Basketball-EM der Frauen: Allen Umständen getrotzt | ABC-Z

Die deutschen Basketballerinnen trotzten allen Ausfällen und legten einen souveränen Start in die Heim-EM hin. Auch dank Top-Leistungen von Luisa Geiselsöder und Leonie Fiebich. Doch auch andere, neue Gesichter bekamen ihren Auftritt.
Die Anspannung war in der ganzen Halle spürbar. Alle stellten sich die gleiche Frage: Würde es dem deutschen Team um Kapitänin Leonie Fiebich gelingen, den Ausfällen und Absagen von Leistungsträgerinnen wie Satou Sabally oder Marie Gülich zu trotzen? Am Ende war das ganze Bangen umsonst: Vor ausverkauften Zuschauerrängen, inklusive Edelfan und Geburtstagskind Dirk Nowitzki, der mittlerweile so etwas wie ein Maskottchen geworden ist, feierten die DBB-Frauen einen souveränen EM-Auftakt.
Mit 89:76 besiegte das Team von Bundestrainerin Lisa Thomaidis Schweden und legte somit den Grundstein für das Erreichen der Hauptrunde im griechischen Piräus. “Jeder Sieg bei einer Europameisterschaft ist ein großer Erfolg. Insbesondere, weil es in den ersten Spielen gerne mal zu Überraschungen kommen kann”, so Thomaidis nach der Partie. “89 Punkte zu erzielen, obwohl noch nicht alles so glatt lief? Ich bin wirklich stolz auf unser Team.”
Geiselsöder mit besonderer Motivation
Dass es trotz des überzeugenden Siegs noch Verbesserungsbedarf gibt, lag auch daran, dass Leonie Fiebich und Luisa Geiselsöder erst vor wenigen Tagen zum Team stießen. Beide mussten noch bis kurz vor der EM in der US-amerikanischen Profi-Liga WNBA ran. Dennoch gab Fiebich auf dem Platz den Ton an, Geiselsöder war mit 20 Punkten die beste Werferin des Teams. “Vor den eigenen Fans zu spielen, ist auf jeden Fall noch motivierender. Wir hatten eh schon Bock, aber dann Dirk auch noch an seinem Geburtstag dabei zu haben, ist schon etwas Besonderes”, so Geiselsöder im Interview nach dem Spiel.
Es sei ein guter Start in die EM gewesen, auch wenn es ein paar Auf und Abs im Verlauf der Partie gegeben hätte, so Geiselsöder. Besonders im dritten Viertel mussten die 3.400 Zuschauer kurz zittern, die Schwedinnen kamen gefährlich nah ran, bevor die DBB-Frauen im Schlussviertel alles klar machten. Danach gefragt, ob ein besonderer Druck auf ihnen laste, immerhin standen sie und Fiebich in den vergangenen Tagen im Mittelpunkt der Berichterstattung, zuckt die 25-Jährige nur cool mit den Schultern. “Persönlich nicht, nein. Das beeinflusst uns nicht. Aber natürlich lag Druck auf uns allen, weil wir im ersten Spiel performen und gewinnen mussten.”
Bühner als “stille Killerin”
Das ist schon einmal geschafft. Auch dank Spielmacherin Alexis Peterson, die klug die Bälle verteilte, und der nach einer schweren Knieverletzung zurückgekehrten Emily Bessoir. Überhaupt warfen gleich vier Spielerinnen mehr als zehn Punkte. Dazu gehörte auch Frieda Bühner, mit 18 Punkten die zweitbeste Scorerin des Teams. Die 21-Jährige könnte zu einer der Schlüsselspielerinnen des Turniers werden, fliegt sie doch schon längst nicht mehr unter dem Radar. Auch wenn Bundestrainerin Thomaidis sie zuletzt als “stille Killerin” bezeichnete.
“So sehr wir Frieda gerne verstecken würden, steht sie auf den Zetteln der gegnerischen Teams immer weiter oben”, so die Kanadierin über Bühner, die vermehrt von der gegnerischen Defensive in die Mangel genommen wird. “Sie kann auf jede erdenkliche Art und Weise punkten. Wenn erst einmal der Ball zu ihr gelangt, dann ist die Wahrscheinlichkeit auch sehr hoch, dass sie trifft”, schwärmt Thomaidis von der EM-Debütantin, die erst zur vergangenen Saison aus der Deutschen Frauen-Bundesliga nach Spanien gewechselt ist.
Frischer Wind durch neue Gesichter
Bühner ist das Gesicht einer neuen Generation an Spielerinnen, die es nach Erfolgen in den Juniorinnen-Nationalteams in den A-Kader schafften. Während die Osnabrückerin ihr Debüt bei den Olympischen Spielen in Paris feierte, taten das Clara Bielefeld und Hilke Feldrappe beim Testspiel Ende Mai gegen Tschechien. Bielefeld, bis zur vergangenen Saison beim Herner TC in der Bundesliga aktiv, wurde mit ihren 17 Jahren so zur jüngsten Nationalspielerin in der Geschichte der DBB-Frauen. Und nun standen beide zum ersten Mal bei einem Großturnier auf dem Platz.
Feldrappe, die in den USA am College spielt, könne ihr Glück immer noch nicht fassen, wie sie der Sportschau erzählt. “Davon habe ich als Kind geträumt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so früh bei den Damen spielen würde. Das ist eine Ehre”, so die 21-Jährige, die insgesamt acht Minuten Einsatzzeit bekam. Ähnlich dürfte es Bielefeld ergangen sein, die eigentlich nur einen Teil der Vorbereitung mitmachen sollte, dann aber die Bundestrainerin überzeugte. Und das trotz parallellaufende Abiturprüfung. “Das ist aber gut gelaufen. Jetzt bin ich froh, damit fertig zu sein und hier spielen zu dürfen, ist mega”, sagte Bielefeld nach dem Spiel.
Gegen Spanien noch besser zusammenfinden
Sich lange ausruhen, können Fiebich, Geiselsöder und Co. nicht, denn am Freitag steht direkt das schwierigste Spiel der Gruppenphase an – die Vize-Europameisterinnen aus Spanien warten. Diese gewannen ihre erste Partie überlegen mit 85:70 gegen Großbritannien und ließen keine Zweifel an ihren Titelambitionen. Zwischendurch führten die Iberinnen mit 34 Punkten. Für einen Teil des deutschen Teams sind die Spanierinnen allerdings keine Fremden. Sowohl Fiebich als auch Bühner spielten in dieser Saison in der spanischen Liga, erstere holte sogar den Titel mit Valencia Basket.
Ein Vorteil? Laut Fiebich schon. “Ich glaube, ich kann dem Team ganz gut helfen, weil ich die Spielerinnen in- und auswendig kenne”, so die 25-Jährige im Interview. Um aber gegen Spanien zu gewinnen, müsse man auf dem Spielfeld noch besser zusammenfinden. Auch um Geiselsöder besser in Szene zu setzen. “Wenn wir Luisa dahin bringen, wo sie sich wohlfühlt, wo sie scoren kann, dann kann sie eigentlich niemand stoppen”, ist sich Fiebich sicher. Eins stand nach dem gestrigen Abend zudem fest: Die Anspannung war spürbar der großen Erleichterung gewichen.