So will die DFL die Bundesliga zukunftsfähig machen | ABC-Z

Ein herausforderndes Bundesligajahr liegt hinter den Köpfen der Deutschen Fußball Liga (DFL). Nach einem Streit mit dem Partner DAZN mussten sie ihre unterbrochene TV-Rechte-Auktion neu auflegen. Sie sehen sich mit immer mehr Spielen und Wettbewerben konfrontiert, die dem eigenen Produkt Konkurrenz machen. Die Entfesselungskräfte des Kommerzes sind weiterhin gewaltig, die Zukunft der 50-1-Regel bleibt ungeklärt. Und doch geht es der guten alten Bundesliga hervorragend, berichteten die DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel im Rahmen eines Pressegesprächs am Mittwochabend in Frankfurt anhand beeindruckender Zahlen.
Fast 21 Millionen Menschen kamen in der vergangenen Saison in die Stadien der ersten und zweiten Bundesliga, so viele wie nie zuvor. Das Fußballinteresse ist groß: 61 Prozent der Einwohner Deutschlands sind grundsätzlich interessiert. Nur einmal – 2017 – wurde mit 63 Prozent ein noch höherer Wert ermittelt. Von den 14- bis 18-Jährigen geben sogar 71 Prozent an, sich für Fußball zu interessieren, der Nachwuchs steht demnach auch bereit. Zur beliebten Erzählung, dass die Bundesliga im internationalen Vergleich abgehängt werde, sagte Merkel: „Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse hat das relativ wenig mit der Realität zu tun.“
Obgleich fast immer Bayern München deutscher Meister wird, sei der Wettbewerb attraktiv: In der Bundesliga fallen mehr Tore als in England, Spanien, Italien und Frankreich, es wird häufiger aufs Tor geschossen, es kommt zu mehr Ballaktionen, und es wird weniger gefoult. „Wir haben die wenigsten Anstoßzeiten, die Free-TV-Präsenz ist extrem hoch, die Ticketpreise sind moderat“, ergänzte Lenz. Was den Umsatz betrifft, ist die Bundesliga hinter der Premier League die Nummer zwei in Europa, und dabei wirtschaftlich vergleichsweise gesund. Insofern überraschte es, dass Lenz eine weitere Verschärfung der Finanzregularien ankündigte.
Schwächen bei der Ausbildung von Talenten
Während der Schwerpunkt im bisherigen Lizenzierungsverfahren auf der Frage lag, ob die Liquidität für das jeweils nächste Spieljahr gesichert ist, wird nun verstärkt auch auf die Kaderkosten und die Eigenkapitalquote geachtet. „Das sind Themen, wo wir die Zukunftsfähigkeit des Fußballs signifikant beeinflussen können“, sagte Lenz, bevor er doch noch auf ein echtes Problem hinwies: Die Schwächen bei der Ausbildung von Talenten, die sich mit Zahlen belegen lassen.
Von den U-23-Spielern mit dem höchsten Marktwert spielen mit Abstand die meisten in England, gefolgt von Spanien und Frankreich. Die Bundesliga ist in diesem Ranking seit 2018 vom zweiten auf den vierten Platz abgerutscht. Zudem werden in Deutschland pro einer Million Einwohner nur 16,2 Fußballprofis ausgebildet, in England, Italien und Frankreich sind es etwa 20, in Spanien 26, in Portugal sogar mehr als 100. Bisher hat sich vor allen Dingen der Deutsche Fußball-Bund mit solchen Ausbildungsthemen beschäftigt, so wurden der Kinderfußball neu konzeptioniert und die Topwettbewerbe der U-17- und U-19-Teams reformiert. Hier wollen die Profiklubs nun offenbar verstärkt selber Einfluss nehmen.
Lenz kündigte die Entwicklung eines „sportlichen Gesamtkonzepts“ an, in dessen Rahmen die Fußballfachexpertise beim Ligaverband ausgeweitet wird. Bislang ist die sogenannte „Kommission Fußball“ für Themen dieser Art zuständig, nun wird mit dem Gedanken gespielt, eine Art Sportdirektor einzustellen, der zum Beispiel die Idee forcieren könnte, eine neue U-21-Nachwuchsliga einzuführen, die das Hauptproblem bekämpfen könnte: den Übergang der Talente aus dem Nachwuchs in den Profifußball.
In England gibt es so einen Wettbewerb und hier schafften zwischen 2018 und 2023 332 Spieler den Sprung aus der Jugend in einen Erstligakader. In Italien waren es 318, in Spanien 210, in Frankreich 199, Deutschland folgt weit abgeschlagen auf Rang 14 dieser Liste mit 141 Spielern.