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World Bicycle Relief verteilt Fahrräder in afrikanischen Dörfern | ABC-Z

Alles begann nach der Tsunami-Katastrophe im Dezember 2004 am Indischen Ozean. Frederik Day, amerikanischer Unternehmer und Mitinhaber des Radkomponenten-Herstellers SRAM, und seine Ehefrau, die Dokumentarfotografin Leah Missbach Day, wollten beim Wiederaufbau helfen. Und stießen auf zwei Probleme: fehlende Mobilität, kaum Transportmöglichkeiten. Durch Partnerschaften mit Hilfsorganisationen, Unternehmen und Privatpersonen gelang es ihnen, 24.000 Fahrräder für den Wiederaufbau in Sri Lanka zu beschaffen – für schnelleren Zugang zu zerstörten Dörfern, bessere Gesundheitsversorgung, einfachere Kontaktaufnahme mit Familienangehörigen und anderen vom Unglück betroffenen Gemeinden. Das Projekt war so erfolgreich, dass eine eigene Hilfsorganisation daraus erwuchs: World Bicycle Relief (WBR).

Das Fahrrad erleichtert den Schulweg und erhöht die Impfraten

Heute ist sie in sieben Ländern aktiv: Kenia, Malawi, Sambia, Simbabwe, Tansania, Uganda und Kolumbien. In 13 weiteren Ländern rollen, in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, WBR-Fahrräder. Die Idee ist einfach, aber wirksam: Menschen in ländlichen, abgelegenen, strukturschwachen Regionen in Bewegung zu bringen. In Regionen, in denen es keine erschwinglichen oder verlässlichen Transportoptionen gibt, und in denen große Distanzen daher meist zu Fuß bewältigt werden müssen, was das Vorankommen in vieler Hinsicht erschwert.

Mehr Mobilität, mehr Chancen: Das Fahrrad erweitert für Menschen in entlegenen Dörfern die Welt. Foto WBR, Illustration UnternehmenWorld Bicycle Relief

Mit dem Rad verschlingen das tägliche Wasserholen und der Schulweg weniger Zeit und Energie, es eröffnet Kleinunternehmern die Chance, ihre Produkte auf weiter entfernte Märkte zu bringen, Krankenpfleger können ihren Aktionsradius erweitern und an einem Tag mehr Patienten und mehr Dörfer versorgen. Bildung, Gesundheit, wirtschaftliche Chancen – die Effekte sind vielfältig. „Fahrräder“, sagt Stefanie Burkert, die Geschäftsführerin von WBR Deutschland, „können die persönliche, soziale und wirtschaftliche Entwicklung entscheidend voranbringen.“

Diese Hilfe kommt an. Für eine Studie zur Wirkung der Projekte wurden zwischen Mai 2023 und Juni 2024 knapp 1500 Teilnehmer aus 19 Gemeinden befragt. Die Ergebnisse zeigten: Die ausgewählten Haushalte hatten ein um 43 Prozent höheres Einkommen als eine Vergleichsgruppe, das Gesundheitspersonal versorgte 63 Prozent mehr Haushalte. Die Impfraten stiegen, weil mehr Menschen über die Bedeutung der Impfungen aufgeklärt wurden. Und die Räder wurden im Notfall auch als Ambulanzen genutzt, um damit schneller zum Arzt oder zur Krankenstation zu kommen.

Bessere Schulbildung für Mädchen dank der Räder

Besonders wichtig ist WBR die Hilfe für Frauen und Mädchen. „70 Prozent der Räder wollen wir an sie übergeben“, sagt Burkert. Denn für Frauen und Mädchen sind die Hürden besonders hoch, sie müssen oft Haushaltspflichten wie Holz- und Wasserholen erledigen, worunter der Schulbesuch leidet. Dank der Räder haben die Schülerinnen bessere Chancen, dem Unterricht trotz der Belastungen konzentriert folgen zu können. Leistungen und Noten verbessern sich, Schulabbruchquoten sinken, das Gefühl der Selbstbestimmtheit wächst. Auf längere Sicht gewinnen die Schülerinnen so mehr Einfluss darauf, wie ihre Zukunft, wie ihr eigener Lebensweg aussehen soll. Viele Mädchen fühlen sich durch die Räder zudem sicherer auf dem Schulweg, weniger der Gefahr von Belästigungen ausgesetzt.

Inzwischen hat WBR seit 2005 schon mehr als 868.300 Räder ausgeliefert. Knapp 360.000 wurden über philanthropische Programme gespendet, die anderen in Kooperationen mit anderen Hilfsorganisationen oder über eigene Shops verkauft. „Der Bedarf“, sagt Burkert, „ist riesig.“ Für den Einsatz unter schwierigen Bedingungen, auf schlechten Straßen und mit hoher Zuladung, wurde ein besonders robustes, wartungsarmes, technisch verlässliches Fahrrad entwickelt: das Buffalo-Rad. Es kann bis zu 100 Kilogramm auf dem Gepäckträger transportieren. Das Rad wird in der Einsatzregion montiert, für die Wartung bildet WBR eigene Mechaniker aus. Seit 2005 lernten mehr als 3600 Mitarbeiter den Umgang mit Werkzeug und Ersatzteilen, dazu auch noch geschäftliches Basiswissen.

Laut WBR kann ein Buffalo-Rad mit einem Betrag von 147 Euro finanziert werden. Vor Kurzem wurde das Buffalo S2 vorgestellt, eine technische Weiterentwicklung, die auf der Fahrradmesse Eurobike in Frankfurt ausgezeichnet wurde. Es hat eine Zweigangschaltung, deren Gänge durch einfaches Rückwärtstreten gewechselt werden. Der Antrieb kommt ohne empfindliche oder komplexe Bauteile wie Kettenwerfer oder Nabenschaltung aus – anspruchslos, zuverlässig, reparaturfreundlich. Ganz im Sinne eines Rads, mit dem World Bicycle Relief in zehn Jahren schon vielesins Rollen gebracht hat.

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