So werden die Geschworenen ausgewählt | ABC-Z

New York. Dem US-Rapper droht lebenslange Haft. Zum Prozessauftakt in New York stand jedoch zunächst die Auswahl der Geschworenen im Fokus.
Zum Prozessauftakt n New York itrug Sean Combs eine Lesebrille und schlichte Kleidung, nachdem der Richter ihm zuvor ausdrücklich genehmigt hatte, nicht in Gefängniskleidung erscheinen zu müssen.
© Elizabeth Williams/FR142054 AP/AP/dpa
Nach zahlreichen Vorwürfen wegen sexueller Übergriffe bis hin zu Vergewaltigung hat am Montag in New York der Prozess gegen US-Rapper Sean „Diddy“ Combs begonnen. Zu Beginn des Strafprozesses, der acht bis zehn Wochen dauern soll, wurden am Montag die Geschworenen ausgewählt. Dabei wurden den Anwärterinnen und Anwärtern diverse Fragen gestellt, die ihre Unvoreingenommenheit auf die Probe stellen sollte. Nicht alle bestanden diese Prüfung am Montag.
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Wie der US-Fernsehsender CNN am Montagabend (Ortszeit) berichtete, seien mehrere Geschworene abgelehnt worden. Darunter etwa eine Frau, die erklärte, die Dokumentation „The Fall of Diddy“ gesehen zu haben. Nicht zum Prozess zugelassen worden, war eine weitere Frau, die das Video von Combs‘ Angriff auf Ventura aus dem Jahr 2016 als „damning“ („verdammend“) bezeichnet habe, sowie eine Führungskraft eines großen Verlags. Sie gab an, eine Pressemitteilung geprüft zu haben, die ihrer Aussage nach Anschuldigungen gegen Combs enthielten.
Staatsanwältin fordert Ausschluss von Jury-Anwärterin
Staatsanwältin Maurene Comey forderte den Richter nach der Befragung der ersten Geschworenen auf, die potenziellen Kandidatin, die die Dokumentation gesehen hatte, zu entlassen. Comey gehe davon aus, dass mindestens eine der in der Dokumentation aufgetretenen Personen vor Gericht aussagen werde.

Die Vorwürfe gegen Sean „Diddy“ Combs wiegen schwer. Seit Jahrzehnten schon wirft man ihm Gewaltvergehen und Vergewaltigung vor. Nun hat der Prozess gegen den US-Rapper begonnen.
© picture alliance / Jordan Strauss/Invision/AP | Jordan Strauss
Ein Mann war laut CNN aus der Jury ausgeschlossen worden, weil er sagte, seine Frau, eine Anwältin, denke schlecht über Combs, nachdem sie in den 1990er-Jahren während eines Gerichtsverfahrens mit ihm zu tun gehabt habe. Sie habe Combs‘ Verhalten „verstörend“ gefunden, wird der Mann zitiert.
Prozess gegen „P. Diddy“: Eröffnungsplädoyers am Montag erwartet
Ihre Eröffnungsplädoyers sollen Staatsanwaltschaft und Verteidigung laut vorläufiger Planung am Montag kommender Woche halten.
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Bei einer Verurteilung droht dem 55 Jahre alten Rap-Mogul lebenslange Haft. Derzeit sitzt der unter den Künstlernamen Puff Daddy, P. Diddy und Diddy bekannte Musiker im berüchtigten Metropolitan Detention Center im New Yorker Stadtteil Brooklyn in Untersuchungshaft.
Sean Combs war 2024 festgenommen worden und sitzt seitdem in Haft
Combs war im September 2024 festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Rapper vor, Frauen und Männer sexuell missbraucht und mit Drohungen und Gewalt zur Teilnahme an Drogen- und Sex-Partys genötigt zu haben. Mit seinem Geschäftsimperium soll er ein kriminelles Unternehmen geschaffen haben, das sich auch der Entführung, Brandstiftung, Bestechung und Behinderung der Justiz schuldig machte.

Sean Combs (r.) gehörte mit Hits wie „I’ll Be Missing You” und „Bad Boy For Life” in den vergangenen Jahrzehnten zu den erfolgreichsten Rappern der Welt. Diese Gerichtszeichnung entstand am Montag bei Prozessbeginn in New York.
© AP/dpa | Elizabeth Williams
Combs weist alle Vorwürfe zurück. Auf welche Strategie sein Anwalt Marc Agnifilo setzt, wurde kürzlich bei einer Anhörung deutlich: Der Ex-Rapper habe den Lebenswandel eines „Swingers“ geführt, sagte der Verteidiger – also eines Menschen, der wechselnde Partnerschaften und Sexualkontakte pflegt. Nach Agnifilos Darstellung verlief das alles einvernehmlich.
Diddys Ex-Freundin Ventura belastete den Musiker schwer
Dagegen sprechen Aussagen von Combs‘ Ex-Freundin, der Sängerin Casandra „Cassie“ Ventura. Sie verklagte den Musiker 2023 wegen jahrelanger Misshandlungen und Vergewaltigung. Die beiden einigten sich kurz darauf auf einen außergerichtlichen Vergleich.
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Seither reichten jedoch zahlreiche weitere Frauen und auch Männer Klagen wegen sexueller Übergriffe gegen den Rapper ein. Eine der Frauen gibt an, im Alter von 17 Jahren von Combs und mehreren Mittätern vergewaltigt worden zu sein. In der Folge durchsuchten bewaffnete Polizisten Combs‘ Luxus-Anwesen in Miami und Los Angeles.
Ex-Freundin Ventura wird als wichtigste Zeugin geladen
In dem New Yorker Prozess soll Ventura als wichtigste Zeugin der Anklage aussagen. Als zentrales Beweismittel dürfte ein Überwachungsvideo aus einem Hotel dienen, das einen gewaltsamen Angriff auf Ventura im Jahr 2016 zeigt.
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Zu dem Übergriff, bei dem Combs seine langjährige Freundin in einem Hotelflur zu Boden warf, sie schlug, trat und hinter sich herschleifte, kam es nach Angaben der Staatsanwaltschaft nach einer der als „Freak-Offs“ bekannt gewordenen Drogen- und Sex-Partys des Rap-Moguls. Combs hatte sich nach Bekanntwerden des Videos entschuldigt und erklärt, er habe sich seither „professionelle Hilfe gesucht“ und eine Therapie gemacht. Die mutmaßlichen Übergriffe gingen nach Überzeugung der Anklage jedoch weiter.
Unklar ist, in welchem Umfang das Video den Geschworenen gezeigt wird. In Voranhörungen war die Qualität der Aufnahmen einer der Streitpunkte zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Richter Arun Subramanian sagte jedoch, dass zumindest ein Teil des Videos als Beweismittel zulässig sei.
Prozess gegen Combs könnte Wendepunkt bei #MeToo-Vorwürfen bringen
Der Prozess gegen Combs könnte ein Wendepunkt im Umgang der Musikindustrie mit #MeToo-Vorwürfen wegen sexueller Übergriffe sein. Abgesehen vom Fall des R&B-Stars R. Kelly, der 2022 wegen Sexualverbrechen und Menschenhandels zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt worden war, hat die Musikbranche sich anders als die Filmindustrie in Hollywood kaum mit verbreitetem Machtmissbrauch in Form sexualisierter Gewalt auseinandergesetzt.
Aus Sicht von Caroline Heldman, die die Organisation Sound off Coalition zur Bekämpfung von sexuellem Missbrauch in der Musikindustrie mitbegründet hat, wirft Combs‘ Gerichtsverfahren ein Schlaglicht auf das verbreitete Problem in der Branche und das stillschweigende Hinnehmen sexueller Übergriffe. Vielfach sorge der Ruhm von Musik-Stars dazu, dass es ihnen an Mitgefühl mangele und sie glaubten, dass „die Regeln nicht für sie gelten“.
Heldman ist im Fall Combs allerdings „zuversichtlich, dass der Gerechtigkeit Genüge getan“ werde. „Ich hoffe, dass dies andere Überlebende dazu bringen wird, sich zu melden“, sagte die Aktivistin.
mit AFP