Carney knallt dem US-Präsidenten die Tür zu – „Kanada ist niemals käuflich“ | ABC-Z

Washington. US-Präsident will den Staat im Norden „eingemeinden“. Ottawas neuer Premierminister zeigt ihm im Oval Office die kalte Schulter
Unmittelbar vor der Visite von Premierminister Mark Carney, zu der ein gemeinsames Mittagessen im Weißen Haus gehörte, jedoch keine der üblichen Presse-Konferenzen, hatte Donald Trump über sein Internet-Portal „Truth Social“ erneut den Brunnen zwischen den USA und dem großen Nachbarn im Norden vergiftet.
Er wolle zwar „sehr“ mit seinem Counterpart zusammenarbeiten, schrieb Trump am Dienstagmittag, verstehe aber „eine schlichte Wahrheit nicht“:
„Warum subventionieren die USA Kanada jährlich mit 200 Milliarden Dollar, zuzüglich militärischen Schutzes?“ Dann wiederholte Trump seine seit Wochen bekannte Tirade, dass die Vereinigten Staaten weder Kanadas Autos, noch deren Energie oder Holz benötigten. „Wir brauchen nichts, was sie haben, außer ihrer Freundschaft, die wir hoffentlich immer aufrechterhalten werden“, sagte Trump.
Kann, wenn nötig, auch die Trump-Faust: Kanadas Premierminister bei der Begrüßung durch Donald Trump am Weißen Haus.
© Mark Schiefelbein/AP/dpa | Mark Schiefelbein
Nach dem Händeschütteln für die Fotografen war von derlei Provokation zunächst nichts zu spüren. Trump lobte sein Gegenüber im Oval Office über den grünen Klee, bekundete seinen Respekt, beglückwünschte ihn und seine liberale Partei zum Wahlsieg und nahm, typisch Trump, augenzwinkernd für sich Anspruch, daran (mit seinen Attacken) einen gewissen Anteil zu haben.
Carney wiederum erwähnte Trumps Engagement für den amerikanischen Arbeiter und würdigte ihn als „transformierenden Präsidenten”.
Kurz darauf kam tatsächlich zur Sprache, was den ehemaligen Zentralbanker möglicherweise in Ottawa an die Macht gebracht hat: sein kategorisches, beinhartes Nein zu Trumps seit Wochen kursierenden Avancen, Kanada einzugemeinden und zum 51. Bundesstaat der USA zu machen. „Amerika will unser Land, unsere Ressourcen, unser Wasser, unser Land“, hatte Carney unmittelbar nach seinem Wahlsieg erklärt und Trump den Versuch vorgeworfen, „uns zu brechen, damit er uns besitzen kann. Das wird niemals geschehen.“
“Verrat” durch die USA: Kanadas Premier prangert Trumps Politik an
Keinen Meter von Trump entfernt sitzend, sagte der Finanzexperte ihm das (wie die überwältigende Mehrheit seiner Landsleute es verlangt hat ) erneut – diesmal mit gesetzteren Worten, aber mitten ins Gesicht. „Wie Sie aus der Immobilienbranche wissen, gibt es einige Orte, die nicht zum Verkauf stehen“, formulierte der in Harvard und Oxford ausgebildete Ökonom mit ruhiger, fester Stimme und fügte hinzu, sein Land „steht nicht zum Verkauf und wird niemals zum Verlauf stehen”. Mehr klare Kante im Heiligsten der amerikanischen Machtzentrale geht nicht.
Trump: „Sag niemals nie“
Dann wollte er die Debatte auf das Machbare verlagern – auf Deals, sprich: Wirtschaftsabkommen und Partnerschaft. Aber Trump, der den Staatsgast penetrant mit dessen Vornamen anredete, ließ nicht locker. Ohne ins Detail zu gehen oder Carney offen zu widersprechen oder anzugreifen, gab der Gastgeber süffisant zurück: „Sag niemals nie. Ich hatte viele, viele Dinge, die nicht machbar waren und am Ende waren sie machbar.“

Hat in Washington eine Eklat vermieden und dennoch Klartext gesprochen: Kanadas neuer Regierungschef Mark Carney
© AFP | DAVE CHAN
Direkt im Anschluss beendeten die Staatsmänner den Schlagabtausch vor laufender Kamera und zogen sich zu Gesprächen zurück, an denen auf US-Seite auch Vize-Präsident JD Vance, Außenminister Marco Rubio und Handelsminister Howard Lutnick teilnahmen. Dabei kam zur Sprache, dass beide Länder ein in Trumps erster Präsidentschaft ausgehandeltes Freihandelsabkommen (USMCA) für mangelhaft halten und spätestens 2026 neu verhandeln wollen. Carney wollte am späteren Nachmittag in der kanadischen Botschaft in Washington vor die Presse treten und von seinem Antrittsbesuch in Washington berichten. Trumps Tagesplan sah nichts dergleichen vor.