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In immer mehr Städten werden Gullydeckel geklaut – Panorama | ABC-Z

Man könnte meinen, Metalldiebe hätten es hauptsächlich auf glänzende Beute abgesehen, auf Goldbarren oder Silberschmuck. Doch in Koblenz verschwinden Gullydeckel, und zwar im Dutzend. Anfang August wurden hier immer wieder Abdeckungen zu unterirdischen Leitungen oder Abwasserkanälen gestohlen – eine Gefahr insbesondere für Fußgänger und Radfahrer, denn sie könnten in die offenen Schächte fallen.

Die gusseisernen Gullydeckel wiegen etwa 40 Kilogramm. Obwohl sie auf den Schächten meist nur lose aufliegen, lassen sie sich bei dem Gewicht ohne spezielles Gerät kaum vom Fleck bewegen. Im Schatten der Nacht gelang es den Dieben aber immer wieder, Beute zu machen. „Metallraub ist ein dauerhaftes Problem“, sagt Kilian Schwaiger, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Metallhändler und Recycler e. V. (VDM). Die Nachfrage nach Altmetall steigt seit Jahren und das Marktforschungszentrum Global Market Insights (GMI) prognostiziert, dass der Eisen- und Stahlgussmarkt bis 2032 jährlich um 3,8 Prozent wachsen wird. Altmetall wird beispielsweise in der Automobilindustrie und im Maschinenbau verarbeitet. Dazu kommt: Gusseisen beispielsweise ist komplett recycelbar. Schmelzwerke können Gusseisen einschmelzen, neu gießen und so Kosten sparen. Der Handel mit alten Gullydeckeln ist auf den ersten Blick gar nicht mal so gewinnbringend, denn „die Abnahmepreise von Gusseisen schwanken um etwa 20 Cent pro Kilo“, sagt der Koblenzer Schrottplatzbetreiber Manuel Schneider. Für einen alten Gullydeckel seien das um die zehn Euro. Wer ein paar Dutzend beim Schrotthändler loswird, hat dann eine Beute von etwas über 100 Euro gemacht. „Das müssen sehr verzweifelte Menschen sein“, sagt Schneider.

Offenbar gibt es genügend Menschen, die auf solche Einnahmen angewiesen sind – obwohl den Dieben mehrere Monate Gefängnis drohen. Außer in Koblenz wurden auch in anderen Städten dieses Jahr bereits Gullydeckel gestohlen, unter anderem in Hamm und in Bielefeld, auch in Ingelheim bei Mainz verschwanden im Mai 52 Abflussgitter. In Neubrandenburg wurde erst im vergangenen Monat ein Mann zu einem Jahr Haft verurteilt, die Strafe auf zwei Jahre Bewährung ausgesetzt. Er hatte 40 Gullydeckel gestohlen, bei einem Schrotthändler in Polen erhielt er dafür 300 Euro. Davon habe er seinem zweijährigen Sohn ein größeres Geschenk kaufen wollen, gab er im Prozess an.

Viel lukrativer als Gullydeckel seien Kupfer oder Aluminium, sagt VDM-Chef Schwaiger. Deshalb würden entsprechende Unternehmen da auch auf mehr Prävention achten. Künstliche DNA oder mehr Sicherheitspersonal können die Ware besser schützen – die Deutsche Bahn zum Beispiel, stockte 2023 ihr Wachpersonal auf, um weitere Diebstähle von kupferhaltigen Oberleitungen an Bahnstrecken zu verhindern. Das war nötig geworden, weil einem Bericht des Handelsblatts zufolge, gestohlene Oberleitungen in dem Jahr mehr als 700 Verspätungsstunden ausgelöst hatten.

In Koblenz hat die Polizei inzwischen zwei mutmaßliche Täter ausfindig gemacht. Sie hatten 19 Deckel an einen Schrotthändler verkauft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen jetzt vor, durch das Entfernen der Gullydeckeln die Gefährdung anderer Straßenverkehrsteilnehmer billigend in Kauf genommen zu haben. Ob ihnen auch die übrigen Gullydeckel-Diebstahle in Koblenz angelastet werden können, werden die weiteren Ermittlungen zeigen.

Die mehr als 30 gestohlenen Gullydeckel bescheren der Stadt nun weitere Löcher – finanzieller Art. „Für manche haben wir einfach keine passenden Ersatzteile“, sagt Thomas Knaak, Sprecher der Stadt Koblenz, „deshalb konnten wir sie nur notdürftig verschließen“. Eine Erneuerung ist kostspielig: Mehr als 200 Euro koste ein Gullydeckel, hinzu kämen noch die Bauarbeiten. Sicherheitsmaßnahmen für die Deckel seien keine Option, so Knaak. „Mehr als 2000 Gullydeckel in der Stadt kann man ja nicht ständig überwachen.“

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