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Fernsehen: Berlusconis MFE übernimmt Pro Sieben Sat 1 – Wirtschaft | ABC-Z

Die Aussicht auf eine Übernahme von Pro Sieben Sat 1 beflügelt die Aktien der Berlusconi-Familienholding Media for Europe (MFE). Die Titel stiegen an der Börse in Mailand am Donnerstagvormittag um fast acht Prozent, während die Papiere von Pro Sieben Sat 1 rund drei Prozent im Plus lagen. Der tschechische Großaktionär PPF hat seinen Ausstieg bei Pro Sieben Sat 1 angekündigt und damit den Weg frei gemacht für die Übernahme des bayerischen Fernsehkonzerns durch MFE.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) appellierte umgehend an die Italiener, bei einer Übernahme die journalistische Unabhängigkeit von Pro Sieben Sat 1 zu bewahren. Außerdem müssten die Arbeitsplätze bei der Senderkette erhalten werden.MFE und Pro Sieben Sat 1 wollten sich zu den jüngsten Entwicklungen nicht äußern. PPF hat nach eigenen Angaben entschieden, seine Aktien in Form des Anteils von 15,68 Prozent an Pro Sieben Sat 1 MFE anzudienen. Es sei nicht gelungen, ausreichend Aktionäre zur Unterstützung der eigenen Ziele zu gewinnen, teilte PPF am Mittwochabend mit. Die Italiener verfügten bereits über 43 Prozent der Stimmrechte und damit voraussichtlich über eine einfache Mehrheit auf den Hauptversammlungen von Pro Sieben Sat 1.

Der nach MFE zweitgrößte Pro-Sieben-Sat-1-Aktionär war zuvor an dem Ziel gescheitert, seinen Anteil auf bis zu 29,99 Prozent zu verdoppeln, um zusammen mit dem Streubesitz ein Gegengewicht zu den Italienern zu bilden. Die Holding der Erben des Milliardärs Petr Kellner kam mit ihrem Gegengebot an die Aktionäre aber nur auf 18,4 Prozent. Aufgrund dieser geringen Ausbeute könne PPF seine „ursprüngliche Rolle als strategischer Investor mit dem Anspruch, auf Augenhöhe mit MFE zusammenzuarbeiten und ihre Expertise beim Aufbau digitaler Medienplattformen einzubringen, nicht fortführen“, hieß es.

Nach Ablauf der Annahmefrist hielt MFE knapp 43,6 Prozent der Anteile an der Senderkette aus Unterföhring bei München, wie die Italiener Mitte August mitteilten. Von der Höhe der Anteile hängt ab, wie stark MFE in das operative Geschäft des ertragsschwachen, hochverschuldeten Unternehmens eingreifen und welche Einsparungen sie durchsetzen kann. Nun kommt es darauf an, wie viele Pro-Sieben-Sat 1-Aktionäre die zweiwöchige Nachfrist nutzen, um der Berlusconi-Holding ihre Anteile noch anzudienen. Das Ergebnis dürfte am 4. September feststehen – und mindestens bei rund 60 Prozent liegen.

Da die Italiener nun die 50-Prozent-Hürde überspringen werden, könnten sie Umsätze und Gewinne von Pro Sieben Sat 1 voll in die eigene Bilanz aufnehmen. Für einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der ihnen den Zugriff auf die Finanzmittel geben würde, wäre eine Dreiviertelmehrheit nötig.„Es ist bedauerlich, aber offenbar nicht mehr zu ändern, dass Pro Sieben Sat 1 von Berlusconi übernommen wird“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. Die künftigen Eigentümer seien gut beraten, die deutschen Privatsender „nicht zu rechtspopulistischen Dampfmaschinen zu machen“. Beuster betonte: „Wir brauchen unabhängigen und kritischen Journalismus. Davon lieber mehr als weniger.“ Die Gewerkschaft appellierte an Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, weiter das Gespräch mit MFE-Chef Berlusconi zu suchen. Hier ist ein Treffen für Anfang September geplant.

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