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Leverkusens neuer Trainer Kasper Hjulmand: “Ich war nicht auf dem Markt“ – Sport | ABC-Z

Die Gastgeber hätten es gern vermieden, den Ursprung und Anlass des Pressetermins in der Bayarena anzusprechen. Doch weder konnten sie dort die Erwähnung des Namens Erik ten Hag unter Strafe stellen, noch ließ sich verhindern, dass über die in der vorigen Woche erfolgte Trainer-Entlassung geredet wird. Deshalb bahnte sich Bayer Leverkusens Sportchef Simon Rolfes gleich nach der Begrüßung den geeigneten Weg, um das Thema schnellstens von der Tagesordnung zu schaffen.

Okay, räumte er ein, es sei „sicherlich keine ganz gewöhnliche Situation“, dass man hier schon wieder sitze, um einen neuen Trainer zu präsentieren – nachdem man erst vor zwei Monaten den Vorgänger in Dienst genommen hatte. Aber „zu den Beweggründen der Trennung (von ten Hag) habe ich letzte Woche schon Stellung genommen“, sagte Rolfes und erklärte damit die Vergangenheitsbewältigung beinahe so schnell für beendet, wie er sie begonnen hatte. Nun gehe es darum, „den Einstieg nach vorn zu schaffen“. Zu diesem Zweck blickte er auf den Mann zu seiner rechten Seite und hieß herzlich den nächsten neuen Boss im Trainerbüro willkommen, den vormaligen dänischen Nationaltrainer Kasper Hjulmand, 53.

Dass Rolfes keine Lust mehr hatte, über Hjulmands Vorgänger zu sprechen, ist mehr als einleuchtend. Als Sportverantwortlicher hat er durch die Entlassung seines Kandidaten eine Niederlage erlitten, umso mehr, da sie in 62 Jahren Bundesligageschichte einen Geschwindigkeitsrekord bedeutet. Zwar gibt es einige Leute mit Sachverstand, die der Ansicht sind, dass Rolfes die Niederlage schnell in einen Sieg verwandelt habe, weil er seinen Irrtum schnell eingestanden und mit der Blitz-Kündigung ten Hags angemessen reagiert hatte. Auf der anderen Seite sind jene Stimmen im öffentlichen Diskurs – nicht im eigenen Klub – zu hören, die den Manager daran erinnern, dass sein Favorit diesmal länger im Geschäft bleiben sollte als ein paar Monate. Ansonsten werde er selbst zum Gegenstand der Diskussionen.

In dieser Hinsicht war es lehrreich zu erleben, dass die ersten Worte, die Kasper Hjulmand auf dem Podium sprach, dem Vorgänger galten und damit nicht ganz zur gewünschten Agenda passten. Er wolle erwähnen, dass er „großen Respekt vor Erik ten Hag“ habe und ihn als guten Kollegen zu schätzen wisse, schickte Hjulmand voraus, und das war zwar weder als Affront gegen Rolfes gemeint noch wurde es als solcher aufgefasst. Aber es verschaffte einen Eindruck von der Unabhängigkeit und Selbstgewissheit, die dem neuen Coach zu eigen sind.

Schon vor und nach Alonso hatte Leverkusen versucht, Hjulmand zu engagieren

Die Aussichten, dass der zweite Nachfolger des großen Xabi Alonso besser im Klub und bei der Mannschaft ankommt als der erste, sind nicht schlecht. Schon früher hatte Bayer Leverkusen versucht, Hjulmand als Trainer zu engagieren, vor Alonso und nach Alonso. Laufende Engagements hielten ihn von der Zusage ab, und auch diesmal hatte es nicht gut ausgesehen, als Rolfes in Dänemark anrief und ein weiteres Mal den Posten offerierte. „Als wir anfingen zu sprechen, dachte ich, das klappt nicht. Ich hatte bereits einen Job und war nicht auf dem Markt“, berichtete Hjulmand. Dem dänischen Fußball-Verband, bei dem er bis 2024 als Nationaltrainer angestellt war, stand er als Berater für den Bau eines neuen Campus zur Seite. Auch den Geldgebern gegenüber sah er sich verpflichtet, die Arbeit nicht einfach aufzugeben.

Immerhin sagte der Kandidat nicht gleich kategorisch ab. „Kasper galt wegen der bestehenden Kontakte natürlich mein erster Anruf“, erzählte Rolfes: „Am Anfang sah es nicht so gut aus, doch dann wurde er jeden Tag ein bisschen optimistischer, dass es funktioniert.“ Nach einigen Gesprächen erhielt Hjulmand die Freigabe des Verbandes und der Finanziers, „sie waren sehr nett und verständnisvoll und haben mich sehr unterstützt“. An wen sich Rolfes gewendet hätte, wenn es nicht funktioniert hätte, hat der Bayer-Manager nicht verraten. Dass es nun doch mit der Wunschlösung geklappt hat, erspart dem Klub jedenfalls die Unannehmlichkeit, den neu formierten Spielerkader einem Mann anzuvertrauen, der lediglich einen Kompromiss darstellt.

So wie die Bayer-Leute vom „weltmännischen“ und fachlich versierten Hjulmand schwärmen, so beschrieb auch der Trainer seinen neuen Klub als nahezu ideale Adresse. „I think I can be myself here“, sagte er auf Englisch – auf Deutsch will er sich erst nach Auffrischung seiner Kenntnisse öffentlich äußern: Er habe das Gefühl, er könne hier seinen Arbeitsstil und seine Art der Führung verwirklichen, hob er hervor. Dass er dabei nicht viel mit deutschen Trainer-Autoritäten in der Tradition von Rolf Schafstall oder Felix Magath gemein hat, das ist offensichtlich.

Verbindlich und zielstrebig präsentierte sich der neue Leverkusener Trainer am Mittwoch. Man kann ihn für modern und ein wenig intellektuell halten, und wenn er auch sagt, er sei kein Trainer, der seine Spieler oder Mitarbeiter anschreie, so merkt man ihm doch eine subtile Autorität an. Als ihn jemand fragte, ob er den Deutschen nach dem vor zehn Jahren vorzeitig beendeten Engagement in Mainz etwas beweisen wolle, reagierte er kühl: „Ich mache keinen Job irgendwo, um etwas zu beweisen. Meine Sache ist Fußball, das ist meine Leidenschaft.“ Viel Zeit, dem Leverkusener Team seine Lehre zu vermitteln, bleibt nicht. Am Freitagabend steht das Ligaspiel gegen Eintracht Frankfurt an. Damit kenne er sich schon aus, sagt Kasper Hjulmand: „Die Situation ist ein bisschen wie bei der Nationalmannschaft: wenig Zeit, kaum Training, kaum taktische Lektionen – wir werden von Spiel zu Spiel lernen.“

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