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Europapokal-Endspiel in Brüssel: Heute vor 40 Jahren – die Stadion-Katastrophe von Heysel | ABC-Z

Stand: 29.05.2025 08:35 Uhr

Heute vor 40 Jahren ereignete sich eine der furchtbarsten Katastrophen im Weltfußball. In Brüssel, beim Endspiel um den Europapokal zwischen Juventus Turin und Liverpool, starben 39 Menschen.

Nein, von Fußball bleibt an diesem Tag nicht viel übrig. Stattdessen 39 Tote, fast 500 Verletzte und Wunden, die auch nach 40 Jahren nicht verheilt sind. Das Finale vom 29. Mai 1985 um den Europapokal der Landesmeister, dem Vorläufer der Champions League, bleibt verbunden mit anderen Bildern. Panik, Kampf ums nackte Überleben, Menschen, erdrückt und erstickt.

Fußball wird trotzdem gespielt, die Erinnerungen daran sind eher schemenhaft. Es gibt Elfmeter, Siegtor Platini, Spieler von Juventus Turin mit dem Henkelpott – alles groteske Nebensache. Ein Skandal, dass überhaupt angepfiffen wurde. Nur die UEFA kennt die Fakten aus dem undurchsichtigen, aber tödlichen Chaos im Vorfeld des Spiels, hat Angst vor weiteren Eskalationen. Sie lässt die Endspielgegner antreten, die Spieler aber im Unwissen, was wirklich passiert ist.

Block Z wird zur Todesfalle

Viel zu wenig Sicherheitspersonal wurde aufgeboten, ein blühender Ticket-Schwarzmarkt wurde völlig aus den Augen gelassen. Neben den Liverpool-Fans, darunter viele Hooligans, sollte eigentlich ein neutraler Block sein, doch nun stehen dort überwiegend Fans von Juventus Turin dort, in Block Z. Schwarz-weiße Juve-Fahnen und Juve-Schals wohin das englische Auge sieht. Zu viel für manche “Anhänger” der Reds.

Hooligans beginnen über den Zaun in den Block zu stürmen, es folgen immer mehr, die italienischen Fans fliehen panisch, eine Begrenzungsmauer, die unter dem Druck einstürzt, wird der Tod für 39 von ihnen sein.

Das alles erfahren die Juve-Spieler erst beim Bankett, und dann: Totenstille. “Der Pokal, unser Kindheitstraum und auf der anderen Seite 39 Tote, die nur ein Fußballspiel sehen wollten – wir haben uns furchtbar gefühlt”, berichtet Verteidiger Sergio Brio aus der Nacht, die eigentlich vom Glanz des Henkelpotts erstrahlen sollte.

Vom ersten Tag an erinnert Juventus konsequent an die Opfer, macht das Gedenken sichtbar. Jetzt zum 40. Jahrestag mit einem neuen großen Denkmal unweit der Juve-Arena. Die Familien der Angehörigen schließen sich zusammen, die Zahl “39” wird zum Symbol – in der 39. Minute eines jeden Juve-Spiels: Schweigen.

Schweigen beim FC Liverpool

Der FC Liverpool schweigt auch – zu lange, wie viele finden. Zehn Jahre nach der Katastrophe gibt es eine Dokumentation der BBC, in der zumindest einer von insgesamt 14 verurteilten Hooligans öffentlich bereut. Mehr nicht. Liverpool versteckt die Tragödie auf einer schmucklosen Gedenktafel auf der Rückseite des Stadions an der Anfield Road.

“Es ist befremdlich, selbst wenn wir Ex-Spieler uns mal auf ein Bier treffen, niemand redet über Heysel, absolut niemand”, sagt Mark Lawrenson, Verteidiger der erfolgreichen frühen 80er-Ära der Liverpool-Stars. Interviewanfragen mit Heysel-Akteuren zu diesem Thema werden bis heute vom Verein abgelehnt. 2005 dann zumindest ein gemeinsamer Auftritt mit Juventus Turin. Champions-League-Viertelfinale, der Klub muss etwas tun.

LFC-Legende und Heysel-Spieler Ian Rush zeigt sich am Anstoßkreis zusammen mit Michel Platini, in den Händen die Losung für das Hinspiel an der Anfield Road: “Memory and Friendship.” Doch von Freundschaft wollen die meisten Juve-Fans nichts wissen – der großen “Amicizia”-Choreographie auf der Haupttribüne drehen sie den Rücken zu.

Der richtige Umgang mit Heysel

“Aber ich verurteile sie nicht. Wenn man den Konflikt auf der Ebene der organisierten Fans lösen will, da bräuchte man Kofi Annan”, sagt Peter Hooton, Augenzeuge bei fast jedem Liverpool-Spiel seit mehr als 40 Jahren, Heysel inklusive.

Als Mitglied der einflussreichen LFC-Fangewerkschaft “Spirit of Shankly” hat er lange Druck gemacht auf den Klub, die Opfer von Heysel auch in Liverpool namentlich aufzuführen, so wie die der 97 gestorbenen Liverpool-Fans der Hillsbourogh-Tragödie. Endlich mit Erfolg. Zum 40. Jahrestag heißt es nun “Forever Bound” auf einer neuen Gedenktafel mit allen Namen der Toten. Ein Platz dafür wird noch gesucht – der richtige Umgang mit Heysel wird immer schwierig bleiben.

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