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Jugendschutz im Internet: Immer mehr Fälle sexualisierter Gewalt – Panorama | ABC-Z

„Möchtest du dein Taschengeld aufbessern?“ Es sind zunächst harmlos klingende Nachrichten wie diese, die vor allem junge Mädchen auf sozialen Netzwerken erreichen. Dann kommen übertriebene Komplimente, die bald in Kommentare umschlagen, wie: „Sieht gut aus zwischen deinen Beinen“, unter den Tanzvideos. Es kann schnell gehen, dass Kinder und Jugendliche auf diese Weise in die pädokriminelle Szene geraten, die insbesondere Plattformen wie Likee, eine Kurzvideo-App oder Telegram nutzen, um ihre Opfer zu suchen.

Dass Kinder und Jugendliche im Internet zunehmend mit gefährlichen Inhalten konfrontiert werden, zeigt der Jahresbericht von Jugendschutz.net, der am Dienstag im Beisein von Familienministerin Karin Prien (CDU) vorgestellt wurde. Jugendschutz.net ist ein Kompetenzzentrum von Bund und Ländern, das seit 1997 Gefahren im Internet für Heranwachsende aufzeigt. Über eine Online-Beschwerdestelle geht das Team Hinweisen auf mögliche Verstöße gegen den Jugendschutz nach. Und diese Meldungen sind im vergangenen Jahr geradezu explodiert: 17 630 Verstöße hat die Plattform registriert – weit mehr als doppelt so viele wie 2023, da waren es 7645 Fälle.

Dabei beschäftigt sich das Kompetenzzentrum vor allem mit Inhalten, die sexualisierte Gewalt zeigen. Hier sei der Anstieg „enorm hoch“, sagte der Leiter von Jugendschutz.net, Stefan Glaser. 15 000 Verdachtsfällen sei hier nachgegangen worden, dreimal so vielen wie im Jahr davor. Den Anstieg führt Glaser vor allem auf die gestiegene Zahl an Hinweisen zurück: „Das Dunkelfeld wird zunehmend erhellt.“ Ob es sich um einen kurzfristig Peak oder einen Trend handele, würden erst die kommenden drei bis vier Jahre zeigen.

Die Spieleplattform Discord als „Einfallstor für Extremisten“

Als besonders besorgniserregend werden in dem Jahresbericht die nahezu frei zugänglichen „Deepnude-Generatoren“ bezeichnet, auch als „Nudifier“ bekannt: Mit künstlicher Intelligenz lassen sich damit Bilder manipulieren, sodass die abgebildete Person darauf scheinbar nackt zu sehen ist. Bei einigen Diensten sei es auch möglich, sexualisierte Darstellungen von Minderjährigen zu erzeugen, heißt es im Bericht. Dafür hat Jugendschutz.net zehn solcher „Nudifier“ untersucht. Bei vier der zehn Anbieter konnten frontal aufgenommene Ganzkörperbilder von Kindern manipuliert werden. Bei seitlich aufgenommen Fotos lag die Quote sogar höher: Acht von zehn Nudifiern generierten ein entsprechendes Nacktbild.

Auch die zunehmende Verbreitung von politisch extremistischen Inhalten bewertet der Bericht als alarmierend. Vor allem die Spielplattform Discord sei dabei „ein Einfallstor für Extremisten“, sagt Glaser, seien es Rechtsextreme oder Islamisten. Zunehmend einflussreich sind nach Aussage Glasers auch islamistische Influencer, die demokratiefeindliche, aber auch „antijüdische Propaganda“ verbreiteten. Ihre Beiträge vermittelten sie mit „Coolness und Charisma“, was besonders bei jungen Menschen mit Migrationshintergrund Anklang finde.

Um Kinder besser zu schützen, fordert Jugendschutz.net eine verlässlichere Altersprüfung auf den digitalen Plattformen. Auch Bildungsministerin Prien, die den Bericht „alarmierend“ nannte, sieht die Tech-Unternehmen in der Verantwortung und spricht sich für strengere Regulierungen aus. Die Bundesregierung werde auch im Rahmen der Umsetzung des Digital Services Act der EU gemeinsam mit den Ländern eine Strategie für die digitale Sicherheit und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen aufsetzen. Zu den diskutierten Maßnahmen gehörte auch ein einheitliches Handyverbot an Schulen. Dieses hatte Prien bereits als Bildungsministerin in Schleswig-Holstein umgesetzt.

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