Schluss mit Beamten im Klassenzimmer – der Kochshow-Lehrer ist kein Einzelfall | ABC-Z

Der Fall des krankgeschriebenen Kochshow-Lehrers hat die Politik erreicht. Er ist wohl eher kein Einzelfall. Er zeigt, wie lasch der Staat Beamte kontrolliert werden. Aber es scheint etwas in Rollen zu kommen.
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Nachdem Friedrich Merz das Augenmerk auf diejenigen gelenkt hat, die sich im Stadtbild „nicht an unsere Regeln halten“, lohnt ein Blick auf jene, die das ebenfalls nicht tun – im Staatsdienst.
Zum Beispiel Dominik aus Gummersbach, Mitte dreißig und Lehrer für Englisch und Geographie. Letztes Jahr verriet er im TV: Seine Schüler können „sich meist sehr gut selbst regulieren“.
Das mussten sie wohl auch: Dominik war ein Jahr lang krankgeschrieben.
Basilikum-Sorbet statt Englisch-Unterricht
Warum, geht uns nichts an. Dass er in dieser ausgedehnten Schulpause jedoch an TV-Kochshows teilgenommen haben soll, ist zu Recht seit Tagen Gesprächsthema.
Den Sieg bei „Das perfekte Dinner“ errang der Pädagoge mit Baba Ghanoush, Rinderfilet, Risotto und „Asparagi Tricolore“ sowie der „Liaison zwischen Zitronentraum und Basilikum-Sorbet“. Als kleiner Gruß aus der Bezirksregierung läuft gegen ihn nun das perfekte Disziplinarverfahren.
Ministerin warnt vor Generalverdacht
Gestern beschäftigte er sogar den Düsseldorfer Landtag. Das geht naturgemäß nicht ohne Ermahnungsreflexe. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) betonte, man dürfe aus Einzelfällen keinen Generalverdacht ableiten: „Dadurch entstehen Misstrauen und Denunziantentum.“
Es sei höflich angemerkt, dass die 16 Jahre lang krankgeschriebene Lehrerin aus Wesel – sie nutzte die Zeit als Heilpraktikerin – den Einzelfall in NRW bereits verdoppelt.
Unkontrolliert dauerkrank
Vielleicht sollte die Ministerin auch ihren eigenen Generalverdacht gegen die Bevölkerung ablegen, die nicht sofort überall Simulanten wittert. Selbst Gerhard Schröder, dessen „faule Säcke“-Spruch dieses Jahr 30 wird, hat sich zum Glück längst von seinen Worten distanziert.
Misstrauen wecken vielmehr Behörden, wenn sie ihre Aufsichtspflicht vernachlässigen. Denn es grenzt an Irreführung, den Einzelfall auszurufen, wenn 45 Prozent der dauerhaft krankgeschriebenen, beamteten Lehrkräfte in NRW nie einen Amtsarzt gesehen haben.
Dienstunfähig bei voller Besoldung
Die allgemeine Dienstordnung soll nun in Bezug auf amtsärztliche Untersuchungen um eine „Klarstellung zum Verfahren“ ergänzt werden, damit – jetzt kommt’s – „alle Bezirksregierungen nach den gleichen Maßstäben handeln“.
Es war offenbar naiv anzunehmen, dass ein Dienstherr bereits dieselben Maßstäbe anwendet, wenn Beamte – bekanntlich bei voller Besoldung – dienstunfähig sind.
Beamtete Lehrer – „schreiend unfair“
Die FDP-Abgeordnete Franziska Müller-Rech nannte es gestern „schreiend unfair“, dass angestellte Lehrer nach dem 43. Ausfalltag auf Krankengeld zurückfallen, während beamtete Kollegen 100 Prozent ihrer Bezüge behalten.
Die „Einzelfälle“ mögen deshalb endlich Grundsätzliches ins Rollen bringen: Den Unsinn mit hunderttausenden verbeamteten Lehrern (und Hochschullehrern) zu beenden, den sich europaweit fast nur noch Deutschland leistet.
Wir brauchen gute, motivierte und entsprechend gut bezahlte Lehrkräfte – wir brauchen keine Beamten im Klassenzimmer.
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