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Alternativer Nobelpreis: Rechercheure im Dunklen | ABC-Z

Berlin taz | Es hat eine gewisse Ironie, dass ausgerechnet eine Aktivistengruppe, die mit ihren Recherchen die Machenschaften von Myanmars Militärjunta, ihren Günstlingen und ihren ausländische Geschäftspartnern aufdeckt, ihrerseits selbst verdeckt arbeiten muss. Doch die Junta unter General Min Aung Hlaing, die sich am 1. Februar 2021 in dem südostasiatischen Land an die Macht putschte, geht mit ihren Gegnern brutal um.

Laut der angesehenen lokalen Menschenrechtsorganisation AAPPB wurden seit dem Putsch bereits 7.310 Menschen von Juntakräften getötet (Stand 30.9.) und sitzen derzeit 22.464 mutmaßliche Juntagegner in myanmarischen Gefängnissen. Laut UN sind zudem rund drei Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht.

Mitverantwortlich dafür sind auch die Geschäftspartner der Junta im In- und Ausland, die diese zu ihren Verbrechen befähigen. Dass die Öffentlichkeit über deren dunkle Aktivitäten, Verflechtungen und tödlichen Geschäfte mehr erfährt, ist das Verdient der jetzt mit dem Right Livelihood Award („Alternativer Nobelpreis“) ausgezeichneten Organisation Justice for Myanmar (JFM).

JFM ist die einzige der diesjährigen Preisträger*innen, die aus Gründen des Selbstschutzes am Tag der Bekanntgabe der Auszeichnung keine Pressekonferenz geben und eben nicht öffentlich auftreten kann. Schon die Frage, wo die Organisation sitzt, ist nicht wirklich klar. JFM schreibt auf seiner Webseite: „Wir sind eine verdeckt arbeitende Gruppe, die durch Recherchen, Datenvisualisierung und Berichte jene Firmen und Kriminellen bloßstellt, die von Brutalität, Kriegsverbrechen und dem Leid in großem Stil profitieren.“

„Mutig“, „wegweisend“, „innovativ“

Das Vergabekomitee des Preises lobt „den Mut und die wegweisenden investigativen Methoden, mit denen die Unterstützung von Myanmars korruptem Militär geschwächt wird.“

JFM geht mit seinen Recherchen nicht nur Firmen an, die trotz Sanktionen westlicher Länder und Japans weiter Geschäfte mit der Junta machen, sondern befähigt damit auch die Öffentlichkeit etwa in Europa, damit diese selbst aktiv werden und wo überhaupt möglich sich in ihrem Konsumverhalten solidarischer zu Myanmars demokratischem Widerstand verhalten können.

Zugleich liefert JFM Aktivisten, Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften wichtige Informationen für Kampagnen. Denn Firmen reagieren erst unter großem Druck. So gelang es JFM etwa im Rahmen einer Kampagne mit anderen Organisationen den deutsch-französischen Flugzeugkonzern Airbus zum Verkauf seiner Anteile am chinesischen Flugzeug und Rüstungskonzern Aviation Industry Corporation of China (AVIC) zu bewegen, der Myanmars Luftwaffe ausrüstet. Die greift immer wieder Schulen und Klöster an und war lange das wichtigste Instrument der Junta, um sich an der Macht zu halten.

Die im Berliner Exil lebende myanmarische Schriftstellerin und Menschenrechtsaktivistin Ma Thida, Gründerin der Schriftstellervereinigung PEN in ihrem Land, hält die Auszeichnung an JFM für verdient: „Es gibt keine andere Organisation in Myanmars Widerstand wie diese,“ sagt Ma Thida der taz. „Sie arbeitet sehr smart, sehr strategisch und recherchiert sehr gut.“

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