Trump und KI: Schaut her, ich kann das machen – Kultur | ABC-Z

KI-Kunst ist eine einsame Angelegenheit. Man erteilt einer Maschine Kommandos, und dann muss man nichts weiter tun als warten, während sie eine maßgeschneiderte Traumrealität für einen zusammenzimmert, aus Bildmaterial, das ihre Erbauer anderswo geklaut haben. Ein besonders eifriger Verfertiger solcher Videos ist der amtierende US-Präsident.
Am Sonntag, einen Tag nach den „No Kings“-Protesten gegen Trumps quasiroyale Selbstherrlichkeit, postete er ein KI-Video, in dem er mit einem Kampfjet über Demonstranten hinwegfliegt. Kampfpilot Trump trägt eine Krone. Und bombardiert die Demonstranten mit Fäkalien.
Es ist ein programmatisches Video. Donald Trump macht, was er zeigt, und er zeigt, was er macht: Er scheißt das Land zu mit Filmchen, die aus verdauten Filmchen bestehen. Einstweilen – wenn auch wohl nicht mehr lang, die Technologie macht rasante Fortschritte – sehen KI-Videos auch nach Frankenstein aus, latent monströs, nach einem fake. Das unterstreicht aber in Fällen wie dem von Trump lediglich die Botschaft. Es gibt keinen stärkeren Powermove als eine für jedermann zu durchschauende Lüge, aber niemand traut sich, das Offensichtliche zu sagen. Ein Schwächling, wer sich noch Mühe geben muss beim Lügen.
Ästhetisch tendiert alles zu einem einzigen Symbol: Macht
So ähnlich ist das auch bei Deepnudes, also per KI gebastelten Fake-Nacktbildern. Die sehen in der Regel ebenfalls nicht realistisch aus, der Akt der Entblößung und Entstellung soll sichtbar bleiben. Es geht nicht um die Produktion erotischer Bilder der Zielperson, nicht um gestohlene Lust, sondern darum, ihr zu zeigen: Ich kann das mit dir machen. Die Botschaft von Trumps KI-Videos lautet: Ich kann das machen, und zwar mit dem ganzen Land. Mit Barack Obama, den er einmal aus dem Oval Office in Handschellen abführen ließ, natürlich nur in seiner KI-Fantasie, aber die bulldozert der nachrückenden Wirklichkeit den Weg frei. Oder mit Chuck Schumer, dem Minderheitsführer im Senat, den er kürzlich in einem per KI erzeugten Deepfake sagen ließ, die Demokraten seien nur ein Haufen „woke pieces of shit“, also woke Stücke Scheiße.
Wenn der Präsident den Generator anwirft, verwandelt alles, was das künstliche Licht berührt, sich in ein Sprechpuppentheater. Sogar der Gazastreifen mutiert in ein Ferienresort, wird erschlossen als virtuelles real estate, dessen Besitzer mit Benjamin Netanjahu Cocktails schlürft. Ästhetisch tendiert alles zum Symbolischen – zu Symbolen seiner Macht, seiner Stärke, seines Reichtums. Aber die Symbole sind brüchig, sie verweisen nur auf sich selbst, und deshalb bedeuten sie auch die Leere dahinter.
Das Bildmaterial wehrt sich
In „Trump Gaza“ haben die Bauchtänzerinnen Vollbärte, feindliche Kämpfer blitzen durch, die Algorithmen haben unerwünschte Assoziationen gebildet. Der gegenwärtige KI-Matsch sieht billig aus, aber nicht – oder nicht nur – wie eine vergoldete Fassade, hinter der Styropor hervorbröselt. Eine cartoonhafte Weichheit, ein sozusagen nicht verwandelter Rest magischer Urmasse bleibt sichtbar. Das Bildmaterial, könnte man sagen, wehrt sich. Gegen den Prozess, ihm das Leben auszutreiben und stattdessen mit hochherrschaftlicher Geste eine einheitliche symbolische Struktur einzuziehen. Gegen den Nihilismus, der die Grundlage dafür bildet, dass alles irgendetwas bedeutet und im nächsten Moment, Simsalabim, schon wieder etwas anderes, entsprechend den wandelnden Launen eines einsamen Königs.
In den Trauerspielen der frühen Neuzeit war der Machthaber immer wieder Symbol der Ohnmacht gegenüber dem Schicksal. „Was ist ein Prinz doch mehr als ein gekrönter Knecht?“, fragt bei Andreas Gryphius der Kaiser Leo Arminius, vor dessen Augen die Bedeutung der Dinge flirrt, Wein sich in Gift und Galle verwandelt. Trump sitzt allein in dem Flieger, von dem aus er die Zauberscheiße regnen lässt. Wo alles Symbol ist, bedeutet auch alles sein Gegenteil: Die Überlegenheit des großen Herrschers ist nur ein Deepfake.





















