Begegnungsstätte Stille Straße in Pankow: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg | ABC-Z

taz | Die gute Nachricht zuerst: Die Stille Straße 10, eine Begegnungsstätte für Senior*innen in Berlin-Niederschönhausen, wird im kommenden Jahr voraussichtlich in ihren Räumlichkeiten bleiben können – und im besten Fall auch darüber hinaus. Das soll fortan ein Nutzungsvertrag zwischen dem zuständigen Bezirksamt Pankow und dem Förderverein Stille Straße 10 regeln, der aber noch zwischen den beiden Parteien verhandelt werden muss. In trockenen Tüchern ist der langfristige Fortbestand der Begegnungsstätte somit noch nicht.
Trotzdem zeichnet sich ein vorsichtiges Lächeln auf dem Gesicht von Eveline Lämmer ab, als sie am frühen Dienstagabend den Saal im Bezirksamt Pankow verlässt, in dem sich der Ausschuss für Soziales, Senior*innen und Gesundheit der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gerade mit der Zukunft der Stillen Straße befasst hat. Lämmer ist Vorstandsmitglied des Fördervereins und sagt: „Ich bin erleichtert.“ Dann unterbricht sie sich, beugt sich ein Stück vor und setzt erneut an: „Unter Vorbehalt. Euphorisch bin ich nicht.“
Eveline Lämmer, Förderverein Stille Straße 10
Die Stille Straße 10 ist kein gewöhnlicher Senior*innentreff. Ein Blick in die kämpferische Geschichte des Vereins genügt, die im Jahr 2012 mit einer über 100 Tage andauernden Hausbesetzung ihren Ausgangspunkt nahm. Denn schon einmal drohte der Begegnungsstätte die Räumung durch das Bezirksamt Pankow, dessen Eigentum das Haus ist. Abgewendet werden konnte die Räumung schließlich unter der Bedingung des Bezirksamtes, dem Verein das Haus zur Nutzung weiterhin zur Verfügung zu stellen, ohne selbst an den Kosten beteiligt zu sein.
In der Folge sprang die Volkssolidarität Berlin als Trägerin ein und übernahm die laufenden Betriebskosten. Gekittet wurde dieses Arrangement durch einen Nutzungsvertrag zwischen dem Bezirksamt und der Volkssolidarität, der jedoch Ende dieses Jahres ausläuft. Eine Verlängerung ist ausgeschlossen. Grund dafür sind die Sparmaßnahmen des Senats, durch die sich die Volkssolidarität gezwungen sieht, die Förderung der Stillen Straße 10 einzustellen.
Viel Zeit bleibt nicht mehr
Kämpferisch zeigen sich am Dienstagabend auch die rund 30 Unterstützer*innen der Stillen Straße 10, die der Ausschusssitzung beiwohnen. Sie halten ein Transparent mit der Ankündigung „Stille Straße 10 wird laut“ hoch und nehmen es erst herunter, als die Entscheidung eine Stunde später verkündet wird.
Schnell zeichnet sich ab, dass der ungesicherte Fortbestand der Begegnungsstätte vor allem vom Geld abhängt. Denn das Haus muss dringend saniert werden. Viel Zeit für eine Lösung zwischen dem Bezirksamt Pankow, der BVV und dem Verein bleibt bis zum Jahreswechsel nicht mehr.
Doch zunächst kommen von Grünen, Linken und SPD anerkennende Worte für das unermüdliche Engagement der Senior*innen. Von „unheimlich viel Energie und Ressourcen für unterschiedliche Perspektiven“ spricht Sozialstadträtin Dominique Krössin (Linke). Die SPD-Verordnete Birgit Mickley nennt die Stille Straße einen „Ort, der zeigt, dass ältere Menschen ihre Interessen sehr viel stärker vertreten können, als ihnen oftmals zugetraut wird“.
Geht es nach der Pankower Bezirksbürgermeisterin Cordelia Koch (Grüne), soll die Begegnungsstätte künftig um zwei Geschichtsprojekte mit Jugendlichen ergänzt werden. „Wir haben die Stille Straße 10 von Anfang an in die Konzepte mitgedacht“, betont Koch mehrfach. Die Projekte seien beantragt, aber noch nicht bewilligt. Mit einer Entscheidung rechne sie in diesem Jahr „eher nicht“ mehr.
Wann und aus welchen Mitteln das marode Haus saniert werden soll, ist völlig unklar. Von Koch hieß es: „Im Augenblick wird da überhaupt gar nichts gemacht.“ Zunächst müssten die Projekte starten, danach werde man einen Antrag auf Sanierungsmittel stellen.
Anders sieht das Eveline Lämmer. Für sie ist Aufschub keine Option: „Wir können nicht mehr warten.“ Was passiert, wenn die Heizung plötzlich kaputt geht? Oder wenn es erneut zu einem Rohrbruch kommt? Von der BVV und dem Bezirksamt fordert sie „langfristige Zusagen“ und einen unbefristeten Nutzungsvertrag. Eine vorsichtige Absage kommt von Stadträtin Krössin: Unbefristete Mietverträge seien „schwierig“ und so gut wie ausgeschlossen.
Sozialstadträtin Dominique Krössin (Linke)
Auch Lämmer stellt ein Konzept zur Finanzierung und Erhaltung der Begegnungsstätte vor, das der Förderverein ausgearbeitet hat. Über Kooperationen und Stiftungen wolle man finanzielle Unterstützung einholen. Zudem sei die Spendenbereitschaft der Pankower Bewohnerschaft groß. Die Betriebskosten für das kommende Jahr könnten damit bereits abgedeckt werden. Eine langfristige und sichere Finanzierungsoption sei dies jedoch nicht.
Nach der Verkündung durch das Bezirksamt, dem Verein Stille Straße 10 einen Nutzungsvertrag vorzulegen, dämpft Bezirksstadträtin für Soziales Krössin sogleich zu hohe Erwartungen: „Ich will nicht die Stimmung versauen, aber wir fangen jetzt erst an zu verhandeln. An den Rahmenbedingungen müssen wir uns noch abarbeiten, das ist klar“. Für Eveline Lämmer steht fest: „Wir bleiben hartnäckig dran. Und wir sind bereit.“















