlich lag. Mauriès und Napias vermuten, dass das an den dauernden Problemen mit den Finanzbehörden lag, die durch Bilder in den Medien über seine anderen Immobilien informiert waren. Die Zurückhaltung könnte aber auch an der zunehmenden Angst Lagerfelds vor Übergriffen und Überfällen liegen. Jedenfalls wurden erst nach seinem Tod im Zusammenhang mit den Versteigerungen seiner Besitztümer bei Sotheby’s die ersten Bilder der prachtvollen Inneneinrichtung veröffentlicht.

Diese Villa war gewissermaßen die Summe all seiner Leidenschaften. Statt wie am Quai Voltaire ein futuristisches Labor oder wie zuvor an der Rue de l’Université ein barockes Stadtpalais richtete er sich hier eine großbürgerliche Villa im Stil der Moderne ein. Aus Lagerhäusern und anderen Wohnungen, in denen viele seiner Bücher, Kunstwerke und Designobjekte schlummerten, holte er laut Mauriès und Napias zahlreiche Dinge herbei: einen Spiegel von Armand Albert Rateau, der schon in seiner ersten Wohnung hing, Gips-Karyatiden als Deckenfluter, Möbel von Louis Süe und André Mare, Entwürfe der Designer Erwan und Ronan Bouroullec sowie Martin Szekely. In den Regalen standen die gesamten Pléiade-Klassikerausgaben.

An den Wänden hingen Plakate mit deutscher Werbegrafik des beginnenden 20. Jahrhunderts („Schlicht-Seife ist die beste“); er besaß aus der Zeit mehr Originalplakate als jeder andere Sammler. All diese Einzelobjekte wurden schon im Mai 2022 bei der Sotheby’s-Auktion in Köln versteigert. Denn die Nachlassverwalter versuchen seit 2019, das Chaos des riesigen Erbes mit allein etwa 300.000 Büchern durch Versteigerungen etwas zu lichten.

Dem neuen Besitzer bleibt also immerhin das Haus mit einem zwei Hektar großen Park, etwa 20 Kilometer westlich von Paris gelegen. Im Garten gibt es ein Schwimmbecken samt Poolhaus, einen Tennisplatz, ein Gästehaus und eine Bibliothek. Und wenn der neue Besitzer eine Katze hat, ist auch sie willkommen. Für seine Birmakatze Choupette hatte Lagerfeld eigens eine Auslauffläche auf dem Rasen anlegen lassen.

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