Richterwahl im Bundestag: Friedrich Merz sieht keine Krise von Regierung und Demokratie | ABC-Z

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) wertet die gescheiterte Wahl neuer Verfassungsrichter am Freitag im Bundestag als Ausdruck gelebter Demokratie. “Das ist nicht schön, aber auch nichts, was uns umwirft”, sagte Merz im ARD-Sommerinterview. “Unsere Demokratie lebt”, fügte er hinzu. Es gebe “keine Krise der Demokratie” oder der Bundesregierung.
Angesprochen auf die Rolle von Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) bei der Vorbereitung der Wahl, sagte Merz, das Scheitern der Abstimmung sei “in dieser Form nicht absehbar” gewesen. Zugleich räumte er ein, dass es Vorbehalte gegen die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf gegeben habe. “Die haben wir unterschätzt. Wir hätten das erkennen können. Das wird uns nicht noch einmal passieren”, sagte Merz und fügte an: “Das machen wir beim nächsten Mal besser.” Auf die Frage, ob Jens Spahn noch der richtige für den Fraktionsvorsitz sei, antwortete er: “Eindeutig ja.”
Zugleich prophezeite der Kanzler, es werde auch in Zukunft schwierig sein, im Bundestag Zweidrittelmehrheiten zu organisieren, wie sie auch für die Wahl neuer Verfassungsrichterinnen und -richter nötig ist. Zur Begründung verwies der Regierungschef auf die Gewissensfreiheit der Abgeordneten. Zeitdruck für die Neubesetzung der drei Richterposten sieht Merz nicht. Er werde nun in Ruhe mit der SPD Gespräche führen und dann werde man “zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen”, sagte der Bundeskanzler.
Der Bundestag wollte am Freitag drei Richterposten am Bundesverfassungsgericht neu besetzen. Da die Union jedoch die Wahl Brosius-Gersdorfs nicht mittragen wollte, verschob das Parlament die Abstimmung über alle drei Kandidatinnen und Kandidaten. Gegen Brosius-Gersdorf waren kurz vorher Plagiatsvorwürfe erhoben worden. Zudem gab es innerhalb der Union Vorbehalte gegen ihre Position zu Schwangerschaftsabbrüchen und dem damit verbundenen Paragrafen 218 des Strafgesetzbuches.
Spürbare Kürzungen beim Bürgergeld
Merz sprach sich in der ARD außerdem für spürbare Kürzungen bei
Bezieherinnen und Beziehern von Bürgergeld aus, das ab 2026 zur “Grundsicherung” werden solle. Merz bekräftigte, dass Bedürftige weiterhin unterstützt werden sollen, kündigte aber zugleich strengere Zumutbarkeitsregeln an: “Die Menschen, die arbeiten können, sollen arbeiten.” Auch bei den Wohnkosten seien Verschärfungen denkbar – etwa Mietobergrenzen, überprüfte Wohnungsgrößen oder Pauschalen für Heizung und Unterkunft.
Mit Blick auf mögliche US-Strafzölle unter einem künftigen Präsidenten Trump warnte Merz vor erheblichen wirtschaftlichen Folgen. Zölle in dieser Größenordnung “würden die deutsche Exportwirtschaft ins Mark treffen” und könnten zentrale wirtschaftspolitische Ziele gefährden, sagte der Kanzler. Europa müsse geschlossen auftreten und frühzeitig den Dialog suchen, um solche Maßnahmen abzuwenden.
Kritik äußerte Merz am Vorgehen der israelischen Regierung im Gazastreifen. “Mir
gefällt das, was die israelische Regierung im Gazastreifen tut,
schon seit vielen Wochen nicht mehr”, sagte er. Er habe Israels Premierminister Benjamin Netanjahu mehrfach seine Bedenken mitgeteilt. Eine Lösung müsse gemeinsam mit den USA und Europa erarbeitet werden – mit dem Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung, sagte Merz. Die derzeitige Lage sei nicht akzeptabel.