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Rüstungsstreit: Rehlinger ist „mehr als irritiert“ über andere Ministerpräsidenten | ABC-Z

Eigentlich haben die Länder ein gemeinsames Ziel. Sie wollen den Bund dazu ermuntern, bei der Stärkung der Bundeswehr und der Anschaffung neuer Panzer „insbesondere nationale Unternehmen und Kooperationsprojekte“ zu berücksichtigen. So steht es im Beschlussvorschlag für die am Donnerstag in Mainz beginnende Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). Das trage nicht nur zur Stärkung der Bündnisfähigkeit bei, sondern entfalte auch „positive wirtschaftspolitische Effekte“, heißt es darin.

Die Einigkeit wurde allerdings dadurch getrübt, dass fünf Ministerpräsidenten jüngst einen Brief an den Bundeskanzler richteten, in dem sie sich dafür aussprachen, die Vergabe eines großen Rüstungsauftrags zu überdenken. Bislang sollte der finnische Rüstungskonzern Patria das Nachfolgemodell des Transportpanzers „Fuchs“ fertigen. Es geht um bis zu 3500 Panzer, ein Auftragsvolumen von bis zu zehn Milliarden Euro. Die Fertigung sollte in Kooperation mit dem deutschen Konzern KNDS im Norden des Saarlandes erfolgen. Doch die fünf Ministerpräsidenten werben nun für den deutschen Konzern Rheinmetall und verweisen auf die höhere Wertschöpfung in Deutschland. Alle fünf Unterzeichner – die Ministerpräsidenten von Hessen, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen – eint, dass sie über Standorte von Rheinmetall verfügen.

Am Mittwochnachmittag reagierte die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD). Auch sie schrieb einen Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), in dem sie sich „mehr als irritiert“ über die Initiative der fünf Ministerpräsidenten zeigte. Der Brief liegt der F.A.Z. vor. „Ein solcher Schritt würde aus unserer Sicht nicht nur die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme negativ verändern, sondern auch dem Ziel der schnellstmöglichen Ausrüstung der Bundeswehr zur Sicherstellung der Verteidigungsfähigkeit unseres Landes widersprechen“, schreibt Rehlinger darin.

Entlastet werden wollen alle

Die Produktion im Saarland bedeute „mehrere hundert hochwertige, dauerhafte Arbeitsplätze in einer strukturschwachen Region“. Auch bei der Produktion des „Patria“ würde also ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung in Deutschland stattfinden und damit Hochwertarbeitsplätze geschaffen, argumentiert die Ministerpräsidentin. Rehlinger appelliert an den Kanzler, an den vom Verteidigungs- und Haushaltsausschuss vorbereiteten Entscheidungen festzuhalten. Es ist ein Konflikt, der spätestens beim Kamingespräch am Donnerstag für Gesprächsstoff sorgen dürfte.

Dabei gibt es in anderen Punkten einen gemeinsamen Gegner – den Bund. Das für Anfang kommenden Jahres geplante Entlastungsgesetz, das eine Erhöhung der Pendlerpauschale und eine Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie vorsieht, sorgt für erhebliche Defizite in den Ländern. Laut Berechnungen sollen ihnen zwischen 2026 und 2030 11,2 Milliarden Euro entgehen, den Kommunen 1,4 Milliarden. Doch Forderungen nach einer Kompensation trat Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) schon am Mittwoch entgegen. Wenn die Länder darauf beharrten, gäbe es die finanzielle Entlastung der Bürger nicht. „Ich glaube nicht, dass sie das riskieren wollen“, sagte Klingbeil.

Es ist ein Beispiel für die Probleme bei der Konnexität, also dem Grundsatz „Wer bestellt, der zahlt“. Die schwarz-rote Bundesregierung versprach dies in ihrem Koalitionsvertrag: „Wer eine Leistung veranlasst oder ausweitet, muss für ihre Finanzierung aufkommen.“ Die Länder beklagen allerdings, dass der Bund nicht für eine Finanzierung seiner Gesetzesvorhaben sorge. Wenn es um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung geht, der ab August 2026 gilt, trifft das besonders die Kommunen hart, die finanziell stark belastet sind. Zwar gibt es ein Investitionsprogramm des Bundes, aber keine dauerhafte Finanzierung. Die Ausgestaltung der künftigen Regelungen ist Gegenstand einer Bund-Länder-Kommission. Aus den Ländern heißt es, konkrete Ergebnisse sind erst bei der nächsten MPK Anfang Dezember zu erwarten, zu der auch der Bundeskanzler eingeladen sein wird.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD), der den Vorsitz der MPK übernimmt, hat sich vorgenommen, das Thema der kommunalen Altschulden aufzugreifen. Es sind neben Rheinland-Pfalz besonders das Saarland und Nordrhein-Westfalen, in denen es viele verschuldete Städte und Gemeinden gibt. Bis Ende des Jahres soll der Bund seine Vorstellungen dazu präzisieren. Im Koalitionsvertrag wird ein Beitrag zur Lösung der Altschuldenproblematik in Aussicht gestellt. Merz hatte zuletzt angekündigt, dass die Regierung ein solches Gesetz kurzfristig auf den Weg bringen werde.

Die Verhandlungsposition der Länder ist jedoch nicht ganz einfach. Denn etwa Bayern oder Hessen drängen auf eine Kompensation, wenn anderen Ländern geholfen wird. Das könnte die Kosten in die Höhe treiben und das Vorhaben angesichts der Haushaltslage im Bund erschweren. Dass sie als Geberländer im Länderfinanzausgleich von der neuen Bundesregierung bereits im Zuge einer Anpassung des Länderfinanzausgleichs 400 Millionen Euro zugesprochen bekommen haben, worauf ärmere Länder verweisen, reicht ihnen nicht aus. Schweitzer will das Thema informell ansprechen.

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