Trotz moderner Ideen – diese Eigenschaft fehlte ihm | ABC-Z

Berlin/Rom. Papst Franziskus zeigte während seiner Amtszeit viele Ansätze für Modernisierung. Die Umsetzung dieser Pläne gelang ihm jedoch kaum.
Die Bilder des Papstes, als er noch am Ostersonntag von der Loggia des Petersdoms aus mit schwacher Stimme den Segen Urbi et Orbi erteilte, zeigten einen von seiner schweren Krankheit gezeichneten Franziskus. Nun ist der Pontifex, nur einen Tag nach seinem letzten öffentlichen Auftritt, gestorben. Er hinterlässt der Katholischen Kirche ein schwieriges Erbe.
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Als der Argentinier Jorge Mario Bergoglio vor gut zwölf Jahren zum 266. Bischof von Rom, und damit zum Oberhaupt der Katholischen Kirche gewählt wurde, flogen ihm die Herzen vieler Gläubigen schnell zu. Sein Humor und seine Bescheidenheit brachten ihm große Sympathien ein. Es schien, als würde der Papst „vom anderen Ende der Welt“ frischen Wind in den Vatikan bringen. Doch diese Erwartungen erfüllte er nur zum Teil.
Papst Franziskus: Viele gute Ideen, aber keine Reformen
Auf Äußerungen von Franziskus, die auf einen Wandel hinzudeuten schienen – etwa bei der Rolle der Frauen in der Amtskirche – folgten oft nicht die entsprechenden Reformen. Zu oft beließ es der Papst bei Worten, wo eine klare Richtungsentscheidung notwendig gewesen wäre.
Papst Franziskus im Jahr 2018.
© picture alliance/dpa | Andrew Medichini
Mit dem Tod Franziskus‘ dürfte hinter den dicken Mauern des Vatikans der Kampf um den künftigen Kurs der Katholischen Kirche losbrechen. Schon lange beharken sich dort hartleibige Bewahrer des Status quo und vorsichtige Modernisierer – und blockieren sich so gegenseitig. Diesen Stillstand konnte auch Franziskus letztlich nicht aufbrechen. Doch nun steht für den Vatikan unausweichlich eine Entscheidung an, die für die künftige Rolle der Kirche fundamental sein könnte. Der Vatikan braucht eine Zeitenwende.
Starke Kirche in unwägbaren Zeiten: Es wäre so wichtig
Vor allem in der westlichen Welt verliert die Kirche an Unterstützung, an Einfluss und Relevanz. Der Glaube verdampft gewissermaßen in der Gesellschaft, wie gerade erst wieder eine repräsentative Umfrage zu Ostern bewiesen hat: Demnach feiert nur noch ein Drittel der Deutschen das wichtigste christliche Fest als religiöses Ereignis; für die große Mehrheit sind die Ostertage einfach nur ein extralanges Wochenende. Kreuzigung und Auferstehung Jesu – war da was?
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Dabei wäre gerade in diesen wieder unsicherer gewordenen Zeiten, in denen viele Menschen die Angst vor Krieg, Vertreibung oder Unterdrückung umtreibt, eine Kirche, die den Gläubigen Halt und Orientierung gibt, wichtiger denn je. Doch der Vatikan hat viel Vertrauen verspielt – durch den Missbrauchsskandal in den eigenen Reihen ebenso wie durch stures Festhalten an überkommenen Strukturen und Positionen.

Walter Bau ist freier Autor und schreibt unter anderem für die Zentralredaktion der Funke Mediengruppe.
© FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Nach Tod von Papst Franziskus: Kirche braucht eine neue Zeitenwende
Die Katholische Kirche mit ihren 1,2 Milliarden Mitgliedern braucht nun, nach dem Tod von Franziskus, einen entschlossenen Mann an der Spitze, der nicht nur die körperliche Kraft, sondern auch und vor allem den Willen hat, seiner Kirche einen neuen Kurs zu geben. Einen Kurs, der nicht nur aus Worten und Gesten besteht, sondern aus tatsächlichen Veränderungen, und der die Gläubigen einbindet in diese Veränderungen, der ihnen das Gefühl gibt, gestaltender Teil einer Gemeinschaft zu sein, statt bloße Befehlsempfänger.
Das wird keine einfache Aufgabe für den künftigen Papst. Sie erfordert Kraft und Entschlossenheit. Franziskus hatte beides nicht – zumindest in den letzten Jahren, in denen seine Gesundheit immer mehr litt. Gut möglich, dass sich schon beim Konklave zeigen wird, ob sich die reformorientierten Kräfte in der Kurie gegen die Bewahrer werden durchsetzen können. Oder ob es bei einem „Weiter so“ in Rom bleibt. Für die Katholische Kirche wäre dies ein fatales Signal.