Krise der Ampelkoalition verschärft sich – Liberale-Chef Lindner deutet Ultimatum an – Politik | ABC-Z

Nachdem Grüne und FDP bei der Landtagswahl in Brandenburg abermals herbe Niederlagen erlitten haben, stellt sich die Frage, ob die Ampel noch bis zur Bundestagswahl in gut einem Jahr durchhält. Mit nur noch 4,1 Prozent der Stimmen sind die Grünen am Sonntag aus dem Potsdamer Landtag geflogen; die FDP kam sogar nur noch auf 0,8 Prozent. Das Ziel der Liberalen, nach zehn Jahren außerparlamentarischer Opposition in den Landtag zurückzukehren, hat sich damit als utopisch erwiesen.
Die SPD wiederum kann sich zwar über den Sieg des amtierenden brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke freuen. Allerdings hatte Woidke seinen Wahlkampf mit maximaler Distanz zu seiner Bundespartei, der Ampel und auch SPD-Kanzler Olaf Scholz geführt. Sein Sieg zeigt also weniger, dass man sehr wohl auch als Teil der unbeliebten Ampel Wahlen gewinnen kann – sondern vielmehr, dass offenbar erst Abgrenzung von diesem Bündnis Erfolge ermöglicht.
Friedrich Merz kostet die schlechten Ampel-Ergebnisse sichtlich aus
Zu den Verlierern vom Sonntag gehört auch die CDU, die es in Brandenburg nur auf den vierten Platz schaffte. Eine besondere Schmach ist es für die Christdemokraten, auch noch hinter dem neuen Bündnis Sahra Wagenknecht gelandet zu sein. Trotzdem nahm Parteichef Friedrich Merz sich am Tag danach die Freiheit, der Bundesregierung insgesamt zu attestieren, dass sie mit diesem Wahlergebnis „überhaupt nicht zufrieden“ sein könne. Die SPD habe es „ausdrücklich gegen die Koalition erzielt, ausdrücklich gegen den Bundeskanzler“. Die Grünen seien „halbiert worden“ und die FDP liege bei 0,8 Prozent. „Das ist weniger als die Hälfte der Tierschutzpartei“, konstatierte Merz und fügte in Richtung der Liberalen hinzu: „Wie weit will man eigentlich als FDP noch sinken?“
Dass der Ausgang der Brandenburg-Wahl ein neues Wir-Gefühl oder eine Art Aufbruchstimmung in der Ampel entzündet hätte, davon konnte am Tag danach jedenfalls keine Rede sein. SPD-Chef Lars Klingbeil war es zunächst einmal wichtig, sehr wohl „bundespolitische Ableitung“ aus dem Sieg in Brandenburg entdecken zu können, nämlich dass man Wahlen gewinnen und Stimmung drehen könne. Außerdem sagte er in Richtung seiner Partner: „Ich hoffe, dass niemandem die Puste ausgeht.“ FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner aber ließ seine sozialdemokratischen Koalitionspartner zunächst wissen, dass der Zuwachs der SPD aus seiner Sicht rein „taktischen Charakter“ habe – um danach ein zumindest angedeutetes Ultimatum in den Raum zu stellen.
Lindner spricht vom „Mut, eine neue Dynamik zu entfachen“
Mit Blick auf die jüngsten Beschlüsse der Ampel zur Migration und zur Wirtschaftspolitik sprach Lindner abermals von einem „Herbst der Entscheidungen“ und betonte, dass sich „in den nächsten Wochen“ offenbaren werde, „ob es den gemeinsamen Willen gibt, das so auch umzusetzen und gegebenenfalls auch darüber hinauszugehen“. Ebenfalls weisen werde sich, „ob wir die Kraft finden, einen Haushalt zu beschließen“, der mehr tue für Bildung, Sicherheit, für Investitionen in die Infrastruktur, der die Bürger unter dem Strich entlaste und dabei die Schuldenbremse einhalte.
Jetzt sei „Mut verlangt“, so Lindner. Entweder der Mut, „auch in einer kontroversen Koalition Arbeit zu leisten, wenn Gutes fürs Land bewegt werden kann“. Oder aber „Mut, eine neue Dynamik zu entfachen“. Den Subtext dürften seine Koalitionspartner wohl vernommen haben – ebenso wie Lindners Haltung zu einem weiteren potenziellen Stolperstein für die Ampel: dem Tariftreue-Gesetz. Die SPD betrachtet das Vorhaben, dass öffentliche Aufträge nur an tarifgebundene Unternehmen gehen dürfen, als sozialdemokratisches Muss; die FDP aber lehnt den Entwurf von SPD-Sozialminister Hubertus Heil ab. Lindner sagte dazu am Montag recht kühl: „Leider hat das zuständige Arbeitsministerium einen unfertigen Entwurf eines Tariftreuegesetzes in die Öffentlichkeit gegeben. Für die PR eines Ministeriums kann ich keine Verantwortung übernehmen.“
Letztlich war es am Montag der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour, der die Lage der Ampel am schonungslosesten zusammenfasste. Ein Jahr lang habe er erzählt, SPD, Grüne und FDP müssten den Streit abstellen, sagte er nach den Gremiensitzungen seiner Partei. Aber „der große Feng-Shui-Moment“ werde wohl nicht mehr kommen. „Wir machen unsere Arbeit, wir versuchen, das Land nach vorne zu bringen und fühlen uns auch an den Koalitionsvertrag, an das, was miteinander vereinbart worden ist, gebunden. Aber das ist es auch dann.“ Es gebe immer noch einiges zu tun. Aber er würde jetzt „nicht zwingend“ sein Herz „irgendwie an die Konstellation hängen“. Was das für die Koalition bedeute? Die Grünen wollten die Arbeit fortsetzen. „Alles andere müssen Sie andere fragen.“