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Später in die Rente? Na lichtvoll! Ältere sind noch sehr leistungsfähig | ABC-Z

Die Lebenserwartung steigt seit Langem in beeindruckender Weise. Doch mit dem gesetzlichen Renteneintrittsalter verhält es sich ganz anders. Fast ein Jahrhundert lang lag es bei 65 Jahren und erhöht sich seit 2012 langsam auf 67 Jahre. Und so hat sich die Rentenbezugsdauer von 1960 bis heute verdoppelt, von rund zehn auf etwa zwanzig Jahre.

Volkswirtschaftlich ist das ein Riesenproblem: Wegen der demographischen Entwicklung werden Fachkräfte rar, und der Generationenvertrag, auf dem das Rentensystem fußt, wird brüchig. Die Deutschen können es sich finanziell schlicht nicht leisten, deutlich länger zu leben, aber kaum länger zu arbeiten. Es braucht ein späteres Renteneintrittsalter und weniger Personen, die vorher aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Die Zeit drängt, denn die Babyboomer gehen nun nach und nach in den Ruhestand – und die vorzeitige Rente erfreut sich gerade unter ihnen großer Beliebtheit, wie Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft belegen.

Nach anderen Untersuchungen wird die „Rente mit 63“, der Ruhestand ohne Abschlag nach 45 Beitragsjahren, vor allem von denen gewählt, die keine körperlich anstrengenden Tätigkeiten verrichten; dabei zielte sie eigentlich auf Angehörige besonders belastender Berufe. Dennoch steckt die Debatte über eine längere Lebensarbeitszeit und den vorzeitigen Ruhestand beim viel zitierten Dachdecker fest, der nicht mehr in der Lage ist, aufs Dach zu steigen. Und so scheut die Politik das Rententhema; offensichtlich befürchtet sie den Gegenwind der Wähler.

Älteren wird zu wenig zugetraut

Einige Beschäftigte sind körperlich oder mental nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Nicht wenige hingegen entscheiden sich für die Frührente, auch unter Inkaufnahme von Abschlägen, und sind dann woanders überaus aktiv – in Vereinen, Ehrenämtern, auf Reisen, in Heim und Garten. Der „rüstige Rentner“ ist allgegenwärtig.

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Die Debatte über längeres Arbeiten braucht dringend neuen Schwung – helfen könnte ein wirklichkeitsgetreuer Blick auf ältere Beschäftigte und deren Leistungsfähigkeit: Ihnen wird viel zu wenig zugetraut, und manche trauen sich auch selbst zu wenig zu. Da verwundert es nicht, dass die Arbeitszufriedenheit in den letzten zehn Berufsjahren unabhängig von Geschlecht und Qualifikation sinkt, wie eine Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge ergeben hat.

Selbstverständlich können Ältere manches schlechter als Jüngere, zum Beispiel lässt das Gedächtnis in Teilen nach, insbesondere das Kurzzeitgedächtnis. Sie tun sich schwerer damit, sich auf ganz neue Situationen einzustellen und völlig neue Wege zu gehen. Wenn sich die Älteren, auch kollektiv, erst einmal auf ihre Defizite fokussieren, geraten sie schnell in einen Sog des Jammerns über das Alter.

Wertvoller Wissens- und Erfahrungsschatz

„Alles wird schlechter“ – dieses Mantra singen Personen über fünfzig oft. Ihre Klagen vernehmen auch die jüngeren Kollegen und entwickeln ebenfalls einen viel zu negativen Blick auf das Älterwerden im Berufsleben.

Dabei belegt die Hirnforschung, dass die Leistungsfähigkeit in vielerlei Hinsicht mit den Lebensjahren sogar steigt. Ältere Beschäftigte verfügen über einen wertvollen Wissens- und Erfahrungsschatz und können sehr viele Situationen deutlich intuitiver einschätzen als jüngere. Sie unterscheiden besser Wichtiges von Unwichtigem, können die Emotionen anderer besser ausloten und so zu Ruhe und weniger unnötigen Konflikten in der Belegschaft beitragen.

Sie spielen zudem eine wichtige Rolle in altersgemischten Teams, die Fachleute sehr empfehlen – vorausgesetzt die Jüngeren pflegen keine negativen Vorurteile gegenüber der Leistungskraft der Älteren und die Älteren dominieren die Teams nicht. Dann gehen Altersgelassenheit und jugendliches Ungestüm eine besonders produktive Allianz ein.

Unternehmen sollten eine Kultur pflegen, in der die Leistungsfähigkeit der Älteren genauso geschätzt wird wie der Jüngeren. Dann will man die Älteren nicht loswerden, sondern motiviert und bildet sie bis zum Schluss weiter.

Wichtig ist zudem, dass Fehler erlaubt sind, denn Ältere machen mehr, wenn sie eingefahrene Denkwege verlassen und kreativ sind. In einer solchen Arbeitswelt hätten es viele nicht mehr so eilig, in die Rente zu gehen. Für manche wäre längeres Arbeiten sogar verlockend. Der Ruhestand wird ohnehin oft idealisiert, kann doch eine Erwerbstätigkeit stark zum Sinn im Leben beitragen, den Tag strukturieren und Einsamkeit entgegenwirken.

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