Wirtschaft

Lucio Corsi ist für Italien beim ESC: „Musik ist kein Wettbewerb“ | ABC-Z

Herr Corsi, Sie sind Zweiter beim Sanremo-Festival geworden. Nach einer Woche verzichtete Gewinner Olly darauf, für Italien am Eurovision Song Contest (ESC) teilzunehmen. Wie war die Zeit des Wartens für Sie?

Ich habe nach Sanremo an meinem Album gearbeitet und meine Tour vorbereitet. Darauf habe ich mich konzentriert. Als Olly dann sagte, er wolle nicht zum ESC fahren, haben Tommaso und ich kurz überlegt und dann gesagt: Wenn wir schon die Chance haben, nehmen wir sie auch wahr.

Das klingt entspannt. Waren Sie nicht nervös oder aufgeregt?

Ja, schon. Denn es ist eine neue, großartige Erfahrung, und wir können unser Lied „Volevo essere un duro“ genauso präsentieren wie beim Sanremo-Festival und auf unserer Tour. Ohne Kompromisse einzugehen oder etwas zu ändern. Ich sehe den ESC als Glücksfall an, eine neue Erfahrung, aus der ich sicherlich einiges lernen kann.

Das ist so ein großes Ereignis, das bringt mich sicher weiter, so wie auch schon das Sanremo-Festival. Auch wenn ich mich erst an die vielen Kameras gewöhnen musste. Das kannte ich bisher gar nicht, nur Publikum, vor dem ich live aufgetreten bin.

Corsi (links) wird auch am Samstag gemeinsam mit seinem Kindheitsfreund Tommaso auf der Bühne stehen.dpa

Können Sie die Kameras hier ausblenden?

Ja, weil in der Halle auch viele Leute sind. Ich konzentriere mich auf die Menschen, da fühle ich mich wie bei einem Konzert oder auf Tour.

Ihr Lied „Volevo essere un duro“, auf Deutsch „Ich wollte ein harter Typ sein“, ist sehr persönlich und handelt von Ihnen. Worum geht es, und was ist die Botschaft?

Das Lied handelt von meiner Kindheit, aber nicht nur. Auch von Tommasos, wir kennen uns, seit wir Kinder waren. Ich habe das Lied mit ihm gemeinsam geschrieben.

Tommaso Ottomano steht auch mit Ihnen auf der Bühne und spielt Gitarre.

Genau. Unser Lied handelt davon, dass die Welt von uns erwartet, perfekt zu sein, aber das ist unmöglich im wahren Leben, im Alltag. Das ist so, als ob man versucht, auf einem Ball zu stehen und das Gleichgewicht zu halten. Mal klappt es, mal nicht. Ich schaffe es nicht jeden Tag, aber ich schaffe es im Allgemeinen. Und das Lied handelt auch davon, dass wir oft davon träumen, etwas anderes zu sein oder zu werden, das sich aber gar nicht so sehr von dem unterscheidet, was wir schon sind. Wovon wir träumen, ist oft nicht viel besser als das, was wir schon haben. Die Botschaft des Liedes lautet: Man ist perfekt, so wie man ist.

Italien ist die vergangenen Jahre sehr erfolgreich beim ESC gewesen. Woran liegt das? Ist es die Sprache? Ist es die Musik? Sind es die Künstler?

Ich weiß es nicht, ich denke aber, es ist von allem etwas. Wir haben eine lange Tradition mit großartigen Liedermachern, wir hatten großartige Künstler schon in den Sechziger- und Siebzigerjahren, die ich sehr schätze: Paolo Conte, Lucio Dalla, Lucio Battisti. Auch die Sprache ist ein Herzstück der Musik, sie hat einen besonderen Rhythmus. Man könnte sagen, die italienische Sprache an sich ist schon musikalisch. Im Italienischen kann man etwas auch auf viele Arten ausdrücken. Beim Schreiben eines Liedtextes ist das für mich wie bei einem Rebus, ein Bilderrätsel. Ich liebe es, mit Bildern und Worten zu spielen.

Wie erleben Sie den ESC hier in Basel?

Das Beste am ESC ist, dass man so viele Menschen aus anderen Ländern trifft. Das ist wichtiger als der Wettbewerb. Ich liebe den Wettkampf im Sport, ich liebe Sport, aber ich glaube, Musik ist kein Wettbewerb.

Und doch sind Sie hier. Was wäre ein größerer Traum für Sie, das Sanremo-Festival einmal zu gewinnen oder dieses Jahr den Eurovision Song Contest?

Keines von beiden. Wie ich schon sagte, ich möchte den ESC nicht als Wettbewerb betrachten. Für mich ist es eine Möglichkeit zu lernen, als Künstler noch besser zu werden. Mein Traum ist es, auf Tour zu bleiben, eine endlose Tour zu starten. Das ist mein Traum. Den ganzen Tag mit meinem Freund Tommaso zusammen zu sein, mit dem ich schon seit unserer Schulzeit auf der Bühne stehe. Wir bleiben dieselben Jungs, dieselben Freunde, die Musik machen, ihre Instrumente in der Hand halten und spielen – das ist es, was ich mag, wovon ich träume.

Back to top button