Neubauten für Rebstockbad und Panorambad in Frankfurt: Gut angelegtes Geld |ABC-Z

In dieser Woche hat Frankfurt den Namen für ein neues Hallenbad vorgestellt. Ein solcher Neubau ist eine absolute Seltenheit in diesem Land, in dem der Begriff Bädersterben kaum noch für Schlagzeilen sorgt. Frankfurt aber eröffnet nicht nur im Verlauf des Frühjahrs im Stadtteil Bornheim ein neues Hallen- und Erlebnisbad, drei Jahre später soll mit Fertigstellung des neuen Rebstockbads ein weiteres, noch größeres folgen. Beides sind Ersatzbauten für in die Jahre gekommene, aber beliebte Hallenbäder.
Nun streiten sich die Geister darüber, ob der vorgesehene Name „Main Bad Bornheim“ – per Onlinevoting ausgewählt aus fünf Vorschlägen – so ganz gelungen ist. Eine keinesfalls repräsentative Umfrage auf den Internetseiten der F.A.Z. lässt erahnen, dass der Name zumindest keine ungeteilte Begeisterung auslöst. Er lenkt aber unfreiwillig die Überlegungen auf einen Aspekt: „Main Bad Bornheim“ könnte schließlich auch so verstanden werden, dass sich Frankfurt über sein Stadtteilbad selbst zum Kurort erhebt.
„Das wollen wir aber ganz sicher nicht“, sagt Oberbürgermeister Mike Josef (SPD). Er ist zugleich Sportdezernent und deshalb auch Aufsichtsratsvorsitzender der in eine Gesellschaft ausgelagerten Bäderbetriebe. „Zum einen wäre das Anmaßung, zum anderen würde mir persönlich das ein wenig zu klein wirken für eine Stadt wie Frankfurt.“
100 Millionen für das Rebstockbad
Christian Mankel von der Deutschen Gesellschaft für das Bäderwesen urteilt fast gleichlautend. „Frankfurt als Metropole braucht diesen Status sicher nicht. Es gibt im Umland genug Kurstädte, denen das sehr gut steht und bei ihrer Vermarktung hilft“, sagt er.
Aber auch ohne den Titel Bad Frankfurt sieht Mankel die Stadt am Main auf dem richtigen Kurs in ihrer Bäderpolitik. Schließlich schreitet keine zehn Kilometer entfernt vom voraussichtich rund 65 Millionen Euro teuren Bornheimer Bad der Rohbau des neuen, deutlich mehr als 100 Millionen Euro teuren Rebstockbads voran, das wie sein vor vier Jahren geschlossener und abgerissener Vorgängerbau eine Ikone des deutschen Bäderwesens werden kann.
„Frankfurt investiert sehr bemerkenswert in die Bäderlandschaft“
„Dieses Projekt ist unter den von Kommunen geplanten Bäderprojekten sicherlich einzigartig“, sagt Mankel. Er erwähnt zudem die Innovationsbereitschaft der Frankfurter Bäderbetriebe beim Einsatz von Traglufthallen in mittlerweile drei Freibädern in den Stadtteilen Bergen-Enkheim, Hausen und Nieder-Eschbach, damit diese auch im Winter genutzt werden können. „Frankfurt investiert sehr bemerkenswert in die Bäderlandschaft.“ Bei Einnahmen in Höhe von rund zehn Millionen Euro bleibt der Stadt beim Betrieb ihrer 13 öffentlich Bäder ein Defizit von mehr als 20 Millionen Euro.
Mankel betont, dass das keineswegs als Großkotzigkeit einer reichen Stadt verstanden werden dürfe, sondern als kluge Ausgabe mit deutlichem Mehrwert. Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen hat für eine Studie mit dem Titel Kommune 2030+ im vergangenen Jahr herausgearbeitet, wie Hallen- und Freibäder als „Akteure und Ermöglicher“ in Städten und Gemeinden und nicht vor allem als Kostenfaktor wahrgenommen werden könnten.
„Klassische Kurstädte verstehen ihre Bäder und Thermen schon seit jeher als Attraktion und Investition, die auf anderen Wegen Einnahmen generiert, Arbeitsplätze schafft und so Geld einspielt“, sagt Mankel. Er verweist auf Bad Vilbel oder Bad Nauheim im Frankfurter Umland, wo massiv investiert werde. „Das gilt aber auch für Städte mit dem klassischen Hallenbad.“

In der Studie entwirft die Gesellschaft Zukunftsvisionen, in denen Bäder als Ort der Kommunikation, der Integration oder der Anpassung an den Klimawandel vermarktet werden und zur Weiterentwicklung der Stadtgesellschaft beitragen. „Die deutsche Bäderlandschaft, oftmals als Spiegel der Gesellschaft bezeichnet, gilt als weltweit einzigartig. Freibäder werden von vielen sogar als Kulturgut angesehen. Und doch werden Bäder zunehmend als Kostenfaktoren betrachtet“, heißt es in der Studie.
„Der verengte Blick wird den Bädern nicht gerecht: Sie haben vielfältige Potenziale, um eine wichtige Rolle als Partner bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu spielen. Daher brauchen die Bäder ein sprichwörtlich neues Selbstbewusstsein.“
Anders ausgedrückt: Kommunen dürften Bäder nicht nur als Sparpotential verstehen, sondern müssten überlegen, was sie aufs Spiel setzten, wenn sie diese Einrichtungen vernachlässigten. Es gebe über den individuellen Wert für den Besucher hinaus vielfältigen gesellschaftlichen Nutzen: Bäder seien Erholungsort, Gesundheitsfaktor, Treffpunkt für alle Bevölkerungsgruppen, Schichten und Altersklassen.
Öffentliche Bäder sparen Kosten im Gesundheitswesen
Mankel ist zudem seit geraumer Zeit sicherer denn je, dass das zunächst sehr optimistisch klingende Versprechen, dass Bäder Kosten im Gesundheitssystem sparten, stimmt. Eine von Sport England, einer Einrichtung des britischen Ministeriums für Kultur und Sport, in Auftrag gegebene Studie in Großbritannien hat errechnet, dass Ausgaben für Bäder den vierfachen Nutzen für die Gesellschaft hätten; durch Ersparnisse im Gesundheitssystem aufgrund deutlicher Verringerung von beispielsweise Herz-, Diabetes- oder Krebserkrankungen sowie von Demenz und Rückenleiden. Zudem werden in der Studie positive Effekte für das gesellschaftliche Miteinander sowie weniger Krankheitstage konstatiert; mit entsprechend positiven Auswirkungen auf das Bruttosozialprodukt.
Verkürzt gesagt: Wer ins Schwimmbad geht, muss seltener ins Krankenhaus und kann verstärkt zur Produktivität beitragen. Mankel strebt an, dass seine Gesellschaft eine vergleichbare Studie für Deutschland ausarbeitet und den Kommunen als Argumentationsgrundlage zur Verfügung stellt. Für die gelten die Bäder nach wie vor als freiwillige Leistung, was nicht zuletzt Frankfurts Stadtoberhaupt als Fehler bezeichnet.
„Wir sehen die Bäder eindeutig als Daseinsvorsorge an und entsprechend als Verpflichtung der Stadt“, sagt Josef. Auch deshalb gebe es keinerlei Überlegungen, an dieser Stelle zu sparen. Vielmehr bekräftigt Josef beispielsweise, dass Kinder bis 14 Jahre weiter unentgeltlich ins Bad gehen könnten.
Bestbesuchte Institution der Stadt
Der Frankfurter Oberbürgermeister verweist aber auch auf andere Wirkungen als die sozialen Effekte. „Das Leben in einer Großstadt ist spürbar besser durch Schwimmbäder.“ Die Politik zeige mit dem Engagement für die Bäder, dass sie sich um den Alltag der Menschen kümmere. „Das schafft Vertrauen in unsere Demokratie und ist am Ende deutlich mehr wert als jede Rede zur Bedeutung unseres politischen Systems.“
Boris Zielinski, Geschäftsführer der Frankfurter Bäderbetriebe, bezeichnet seine 13 Bäder zudem gerne als bestbesuchte Institution der Stadt bei jährlich zwei Millionen Badegästen, was deutlich mehr Menschen seien als die Summe der Zuschauer bei Eintracht-Spielen im Waldstadion. „Das ist die Zahl, die unsere Arbeit rechtfertigt“, sagt er.
Laut Christian Mankel findet das Frankfurter Beispiel mittlerweile Nachahmer. „Andere Städte schauen unter anderem nach Frankfurt, und es scheint eine Trendwende zu geben.“ Eine Umfrage während der Branchenmesse Interbad habe jedenfalls ergeben, dass die Innovationsbereitschaft deutlich gestiegen sei. Mankel hofft nun auf weitere Impulse nach der Bundestagswahl.
Beispielsweise müsse die neue Bundesregierung eine Neuauflage des Bundesprogramms „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ beschließen. Der jährlich mit 500 Millionen Euro gefüllte und sehr stark für Bädersanierungen genutzte Topf sei 2024 abgeschafft worden. Die dadurch mögliche Unterstützung in Höhe von bis zu sechs Millionen Euro für den Bau eines neuen Schwimmbades reiche zwar nicht, um eine ganze Schwimmstätte zu finanzieren, sagt Mankel. „Aber es war deutlich mehr als nichts.“
Unabhängig von möglichen Zuschüssen aus Berlin sieht man die Millionenausgaben für die beiden neuen Bäder in Frankfurt als Investition in die Zukunft. „Jeder Euro, den wir da ausgeben, ist gut angelegtes Geld“, sagt Oberbürgermeister Josef.