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Glosse: Das Streiflicht – Der Pokal für Trump und seine kaltschnäuzige Vorgeschichte – Politik | ABC-Z

(SZ) Dass WM-Trophäen nicht nur bei Fußballspielern Begehrlichkeiten wecken, ist bekannt. Kurz zurück ins Jahr 1966, als in London der Jules-Rimet-Pokal bei einer Briefmarkenschau ausgestellt wurde. Bald würde die WM in England beginnen, aber schon vorher sollte das Publikum dem Cup ganz nah kommen. Tatsächlich kam ein Verbrecher dem Pokal zu nah, griff gierig nach ihm, nahm ihn an sich und forderte Lösegeld. Welch eine Peinlichkeit für die Briten. Den Weltkrieg hatte der Pokal überstanden: Fifa-Vizepräsident Ottorino Barassi hatte ihn in einem Schuhkarton unter seinem Bett aufbewahrt. Und jetzt schien er verloren. Aber dann betrat Pickles auf kurzen Beinen die Bühne, eine schwarz-weiß gefleckte Promenadenmischung, die schwanzwedelnde Variante von Kommissar Zufall. Pickles erschnüffelte bei einem Gassi-Gang mit seinem Herrchen den Pokal, in Zeitungspapier eingewickelt und in einem Busch versteckt. Ein Hund rettete die WM. Und wurde dafür mit Ehrungen überhäuft: Im Spielfilm „The Spy with a Cold Nose“ bekam Pickles eine Charakterrolle. Er spielte sich selbst.

Der amtierende Fifa-Chef Gianni Infantino hat gerade bei der WM-Auslosung dem US-Präsidenten Donald Trump einen eigenen Pokal überreicht. Weil Trump den Friedensnobelpreis nicht gekriegt hat, füllt der ihm ergebene Infantino diese Lücke im Trophäenschrank gern mit dem „FIFA Peace Prize“. Der Pokal besteht aus Händen, die eine Weltkugel halten, aber weil auch im Design von Pokalen eine innere Wahrheit verborgen ist, kann man die Bewegung dieser Hände auch anders interpretieren, nämlich dahingehend, dass sie gierig nach der Welt greifen. Oder, wie es die britischen „Football-Ramble“-Podcaster formvollendet ausgedrückt haben: „Warum sieht die Trophäe des Fifa-Friedenspreises so aus, als würde die Welt in die Hölle gezogen?“ Womöglich deshalb, weil sie auf den Preisträger zugeschnitten ist. „Gierig, ich war gierig, gierig“, hat Trump vor Jahren bei einem Auftritt gerufen, diese Weltsicht produziert auch in der Gegenwart regelmäßig Momente von Scham und Fremdscham. Wie Trump sich, beim Fifa-Zeremoniell, die zugehörige Medaille tatsächlich selbst umhängte: Man kann ein schlechter Verlierer sein. Aber auch ein schlechter Gewinner.

Die Trophäen der Fifa erzählen Geschichten über den Umgang mit Gewinn und Verlust: wie man Triumph und Niederlage begegnet. Der Jules-Rimet-Pokal wurde später, in Brasilien, noch einmal geklaut und blieb seitdem verschwunden. Dem Mischling Pickles allerdings brachte der Fund seines Lebens Ruhm und Reichtum, jedenfalls in Vierbeinerkategorien. Ein Jahr Hundefutter gratis – das ist ein Sechser im Lotto, für einen Hund. Und zwei Medaillen gab es auch, eine vom World Cup Collectors Club, eine vom nationalen Hundeschutzverein. Ob Pickles sie sich selbst umgehängt hat, ist nicht überliefert.

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