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Von wegen blöder Esel: Eindrücke vom Eseltreffen in Türkenfeld – Fürstenfeldbruck | ABC-Z

Vielleicht sind die Esel gerade dabei, es den Menschen vorzumachen: sich gelegentlich Zeit zu lassen, die Langsamkeit zu entdecken, zu entschleunigen. Geduldig und gutmütig zu bleiben statt Termindruck und Hektik nachzugeben. Und wie sie da so friedlich stehen und auf ein bisschen Heu herumkauen, sich streicheln lassen und einfach da sind, könnten sie als Vorbilder taugen in einer wie wild wogenden Welt.

Selbst im Wettbewerb lassen es die Esel noch gemütlich angehen. Als hätten sie sich auf das olympische Motto des Dabeiseins verständigt, auf die Losung, es einfach bloß ins Ziel zu schaffen. Irgendwie ankommen, über die Hindernisse oder auch an ihnen vorbei.

Zehn Hindernisse sind auf dem Parcours beim Türkenfelder Eseltreffen aufgebaut, das – obgleich auch eine Art Branchentreffen – auch immer reichlich Publikum anzieht. Dort oben auf dem Steingassenberg außerhalb des Ortes finden alljährlich im Dezember die Bergweihnacht und Anfang Oktober das Bergfestival mit Bauern- und Handwerkermarkt statt – und eben jenem Eseltreffen in seiner jetzt 14. Auflage.

Attraktion beim Publikum: ein Großesel der französischen Rasse Poitou, erkennbar am langen, zotteligen Fell. (Foto: Johannes Simon)

Der Hindernislauf – erfunden von Menschen, zu lösen im Team von Esel und Mensch – gehört dazu. Zehn Hindernisse sind zu bewältigen und Laura und Esel Mojito legen ein ordentliches Tempo vor. Die 15-Jährige und das Tier aus der Zachersmühle im baden-württembergischen Adelberg sind zum ersten Mal gemeinsam am Start. Mojito ist ein alter Hase, hat schon mehrmals gewonnen in Türkenfeld und geht als Titelverteidiger an den Start.

Das Bällebad, die Flatterbänder, das Tor mit den Luftballons, die Wippe, die Strohballen – nichts scheint ihm größere Mühe zu bereiten. Aber die Schwimmnudeln gefallen ihm nicht. Die bunten Schaumstoffteile säumen einen Durchgang und bewegen sich im Wind. Will der Esel sie passieren, kommt er mit ihnen in Kontakt, was dem einen oder anderen zumindest so unangenehm ist, dass er lieber davor stehen bleibt.

Bis hierher und nicht weiter: Die Schwimmnudeln erweisen sich als Hindernis, das vielen Eseln nicht ganz geheuer ist. Dann bleiben sie einfach davor stehen.
Bis hierher und nicht weiter: Die Schwimmnudeln erweisen sich als Hindernis, das vielen Eseln nicht ganz geheuer ist. Dann bleiben sie einfach davor stehen. (Foto: Johannes Simon)

So wie Mojito. Lara zieht kurz an der Leine, an der sie das Tier führt. „Ich habe es auch mit Leckerlis versucht, aber es war nichts zu machen“, sagt die 15-Jährige hinterher. Es bleibt ihr nichts anderes übrig, als Mojito um das Hindernis herum zum Ziel zu führen. Die Bestzeit ist futsch. Applaus vom Publikum gibt es dennoch.

Da hat er seinem Ruf wieder alle Ehre gemacht, der störrische Esel. Nein, sagt Irmgard Pross-Kohlhofer von den Eselfreunden Kolbermoor zu Michael Eham, der als Moderator des Hindernislaufs für den kurzfristig erkrankten Matthias Luginger eingesprungen ist: „Es stimmt nicht, dass Esel stur oder dumm sind. Sie sind eigenwillig, und das ist das Besondere.“ So würden Esel, die kleinsten Mitglieder aus der Familie der Pferde, bei Gefahr oder Unsicherheit stehen bleiben und seien ansonsten treue Gefährten, sagt sie später der Reporterin. Man könne Esel nicht überreden, sondern nur überzeugen – mit Geduld und Vertrauen.

Benny folgt seiner Besitzerin – und passiert die Schwimmnudeln

So wie sie es mit Benny vorgemacht hat. Das 25 Jahre alte Tier war ihr erster Esel. Er war zweieinhalb, als er zu ihr kam. Mittlerweile hat sie zehn Esel. Mit Benny ist sie nach Jahren mal wieder in Türkenfeld am Start. Er meistert die Hindernisse in souveräner Gelassenheit, betritt die Wippe mit der Vorsicht des Alters und geht dann, als sie sich senkt, ebenso bedächtigen Schrittes hinab.

Am Ende dann die Schwimmnudeln, die schon so manches Duo um seine gute Laufzeit gebracht haben an diesem Nachmittag. Auch Benny bleibt stehen. Irmgard Pross-Kohlhofer animiert ihn, vorwärtszugehen, ihr zu folgen, indem sie ihre Hand vor seine Schnauze hält und ihm signalisiert, er solle dieser Fährte folgen. Es dauert ein wenig, dann ist der Esel davon überzeugt, dass seine Besitzerin es gut meint mit ihm. Benny passiert die Schwimmnudeln, es gibt eine kleine Belohnung aus ihrer Hand. Geschafft!

Nicht ohne Mama: Das erst acht Wochen alte Eselfohlen Maria begleitet seine Mutter durch den Hindernisparcours.
Nicht ohne Mama: Das erst acht Wochen alte Eselfohlen Maria begleitet seine Mutter durch den Hindernisparcours. (Foto: Johannes Simon)

Marie, die weiße Eselstute, geht auch an den Start. Maria hintendrein. Das kleine Fohlen ist erst acht Wochen alt. Es weicht der Mutter nicht von der Seite. Raphael aus Fürstenfeldbruck führt Marie durch den Parcours, derweil darf die kleine Maria die Abkürzungen nehmen. Am Ende schaffen Maria und Raphael eine gute Zeit. Dann sind Mutter und Tochter wieder vereint. Maria legt sich wieder auf dem abgesperrten Bereich der Wiese hin, in dem auch die übrigen 30 Esel des Eselhofs Allinger aus Untrasried im Ostallgäu stehen. Mutter Marie bleibt ganz in ihrer Nähe.

Viele menschliche Bewunderer stehen um das Gatter, machen Fotos, warten, bis der eine oder andere Esel herankommt und sich streicheln lässt. Das trauen sich schon die Kleinsten. Auch die Fohlen dürfen angefasst werden. „Die Mamas dulden das, die sind da sehr aufgeschlossen“, sagt Patrick Allinger, der sich um den Ablauf der Veranstaltung kümmert. In Türkenfeld sind an diesem Nachmittag Hausesel, Großesel, Zwerg- und Miniaturesel zu sehen. Und am Parcours zeigt sich, „wie unterschiedlich die Esel drauf sind“, erklärt Patrick Allinger.

Wie im Streichelzoo: Das Publikum kann den Eseln beim Türkenfelder Treffen ganz nahe kommen.
Wie im Streichelzoo: Das Publikum kann den Eseln beim Türkenfelder Treffen ganz nahe kommen. (Foto: Johannes Simon)

Ihr sei es wichtig, dass das Bild des Huftieres in der Öffentlichkeit ein besseres werde, sagt Irmgard Pross-Kohlhofer, die auch für den gemeinnützigen Verein „Noteselhilfe“ deutschlandweit im Einsatz ist. Deshalb sei es nötig, auch Wissen über den Esel und dessen artgerechte Haltung zu vermitteln. Zum Beispiel, dass man Esel bei Touren und Wanderungen nicht überladen dürfe. Sie sollten maximal zwanzig Prozent ihres Körpergewichts tragen. Aber wenn man richtig mit dem Esel umgehe, dann „ist er ein so treuer Begleiter wie ein Hund“.

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