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Maibaum aus Schwaig reist nach Rom – Erding | ABC-Z

Der Anruf aus München kam für Michael Miesbauer völlig überraschend. „Ich war sprachlos“, sagt der Vorsitzende des Schwaiger Bürgervereins Moosmotor aus dem Landkreis Erding. Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, fragte an, ob der Verein nicht einen Maibaum in Rom aufstellen könnte. Nun wird im kommenden Jahr vom Schwaiger Dorfplatz aus ein Maibaum in die italienische Hauptstadt reisen und der Welt bayerisches Brauchtum näherbringen.

„Das hätten wir uns nie träumen lassen, dass wir Brauchtum vom Schwaiger Dorfplatz an den Petersplatz bringen“, sagt Michael Miesbauer am Telefon. „Wir waren alle baff.“ Der noch recht junge Verein Moosmotor, der kommendes Jahr 15-jähriges Bestehen feiert, hat es sich zur Aufgabe gemacht, das kleine Schwaig im Schatten des Flughafens München zusammenzuhalten und dörfliche Traditionen zu bewahren – und jetzt wird das Dorf bayerisches Brauchtum hinaustragen in die Welt, „einfach unglaublich“, sagt Miesbauer.

Am Petersplatz in Rom wird der Maibaum aus dem Erdinger Land allerdings nicht platziert, sondern ein Stück entfernt davon im Garten der Casa Santa Maria, dem Gästehaus der Erzdiözese München-Freising. Er ist dort der erste seiner Art, sagt Andreas Huber, Vorstand der Stiftung Begegnungszentrum der Erzdiözese München und Freising und Geschäftsführer der Casa Santa Maria.

Huber ist ein gebürtiger Schwaiger, „ein Schwoager“, wie er selbst von sich sagt, und er stellte die entscheidende Verbindung her.  Als Kardinal Marx die Idee mit dem Maibaum aufbrachte, sei klar gewesen, dass es jemanden mit Expertise im Aufstellen brauchte, „und von den Schwaigern wusste ich, dass sie es können“, so Huber.

Teamarbeit ist beim Maibaumaufstellen gefragt. Hier ein Bild von 2024 in der Ortsmitte von Schwaig. (Foto: Rainer Hellinger/Moosmotor Schwaig)
Es ist geschafft: Der Schwaiger Maibaum steht.
Es ist geschafft: Der Schwaiger Maibaum steht. (Foto: Renate Schmidt)

Die Planungen sind in Schwaig, das wiederum zur Gemeinde Oberding gehört, bereits im Gange. Der Verein werde einen Baum in einem Wald im Landkreis Erding auswählen, dort schlagen und dann für die Reise nach Rom vorbereiten, erzählt Miesbauer. Der Baum soll in Naturholz belassen und mit Schildern aus Cortenstahl geschmückt werden.

Das Aufstellen des Baums selbst ist ebenfalls eine enorme Aufgabe, denn die Schwaiger erledigen das ganz traditionell mithilfe von Schwalben, also hölzernen Stangen, und somit ist Geschick, Erfahrung und Muskelkraft gefordert.

Michael Miesbauer,  Vorsitzender des Bürgervereins Moosmotor, in den renovierten Räumen des Heiglhofs.
Michael Miesbauer,  Vorsitzender des Bürgervereins Moosmotor, in den renovierten Räumen des Heiglhofs. (Foto: Renate Schmidt)
Der Heiglhof in Schwaig.
Der Heiglhof in Schwaig. (Foto: Renate Schmidt)

Am 9. Mai soll der Baum im Rahmen eines Festes im Garten des Gästehauses an der Viale delle Medaglie d’Oro aufgestellt werden. Das Begegnungshaus der Diözese hat 2015 den Betrieb aufgenommen und wolle Menschen aus der Diözese und aus Bayern mit der Weltkirche, mit Rom, Vatikan und der Kurie zusammenbringen, erklärt Andreas Huber.

Jährlich finden in der Casa Santa Maria zwei Empfänge für örtliche Ansprechpartner statt. Dazu gehört auch immer ein bayerischer Programmteil. Kommendes Jahr gibt es erstmals ein Maibaumaufstellen. Zu dem Termin werden auch bekannte Volksmusiker erwartet, informiert Miesbauer, sowie hochrangige Mitglieder der bayerischen Staatsregierung.

Mit Maibaumaufstellen kennt sich der Verein mit derzeit etwa 160 Mitgliedern aus. Moosmotor hat es sich zur Aufgabe gemacht, in der sehr veränderten Ortsstruktur, die dörflichen Traditionen zu pflegen, „zur Stärkung der Gemeinschaft“, sagt Miesbauer. Der Bau des Flughafens München hat hier vieles verändert. Hotels und Park & Fly haben viele Bauernhöfe ersetzt, internationale Unternehmen haben sich angesiedelt, Familien, die über Jahrhunderte ansässig waren, sind weggegangen. Zugleich erlebte Schwaig einen großen Zuzug.

Bei aller Vorbereitung bleibt ein kleines Restrisiko

„Wir wollen das Brauchtum erhalten und auch das kulturelle Leben vor Ort“, sagt Miesbauer. Dabei gehe es gar nicht so sehr um ausschließlich bayerische Traditionen. Dazu gehöre zum Beispiel ein breites Angebot für Kinder und Jugendliche. Für die „Moos Kidz“ organisiert der Verein Ausflüge ins Oberdinger Moos, dort, wo früher Torf gestochen oder Tee angebaut wurde. Zudem veranstaltet der Moosmotor federführend und im Miteinander mit den anderen Ortsvereinen regelmäßig verschiedene Feste, alle paar Jahre ein Maibaumfest, aber auch Solidaritätsaktionen wie einen Spendenlauf zugunsten von hilfsbedürftigen Mitbürgern.

Gegenüber vom Sportplatz des FC Schwaig steht der Heiglhof, eines der ältesten Gehöfte im Ort. Die Gemeinde hat das verlassene Haus gekauft und es den Vereinen überlassen. Der Moosmotor hat in Eigenregie Umbauten und Renovierungen vorgenommen und hier seine „Zentrale“ eingerichtet.  Hier soll laut Miesbauer auch der Maibaum für die Reise nach Rom vorbereitet werden. Dass die Rom-Mission nächstes Jahr mit dem 15-jährigen Bestehen des Vereins zusammenfällt, sei ein wunderbarer Zufall und „das rundet das Ganze ab“, sagt Miesbauer.

Ein kleines Risiko bleibt allerdings und das hat mit dem bayerischen Brauch des Maibaumstehlens zu tun: „Der Baum darf auf keinen Fall wegkommen“, sagt Miesbauer. „Wir werden ihn gut verstecken und streng bewachen.“

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