Falsche Wohnfläche: Wann Käufer Geld zurückfordern können – Stil | ABC-Z

Die eine ist zu klein, die andere zu groß. Wenn man sich eine Eigentumswohnung kaufen möchte, fallen viele Angebote schon allein wegen der angegebenen Quadratmeterzahl durchs Raster. Will man sich als Single ein eher großes Apartment gönnen und stellt nach dem Einzug fest, dass es deutlich weniger Quadratmeter hat als gedacht, ist das sehr ärgerlich. Und wie frustrierend ist es erst, wenn sich eine Familie mit einer eher kleinen Wohnung arrangiert, die sich im Nachhinein als noch kleiner erweist als zunächst angenommen. Denn es geht dabei nicht nur ums Wohlbefinden, sondern darum, dass sie zu viel Geld für die Wohnung bezahlt hat. Denn die Größe wirkt sich meist unmittelbar auf den Kaufpreis aus, zudem auf die Nebenkosten und die Versicherungen für die Immobilie. Wie lässt sich ein solcher Irrtum von vornherein vermeiden? Und in welchen Fällen haben Immobilienkäufer eine Entschädigung in Aussicht?
Kaufinteressenten sollten sich informieren, ob ein Gutachter eine professionelle Wohnflächenberechnung für das Haus oder die Wohnung vorgenommen hat und welche Methode angewandt wurde. Wichtig ist dabei zunächst einmal: Die Wohnfläche darf man keinesfalls mit dem Grundriss verwechseln, der ausgemessen werden kann. Bei der Wohnfläche geht das nicht, sie muss nach einem bestimmten, vergleichsweise komplexen Verfahren berechnet werden. Dabei spielen auch die Raumhöhen des Hauses oder der Wohnung eine Rolle. In der Praxis werden häufig zwei Verfahren angewandt, die Berechnung nach DIN-Norm 277 und die Wohnflächenverordnung (WoFlV). Meist wird beim Verkauf die sogenannte DIN-Norm 277 angewandt; bei der Vermietung wird die Größe der Wohnfläche in der Regel mithilfe der WoFlV berechnet. Je nachdem, welches Verfahren benutzt wurde, kann die ermittelte Quadratmeteranzahl erheblich voneinander abweichen.
Häufig wissen die Verkäufer allerdings gar nicht so genau, wie groß die angebotene Wohnung ist. In einigen Fällen werden auch Flächenangaben über Jahre hinweg immer wieder in neue Dokumente übertragen, ohne dass die Werte überprüft wurden. Manchmal stellen Architekten mit Blick auf ein Sanierungsvorhaben Berechnungen zur Wohnfläche an. Was viele Verkäufer und Makler nicht wissen: Solche Flächenangaben darf man nicht ohne Weiteres für die Vermarktung verwenden.
:Darf man sich den Spielplatz sparen?
Müssen Neubauten Schaukel oder Wippe im Hof haben? Das hängt von verschiedenen Aspekten ab, unter anderem von Ort und Anzahl der Wohnungen. Ein Blick auf die Details.
Was können Käufer tun, wenn sie die Zahlen von Sachverständigen überprüfen lassen und feststellen, dass die Wohnung kleiner ist als im Kaufvertrag angegeben? „Weicht die tatsächliche Fläche von der im Kaufvertrag angegebenen ab, hat man die ganz normalen Gewährleistungsansprüche wie bei jedem anderen Kaufvertrag“, sagt Fachanwalt Andreas Griebel von der internationalen Rechtsanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft Rödl & Partner. Käufer haben also, abhängig von der Situation, das Recht, den Kaufpreis zu mindern, vom Vertrag zurückzutreten oder Schadenersatz zu verlangen.
Folgender Fall erregte Aufsehen, weil der Verkäufer sehr schlampig mit der Wohnfläche umgegangen war: Der Sohn eines Eigentümers hatte eine 98 Quadratmeter große Eigentumswohnung zum Verkauf annonciert. Kurz vor Abschluss des Kaufvertrags korrigierte er die Angabe auf „circa 89 Quadratmeter“ – so genau wusste er die Größe nicht. Später fanden die Käufer ihre tatsächliche Größe heraus: nur 78,2 Quadratmeter. Daraufhin reichten sie Klage ein – mit Erfolg: Die neuen Eigentümer erhielten 18 000 Euro Schadenersatz. Auch die Angabe „circa“ änderte daran nichts. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschied, dass „circa“ nur eine Abweichung von bis zu fünf Prozent von der genannten Wohnfläche erlaube (Az. 14 U 44/18). Andreas Griebel, der auch Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist, weist jedoch in dem Zusammenhang darauf hin, dass „circa“ in bestimmten Fällen auch einen Spielraum von bis zu zehn Prozent beinhalten könne.
Was man noch wissen sollte, wenn man Streit über die Wohnfläche vermeiden möchte: Angaben zur Wohnfläche im Verkaufs-Exposé des Maklers, ein womöglich privat angefertigter Kaufvertrag mit Quadratmeterangaben, den beide Parteien unterschreiben, oder gar nur mündliche Aussagen sind rechtlich nicht bindend. Sie haben im Zweifelsfall vor Gericht keinen Bestand. Verbindlich sind allein die Angaben in einem Kaufvertrag, der beim Notar geschlossen wird. „Das liegt an der Beurkundungspflicht für Grundstückskaufverträge. Ohne notarielle Beurkundung ist ein solcher Vertrag nichtig“, erläutert Griebel. Der Rechtsanwalt empfiehlt dringend, sich bei Immobilienkaufverträgen auch zum Thema Wohnfläche beraten zu lassen: „Hier an der falschen Stelle zu sparen, kann letztlich teuer werden.“
