Basketball: Bayern München besiegt Mitteldeutschen BC mit Buzzer-Beater – Sport | ABC-Z

Die Fragen, die die Bayern-Basketballer an diesem wunderbaren Frühlingssonntag vor dem Heimspiel gegen den Mitteldeutschen BC zu beantworten hatten, lauteten: Wie hatten sie das Aus in der Euroleague, samt anschließender Bundesliga-Niederlage bei den Hamburg Towers, verkraftet? Und konnten sie ihre spielfreie Woche nutzen, um ihre Wunden zu lecken und etwas zu regenerieren?
Die Antworten, zumindest nach den ersten drei Vierteln: schlecht und nein. Die Bayern lagen, nachdem ihr Kapitän Vladimir Lucic die ersten beiden Punkte erzielt hatte, schnell mit 7:16 zurück. Nach dem ersten Viertel waren sie immer noch mit 19:26 hinten. Nach dem zweiten Viertel: 37:52. Nach dem dritten Viertel: 58:70. Am Ende kämpfte sich die Mannschaft von Weltmeister-Trainer Gordon Herbert doch noch einmal mächtig heran. Und gewann das schon verloren geglaubte Spiel exakt 0,1 Sekunden vor Schluss per Buzzer-Beater durch Shabazz Napier und dessen Dreier mit 90:88.
Danach gab es hitzige Diskussionen auf dem Feld, später wurde MBC-Trainer Janis Gailitis bei der Pressekonferenz der Trainer deutlich: „Ich akzeptiere nicht, dass wir das Spiel verloren haben. Wir haben es gewonnen.“ Hintergrund ist, dass nach dem Einwurf von Nick Weiler-Babb 1,7 Sekunden vor Schluss MBC-Forward Ivan Tkachenko womöglich noch den Ball berührte, bevor ihn Devin Booker fing, direkt an Napier weiterleitete und dieser den Dreier versenkte.
Laut Regelwerk läuft die Uhr exakt ab dem Zeitpunkt weiter, an dem nach einem Einwurf der erste Spieler den Ball berührt. Falls es tatsächlich Tkachenko gewesen sein sollte und nicht erst Booker, dann wäre womöglich auch Napiers Sieges-Wurf zu spät gekommen. Nicht die Bayern hätten das Spiel dann gewonnen, sondern der MBC. Dieser legte noch am Sonntagabend Protest gegen die Spielwertung ein, der bis Montagmorgen begründet werden muss.
Zunächst war nicht einwandfrei aufzuklären, ob Tkachenko tatsächlich den Ball berührt hatte oder nicht, die TV-Bilder legten die Berührung aber nahe. Trotzdem war es ein ganz bitteres Ende für die Sachsen-Anhaltiner, die noch um die direkte Playoff-Teilnahme kämpfen und jeden Punkt dafür gebrauchen können. Entsprechend frustriert zeigte sich auch Coach Gailitis, der sich ungerecht behandelt fühlte: „Es ist ein schlechtes Beispiel, das zeigt, wie eine kleine Organisation wie wir, die seit vielen Jahren versucht zu überleben und dann die große Bühne betritt, in die Schranken gewiesen wird.“
Man fragt sich: Was ist nur los mit dieser Mannschaft?
Ausgerechnet der Mitteldeutsche BC. Gegen jenen Klub hatten die Münchner im Spätwinter eine ihrer bittersten Niederlagen dieser Saison kassiert, im Halbfinale des BBL-Pokals. Mitte Februar hatten sie in Weißenfels bereits die erste Titelmöglichkeit vergeben, in einem ähnlichen Herzschlag-Finale verloren sie in der Schlusssekunde 93:95. Der MBC erfüllte sich hingegen seinen Traum vom Heim-Pokalsieg. Es war eine Aschenputtel-Geschichte, die einen ersten großen Kratzer im Saisonheft der Münchner hinterließ. Nun nahmen die Münchner – möglicherweise – auf ihre Art und Weise Revanche.
Viele der 6500 Zuschauer fragten sich am Familien-Spieltag nach der lange Zeit verstörenden Leistung ihres Teams dennoch: Was ist nur los mit dieser Mannschaft?
Nachdem Coach Herbert ihnen nach dem desillusionierenden Ende in den Euroleague-Play-ins in Madrid und der Pleite in Hamburg drei freie Tage verordnet hatte, um Kopf und Körper durchzulüften, trafen sich die Bayern am Donnerstagvormittag wieder. Krafttraining, Individualtraining, Teamtraining, Sauna, Physiotherapie und Mannschafts-Meetings standen auf dem Programm. Nach 67 Pflichtspielen seit Anfang Oktober war Herberts Maßnahme notwendig geworden, viele Münchner Spieler wirkten ausgebrannt. Die Profis und auch Herbert hatten in dieser Saison ihren Fokus sehr auf die Euroleague gelegt, sie waren dort auch äußerst erfolgreich, verschenkten ihre starken Leistungen am Ende aber fahrlässig.
Gegen den MBC wirkten sie in der ersten Halbzeit kraftlos, so eine schlechte Leistung hat man selten von ihnen gesehen. Weltmeister Andreas Obst warf einen Freiwurf so klar daneben, dass er selbst die Stirn runzelte und den Kopf schüttelte. In sämtlichen Wurfstatistiken lag der MBC vorne. Erst im letzten Viertel kam das Feuer zurück. Obst traf zum 65:70, auch Napier war dann zur Stelle. Er netzte zur 74:73-Führung für die Bayern ein, verwandelte drei Freiwürfe in Serie zum 77:73. Die Partie glich nun einem Drama, zwei Minuten vor Schluss stand es 81:81, Weiler-Babb gelang dann 12,8 Sekunden vor Schluss ein Korbleger zum 87:86 für die Bayern. Tkachenko konterte 1,7 Sekunden vor dem Ende, indem er seine beiden Freiwürfe verwandelte. Dann kam die Szene, über die später alle debattierten – Napiers Buzzer-Beater.
„Niederlagen machen dich besser, du lernst aus ihnen am meisten“, hatte Bayern-Trainer Herbert vor dem Spiel noch hinsichtlich des Euroleague-Aus gesagt. Ihr einziges verbliebenes Ziel nun: die deutsche Meisterschaft, gerne per Buzzer-Beater, aber ohne Debatten danach.