Mallorca: Warum die Einheimischen keine weiteren Touristen wollen. – Reise | ABC-Z

Liebe! In Zeiten wie diesen müsste Liebe Priorität Nummer eins sein. So viele Probleme könnten sich durch mehr Liebe und weniger Hass lösen lassen. Aber bevor das jetzt zur Predigt ausartet: Zu viel Liebe kann auch Probleme schaffen. Gewaltige Probleme.
Wir sprechen hier von der Liebe der Deutschen zu Inseln, insbesondere zur Insel Mallorca. Die ist seit Jahrzehnten das Lieblingsurlaubsziel der Bundesbürger, und es scheint so zu sein, dass es sich hier nicht um eine gewöhnliche Liebe handelt, die mit der Zeit schwächer wird, gar erkaltet. Nein, ganz im Gegenteil, sie ist so heiß wie nie zuvor: 2024 kamen fünf Millionen Deutsche nach Mallorca, das waren neun Prozent mehr als im Jahr zuvor, das auch schon ein Rekordjahr war. Insgesamt besuchten 13,4 Millionen Gäste die größte Baleareninsel. 22 Milliarden Euro gaben sie dabei aus.
Ist doch großartig, wo ist jetzt das Problem? Dazu ein Zitat aus einem Brandbrief, den sieben Umweltschutzorganisationen und tourismuskritische Vereinigungen Mitte März veröffentlicht haben und der mit „Liebe Touristen“ beginnt: „Die Insel wurde bis an ihre Grenzen ausgequetscht, bis hin zum Kollaps, den wir derzeit erleben. (…) die Gier und Habgier von Hoteliers, Politikern, Immobilieninvestoren und Nutznießern jeder Art hat uns in eine Notlage gebracht.“
So konnte man das übersetzt im Mallorca Magazin lesen. Die vielen Touristen, so hieß es weiter, trügen zur Zerstörung der Landschaft und des Ökosystems bei, zu Verkehrsproblemen, einer überlasteten Verwaltung. Und vor allem zu so hohen Lebenshaltungskosten, dass es für die einheimische Bevölkerung unmöglich geworden sei, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Den Politikern wirft man Untätigkeit vor; zwar beteuerten sie, die Nebensaison stärken zu wollen, was aber nicht dazu führe, dass zur Hauptsaison weniger Touristen kämen, sondern dass insgesamt noch mehr Gäste übers Jahr gesehen anreisten. Der Brief endet deshalb mit der Bitte, nicht zu kommen: „Wir brauchen keine weiteren Touristen; die Wahrheit ist, ihr seid der Ursprung unseres Problems.“
In der Liebe würde man das einen Korb, ja eine klare Abfuhr nennen. Aber führt es auch dazu, dass der Liebestolle ablässt und sich eine andere Geliebte sucht? Das steht zu bezweifeln. Denn im vergangenen Jahr gab es bereits Massendemos gegen zu viel Tourismus, das hat am Malle-Run nichts geändert. Und auch wenn für April wieder Anti-Overtourism-Demos angesagt sind, so werden wohl deswegen nicht viel weniger Gäste landen. Solange die liebestollen Urlauber keine Nachteile haben, machen sie einfach weiter.
Solange die Zahl der Gästebetten und Flugverbindungen so hoch ist, wird sich wohl nicht viel ändern. Linderung verspricht nun aber eine Nachricht aus Alcúdia: Dort soll ein Vier-Sterne-Hotel namens Botel Alcudiamar nach einem Gerichtsurteil für immer schließen. Der Grund: Es wurde laut Gericht wohl 25 Jahre lang illegal betrieben. Es sei einmal als Segelschule mit Unterkunftsmöglichkeit genehmigt, dann aber sukzessive und illegal zu einem schicken und großen Apartmenthotel ausgebaut worden. Und spätestens bei Apartment muss die Politik hellhörig werden! Die Wohnungen direkt am Yachthafen werden an Kellnerinnen und Putzkräfte vergeben, zu Mieten, die sie sich locker leisten können! Das wäre doch mal ein erster Schritt raus aus dem Overtourism.