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Medizin-Nobelpreis geht an drei Immunforscher – Gesundheit |ABC-Z

Der MedizinNobelpreis geht in diesem Jahr an Mary Brunkow, Fred Ramsdell (beide USA) und Shimon Sakaguchi (Japan) „für ihre Entdeckungen zur peripheren Immuntoleranz“. Konkret geht es um Mechanismen, die verhindern, dass das Immunsystem den eigenen Körper schädigt.

Die Entdeckungen der drei Forschenden hätten den Grundstein für ein neues Forschungsgebiet gelegt und die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden, etwa für Krebs und Autoimmunerkrankungen, vorangetrieben, heißt es in der Begründung des Karolinska-Instituts in Stockholm. Die Preisträger identifizierten Sicherheitsmechanismen des Immunsystems, die regulatorischen T-Zellen, die verhindern, dass Immunzellen den Körper angreifen. „Wir verstehen jetzt besser, wie das Immunsystem funktioniert und warum nicht jeder von uns eine schwere Autoimmunerkrankung entwickelt“, erklärte Olle Kämpe, Vorsitzender des Nobelkomitees.

Die Weltöffentlichkeit hatte bereits kurz vor zweien der drei Preisträger erfahren, dass sie ausgezeichnet werden. „Wir haben bisher nur Shimon Sakaguchi erreicht, in seinem Labor – die anderen beiden noch nicht“, teilte Thomas Perlmann, der Sekretär und Sprecher des Nobelpreis-Komitees bei der Bekanntgabe am Montag mit. „Wahrscheinlich haben sie ihr Telefon stummgestellt, aber ich habe ihnen gesagt, sie sollen zurückrufen.“ Vermutlich hat es nicht lange gedauert, bis auch Mary Brunkow und Fred Ramsdell erfahren haben, dass ihnen gemeinsam mit Sakaguchi die höchste Auszeichnung der Biowissenschaften zuerkannt wurde. Beide sind in den USA tätig, wo es zur Zeit der Bekanntgabe noch früh am Morgen war.

Die „periphere Immun-Toleranz“ ist ein überlebenswichtiges Prinzip. Schließlich muss das Immunsystem dazu in der Lage sein, permanent eindringende Erreger und Fremdkörper zu attackieren, ohne gleichzeitig körpereigene Zellen und Gewebe anzugreifen. Die drei Preisträger haben entdeckt, wie das Immunsystem so feingranular reguliert wird, dass es nicht den Organismus schädigt. Täglich dringen etliche Keime in den Körper ein. Manche von ihnen ähneln den menschlichen Geweben und Organen erstaunlich stark, sodass Verwechselungsgefahr besteht.

Ist das Foxp3-Gen mutiert, bekommen Mäuse Autoimmunerkrankungen

Mary Brunkow, Fred Ramsdell and Shimon Sakaguchi ist es jedoch gelungen, die „regulatorischen T-Zellen“ genauer zu charakterisieren, die als eine Art Sicherheitssystem des Körpers fungieren und dazu beitragen, dass sich die anderen Zellen des Immunsystems nicht gegen uns selbst richten. Würde dies passieren und das Kontrollsystem versagen, käme es immer wieder zu Autoimmunerkrankungen.

In den 1990er-Jahren hatte Sakaguchi eine neue Klasse von Immunzellen entdeckt, die den Körper vor Autoimmunerkrankungen schützen. Zu Beginn der 2000er-Jahre gelang es dann Mary Brunkow und Fred Ramsdell in Mausversuchen nachzuweisen, dass eine Mutation im Foxp3-Gen dazu beiträgt, dass die Tiere Autoimmunerkrankungen bekommen. Bald darauf folgte die Erkenntnis, dass es bei einer Mutation im entsprechenden Gen des Menschen ebenfalls zu einem schweren Autoimmunleiden kommt. Wenig später stellte sich heraus, dass die von Sakaguchi zuvor entdeckten Zellen beim Menschen von eben jenem Foxp3-Gen reguliert werden. Inzwischen hat sich die Bezeichnung regulatorische T-Zellen für diese Aufpasserzellen etabliert. Ihnen ist es zu verdanken, dass unser Abwehrsystem unsere eigenen Organe und Gewebe toleriert.

Die Bekanntgabe in der Kategorie Physiologie oder Medizin macht bei der alljährlichen Kür außergewöhnlicher Experten, Literaten und Friedensstifter traditionell den Anfang. In den kommenden Tagen folgen dann die Verkündungen in den weiteren Kategorien Physik, Chemie, Literatur, Frieden sowie Wirtschaftswissenschaften.

Weitere Preisträger folgen in dieser Woche

Die Nobelpreise gehen auf den schwedischen Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel (1833-1896) zurück. Er veranlasste in seinem Testament, dass mit den Zinsen seines Vermögens Preise für diejenigen finanziert werden sollen, die der Menschheit im jeweils vorangegangenen Jahr in den Kategorien Physik, Chemie, Physiologie/Medizin, Literatur und Frieden den größten Nutzen gebracht haben. Die Auszeichnung in der Kategorie Wirtschaftswissenschaften kam erst Ende der 1960er-Jahre hinzu. Sie wird von der schwedischen Zentralbank gestiftet.

Die Preisträger: Mary Brunkow, Fred Ramsdell und Shimon Sakaguchi (Foto: Ill. Niklas Elmehed © Nobel Prize Outreach)

Im vergangenen Jahr war der Medizin-Nobelpreis an die US-Amerikaner Victor Ambros und Gary Ruvkun gegangen. Sie wurden damit für die Entdeckung der microRNA und ihrer Rolle bei der Genregulierung geehrt.

Überreicht werden die Nobelpreise am 10. Dezember, dem Todestag von Nobel. Dotiert ist die Auszeichnung in diesem Jahr erneut mit elf Millionen schwedischen Kronen (rund eine Million Euro) pro Kategorie.

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