Tina Feys Boomer-Komödie „The Four Seasons“ | ABC-Z

Diese Serie, ihre Komik und ihr Drama, kann eigentlich nur verstehen, wer erwachsen ist, also richtig erwachsen, womit in diesem Fall gemeint ist, mehr Lebensjahre hinter als vor sich hat. So traurig das ist, so herzreißend lässt sich in „The Four Seasons“ darüber lachen. Die Serie ist nicht zufällig nach Vivaldis musikalischem Stufenmodell des Lebens benannt, das sich vom Versprechen des Frühlings bis zum dunklen Winter aufbaut und den Grundton vorgibt. Vor allem der Schauspielerin Tina Fey, Jahrgang 1970, die auch das Drehbuch mitverfasste, ist die melancholische Komik des Achtteilers zu verdanken. Mit ihrem Witz und ihrem intelligenten Spiel spießte sie schon als junge Schauspielerin in „Girls Club“ das Lebensgefühl der Teenager auf, beobachtete in „Unbreakable Kimmy Schmidt“ das Erwachsenwerden und das Berufsleben in „30 Rock“. Hier nun ist Fey die Empty-Nest-Mutter Kate, die nicht weiß, wohin mit ihrer ungenutzten Energie.
Die Miniserie begleitet ein Jahr lang drei mehr oder weniger wohlhabende, erfolgreiche und stilvoll gekleidete Paare in ihren Fünfzigern. Die sechs Freunde kennen sich seit dem College und verbringen viermal im Jahr ein Wochenende zusammen. Sie haben die vermeintlich anstrengendsten Jahre hinter sich und könnten sich entspannt zurücklehnen, stattdessen frönen sie auf je eigene Weise den Krisen. Sie hadern mit ihren Lebensentscheidungen, nörgeln an ihren Partnern, sorgen sich um das Wohlergehen der Kinder und der betagten Eltern und fürchten, in Routine und Alltagstrott zu ersticken. Und wenn es partout nichts zu bekritteln gibt, ist da immer noch die Haut, die zu trocken ist.
Die Auftaktfolge beginnt in einem Haus am See. Der 25. Hochzeitstag von Anne (Kerri Kenney-Silver) und Nick (Steve Carell) soll gefeiert werden. Nach einem gemeinsamen Abendessen, bei dem sich alle noch einmal ihres Glückes versichern, überrascht Nick die Männer in der Runde tags drauf mit der Nachricht, dass er Anne verlassen will. „Wären wir wenigstens Mitbewohner“, grollt Nick, „dann würden wir zusammen abhängen“. Aber Anne und er lebten wie zwei Angestellte in einem Atomkraftwerk: „Wir sitzen die ganze Nacht im selben Raum und überwachen verschiedene Bildschirme.“
Pointen aus dem Erfahrungsschatz des mittleren Alters
Während Anne heimlich eine Zeremonie zur Erneuerung ihres Eheversprechens organisiert, diskutieren ihre Freunde, ob sie Anne über Nicks Absichten ins Bild setzen sollen oder nicht. Die Störung des Sextetts, die am Ende der ersten Folge in einer explodierenden Töpferscheune gipfelt, bringt die Geschichte ins Rollen. Die Freunde reagieren unterschiedlich auf die Veränderung, heißen sie heimlich gut und beneiden Nick oder schrecken zurück und geraten über sich selbst ins Grübeln.
Die Serie basiert lose auf der gleichnamigen RomCom von Alan Alda aus dem Jahr 1981, der hier einen kurzen Gastauftritt hat. Fey, die patente, dabei leicht verklemmte Kate, ist mit dem sanften Jack (Will Forte) verheiratet. dessen Position als Friedensstifter der Gruppe mit fortschreitender Handlung ins Wanken gerät. Immer neue Spannungen, Bruchlinien und Abrechnungen treten zutage, vor allem, nachdem Nick seine neue, halb so alte Freundin zu den Treffen mitbringt und Nick überredet, das nächste Treffen nicht in der üblichen Fünf-Sterne-Herberge zu verbringen, sondern in einem Öko-Resort in Jurtezelten. In Mai-Dezember-Romanzen, wie man im Englischen Partnerschaften mit großem Altersunterschied nennt, sollten die „Dezembers“ die „Mais“ auf ihren Standard heben und nicht umgekehrt, beschwert sich Danny (Colman Domingo). Als die Freunde ihre alte Uni besuchen, muss sich Nick von seiner dort studierenden Tochter in einem Theaterstück von der Bühne herab sagen lassen: „Es war einmal, da hat mein Vater meine Familie zerstört und angefangen, mit einer Schlampe auszugehen.“
„The Four Seasons“ ist gespickt mit Pointen aus dem Erfahrungsschatz des mittleren Alters. Die Komödie fängt dabei die Milde für- und den Spott übereinander lustvoll ein. So sehr die Serie ihr komisches Potential aus dem Generationenkonflikt schöpft, verteufelt sie das moderne Leben nicht, wenn etwa Nick darum bittet, ihm das Konzept der fluiden Geschlechter zu erklären.
Wie in jeder Farce geht es auch hier um Missverständnisse, und das großartige Comedy-Ensemble glänzt darin, immer wieder aneinander vorbeizureden und übereinander herzuziehen. Die Serie versteht die Sehnsucht nach Abenteuern und Neuanfängen und ist sich zugleich ihrer Lächerlichkeit bewusst. Die verlorene Jugend zu beklagen, ist das Schicksal dieser sechs Freunde. Sie sind alle jenseits der fünfzig, und trotzdem ist die Suche danach, wer man ist, was man will und wohin man geht, noch immer nicht vorbei. Auch in ihren traumatischen Passagen bleibt „The Four Seasons“ albern. Und zeigt dabei vor allem eines: dass es eine bestimmte Art gibt, in der nur langjährige Gefährten miteinander lachen, weinen und streiten können.
The Four Seasons läuft bei Netflix.