Wirtschaft

Subventionsbetrug in Griechenland: Die reiche Ernte der Pseudo-Bauern | ABC-Z

Landwirtschaft in Griechenland
ist ein hartes Geschäft, dieser Tage ganz besonders: Temperaturen über 40 Grad machen
Mensch und Vieh zu schaffen, die Trockenheit setzt den Pflanzen zu. Und der
finanzielle Ertrag bleibt für viele Landwirte überschaubar. Damit die
heimischen Produzenten inmitten globaler Konkurrenz bestehen können,
unterstützt die EU den Agrarsektor in den Mitgliedsstaaten jährlich
mit rund 55 Milliarden Euro
. Die gemeinsame Agrarpolitik ist noch immer
einer der größten Etatposten der EU.

Doch statt an hilfsbedürftige Farmer
flossen die Subventionen aus Brüssel in Griechenland wohl über Jahre an Betrüger. Bis zu 45 Millionen Euro an EU-Fördermitteln könnten
laut einem Bericht des Portals Politico jährlich abgezweigt worden sein. Der immer größer werdende Skandal droht, einen
Schatten auf die wirtschaftliche
Erfolgsgeschichte
zu werfen, die der konservative Ministerpräsident
Kyriakos Mitsotakis nach Jahren der Krise schreiben will.

Wie konnte es so weit kommen? Eigentlich zielten
die dem Land verordneten, einschneidenden Reformen im Zuge der Schuldenkrise doch gerade darauf, Korruption und Schattenwirtschaft einzuhegen. Und wieso
bekam die EU von dem großangelegten Betrug nichts mit?

Frühe Warnzeichen

Dass der Fall überhaupt
öffentlich wurde, ist laut Medienberichten auch Paraskevi Tycheropoulou zu
verdanken. Sie arbeitete als Leiterin der Rechnungsprüfung bei der griechischen Regierungsbehörde OPEKEPE, die die Agrarsubventionen auszahlt. Diese
verteilte nach eigenen Angaben jährlich rund drei Milliarden Euro an
Fördermitteln an fast 900.000 Empfänger mit Verbindungen in die Landwirtschaft,
darunter Bauern, Verbände und Exporteure.

Bereits 2020 soll Tycheropoulou bei
einer Stichprobe Unregelmäßigkeiten in Förderanträgen für die Bewirtschaftung
von Weideland entdeckt haben. Personen, die Hunderte Kilometer entfernt lebten,
gaben sich demnach als Pächter von Flächen in einer entlegenen Bergregion an
der albanischen Grenze aus, inklusive fingierter Eigentumstitel.
In der Folge sollen rund 177.000 Euro an EU-Fördergeldern an die vermeintlichen
Pächter geflossen sein – dabei befanden sich die Gebiete in Staatsbesitz und
wurden von den Pseudo-Landwirten nie bewirtschaftet.

Derartige Konstrukte aus immer neuen vermeintlichen
Landbesitzern und angeblichen Landwirten als Pächtern machten den Betrug im
großen Stil möglich. OPEKEPE bewilligte die Anträge wohl massenhaft und ohne
Prüfungen. Die wären ohnehin knifflig geworden. Denn erst Ende 2025 und mit reichlich
Verzug soll in Griechenland die Zusammenlegung Hunderter lokaler Katasterämter
in eine Zentralbehörde abgeschlossen werden – eine Reform, zu der sich das Land
bereits 2012 in der Schuldenkrise gegenüber den Gläubigern verpflichtet hatte. Die
Planlosigkeit der Behörden spielte den Betrügern in die Karten.

Millionen erfundene Schafe und Ziegen

Besonders groß und kreativ war
das Netzwerk der Pseudo-Bauern offenbar auf Kreta. Von dort griffen die Betrüger laut der Plattform DataJournalists nicht nur Subventionen für Fake-Weideflächen auf der kleinen,
unbewohnten und unter Naturschutz stehenden Nachbarinsel Chrysi in Höhe von 250.000
Euro ab. Auf Kreta selbst wurde die Zahl der registrierten Schafe und
Ziegen künstlich auf rund acht Millionen aufgebläht – alles für die
Subventionen.

Obwohl einige abenteuerliche Betrügereien
behördenintern bereits seit Jahren bekannt waren, ging es immer weiter. Zwar soll
der damalige OPEKEPE-Chef Grigoris Varras nach internen Ermittlungen 2020 Alarm
geschlagen und 3.500 verdächtige Steuernummern an die Ermittlungsbehörden
gemeldet haben. Auch soll er seinen Vorgesetzten, den damaligen Minister für
ländliche Entwicklung, Mavroudis Voridis, informiert haben.

Voridis, der in seiner Jugend mit
einer von ihm gegründeten Neonazi-Truppe Jagd auf Linke gemacht haben soll und
erst 2012 von der ultrarechten Partei LA.O.S. zur konservativen Nea Dimokratia
von Premier Mitsotakis wechselte, unternahm jedoch: nichts. Statt den
Ungereimtheiten nachzugehen, soll Voridis Berichten zufolge Druck auf Behördenchef Varras
ausgeübt und ein Ende der behördeninternen Untersuchungen erwirkt haben.
Voridis bestreitet das. Varras allerdings trat zurück.

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