AfD: Gutachten sieht “verfestigte fremdenfeindliche Haltung” in AfD-Führung | ABC-Z

Das
Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sieht Medienberichten zufolge eine “verfestigte fremdenfeindliche Haltung” in der “obersten Führungsstruktur
der AfD”. Das berichtet der Spiegel mit Berufung auf das Gutachten – die Plattform FragDenStaat veröffentlichte zudem 17 Seiten des 1.108 Seiten langen Dokuments, mit dem das BfV die Partei
als “gesichert rechtsextremistisch” eingestuft hat. Die “verfassungsfeindliche
Ausrichtung” der AfD habe sich zwischenzeitlich “zur Gewissheit verdichtet”, heißt es demnach darin.
Der Verfassungsschutz hatte am Freitag mitgeteilt, die AfD-Bundespartei fortan “aufgrund der die Menschenwürde
missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert
rechtsextremistische Bestrebung” einzustufen. Zuvor wurde die Partei
als Verdachtsfall behandelt. Die Partei hat eine Klage dagegen eingereicht.
Die Behörde
hat in dem Gutachten dem Spiegel zufolge Belastendes von 353 AfD-Mitgliedern gesammelt, von der Kreisebene bis zu den Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla. Fast alle Mitglieder des Bundesvorstands werden demnach mit
belastenden Aussagen zitiert.
“Eine Mäßigung ist nicht ersichtlich”
Dem Bericht zufolge habe sich in den vergangenen Jahren das
völkisch-nationalistische Lager in der AfD vollends durchgesetzt. “Eine
Mäßigung ist nicht ersichtlich”, schreibt das BfV demnach. Eine Gegenwehr gegen
rechtsextreme Positionen sei in der Partei kaum mehr erkennbar. Der
Verfassungsschutz glaube deshalb nicht, “dass es gemäßigteren Kräften in der
AfD noch möglich ist, die verfassungsfeindliche Prägung der Gesamtpartei
umzukehren”.
Der Ausschnitt aus dem Gutachten des Verfassungsschutzes gliedert sich in vier Bereiche auf: “Ethnisch-abstammungsmäßige Aussagen und Positionen”, “Fremdenfeindlichkeit”, “Islamfeindlichkeit” und “Demokratieprinzip.”
Vor allem den “ethnisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff”, der in
der AfD vorherrsche, wertet der Verfassungsschutz demnach als problematisch. Funktionäre der Partei unterschieden etwa zwischen “echten” Deutschen und
“Passdeutschen”. Letztere würden aufgrund ihres
Migrationshintergrunds von der AfD als Staatsbürger zweiter Klasse angesehen.
Das sei nicht mit der im Grundgesetz verankerten Menschenwürde vereinbar.
Das BfV spricht laut Bericht zudem von einer “fortlaufenden Agitation” gegen
Migranten, Geflüchtete und Muslime durch Funktionäre der Partei. Die AfD stelle Migranten als
“bedrohliches Kollektiv” dar. Teils dichte sie ganzen Gruppen wegen
ihrer Herkunft eine “erhöhte Gewaltneigung” an, heißt es laut Spiegel in dem Gutachten. Auf rund 400
Seiten stünden demnach völkische, rassistische, minderheitenfeindliche und
antimuslimische Äußerungen von Parteifunktionären.
Daneben habe der Bundesvorstand der AfD dem Bericht zufolge wiederholt die Souveränität der Bundesrepublik in Zweifel gezogen. So sagte etwa Co-Bundessprecher Tino Chrupalla mit Blick auf den Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines: “Unsere Infrastruktur wird von sogenannten Freunden zerstört und wir, unsere Bundesregierung, steht da und zuckt mit den Achseln. Daran sieht man, dass dieses Land nicht souverän sein kann.” Andere demokratische Parteien verunglimpfte Chrupalla demnach als “Vasallen Amerikas”.
Aussagen aus der AfD-Führung
In dem Bericht werden unter anderem drei prominente
Beispiele aus der Führung der AfD zitiert, die der Verfassungsschutz
demnach in seinem Gutachten erfasst hat.
Darunter ist unter anderem eine Aussage von Björn Höcke
vom 31. August 2024, einen Tag vor der Thüringer Landtagswahl: “Die
Kartellparteien lösen unser Deutschland auf wie ein Stück Seife
unter einem lauwarmen Wasserstrahl!”, rief Höcke demnach von der Bühne.
“Wir
werden morgen diesen Hahn abdrehen!”
Auch eine Aussage von AfD-Bundeschefin Alice Weidel
bei einer Wahlkampfveranstaltung im brandenburgischen Werder (Havel) Mitte September 2024 ist darunter. Auf den deutschen
Straßen werde ein “Dschihad” geführt, “ein Glaubenskrieg
gegen die deutsche Bevölkerung”. “Das Herumgemessere” und “die
Vergewaltigungen” seien “völlig neu in unserem Land”, heißt es demnach in dem Gutachten.
Junge Alternative und rechte Netzwerke
Im Jahr 2023 sagte der
sachsen-anhaltische Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider laut dem Bericht auf einer Demo, die
Bundesregierung habe “dem eigenen Volk den Krieg erklärt”. Er fügte demnach hinzu: “Wenn wir eine Regierung haben, die gegen uns
Krieg führt, dann führen wir Krieg gegen diese Regierung. Wir sind
gekommen, diese Gestalten aus ihren Sesseln zu vertreiben.”
Auch
die als rechtsextrem eingestufte Junge Alternative (JA) wird dem Bericht zufolge in
dem Gutachten zur Einstufung der AfD als “gesichert rechtsextremistisch” thematisiert. Die JA habe eine wichtige Rolle für die “Heranbildung
aktueller und künftiger Funktionäre” der AfD gespielt. Zwar hat sich der
Verband zu Beginn des Jahres aufgelöst, doch der Verfassungsschutz rechne
damit, dass die bisherigen JA-Mitglieder “im Wesentlichen auch künftig weiter” in
der AfD aktiv sein werden.
Im “außerparlamentarischen Vorfeld” der AfD habe sich zudem ein ganzes
Netzwerk neurechter Gruppen, Vereine und einflussreicher Vordenker etabliert –
etwa zur rechtsextremen Identitären Bewegung.