Erding: Ideen für neuen Stadtteil am Fliegerhorst – Erding | ABC-Z

Wohnraum ist knapp im Speckgürtel von München, in Erding tut sich aber eine Riesenchance auf, dies zu ändern: Am Fliegerhorst soll ein neuer Stadtteil für über 6000 Menschen entstehen. Auch wenn es mit dem Kauf des Bundeswehrareals noch immer nicht geklappt hat, plant die Stadt weiter. Aktuell untersucht eine Machbarkeitsstudie, wie in sechs leer stehenden Mannschaftsunterkünften Wohnungen entstehen könnten, inklusive einer Bunker-Bar.
Die sechs roten Mannschaftsgebäude Nummer 130 bis 135, die laut Unterlagen aus dem Jahr 1967 stammen, seien „einfach gebaut, aber haben kaum Schäden“, sagte Martin Aichner vom Münchener Planungsbüro Aichner Kazzer während der Präsentation der Machbarkeitsstudie in Erding. „Für ihr Alter sind die Gebäude in einem guten Zustand“, auch was die Statik betreffe. Sie verfügten über „eine robuste Konstruktion“ und „eine handwerklich solide Ausführungsweise“. Fazit: Die ehemaligen Mannschaftsunterkünfte eigneten sich perfekt für eine Nutzung als Wohnraum.
Zwei Planungsvarianten stellten Aichner und Stadtplanerin Astrid Weisel, ebenfalls vom Büro Aichner Kazzer, vor. Es gibt eine Minimalvariante und eine zweite mit umfangreicheren Eingriffen beziehungsweise Anbauten. Grundsätzlich sollen die Gebäude in ihrem Charakter erhalten bleiben, betonten beide. Insgesamt könnten 205 Wohnungen geschaffen werden, die Größe reicht von Ein- bis Fünfzimmerwohnungen. Es soll eine soziale Mischung geben mit höherpreisigen, aber auch günstigem Wohnraum. Ebenso könnten Büros, Coworking-Spaces, Ateliers oder Gemeinschaftsräume eingerichtet werden.
Eine Besonderheit ist auf einem Fliegerhorst zu berücksichtigen – und das sind die Bunkeranlagen. „Wir waren nicht in allen Gebäuden, gehen aber davon aus, dass es bei jedem Gebäude einen Bunker gibt, der unter dem jeweiligen Hof liegt“, erklärt Martin Aichner auf Nachfrage. Für die Bunker gibt es keine vertiefte Untersuchung, dennoch hat sich das Büro schon Gedanken über eine künftige Nutzung gemacht, zum Beispiel als Bunkerbar oder Café. Oder, weniger aufsehenerregend, als vermietbare Lagerfläche oder Zisterne.

Bis es zu einer festen Planung oder gar Verwirklichung kommt, werden Jahre ins Land gehen. Noch ist das Areal gar nicht im Besitz der Stadt. Erding hat zwar das Erstzugriffsrecht auf das 350 Hektar große Gelände, und Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) würde lieber heute als morgen zugreifen, doch die Verkaufsverhandlungen ziehen sich. Eigentlich sollten die Verträge Ende 2024 in trockenen Tüchern sein. Kurz vor Schluss aber zog die Bundeswehr ohne Angabe von Gründen die Kündigung für den Fliegerhorst Erding vorerst zurück. Ende 2025 soll jetzt der Verkauf nach aktuellem Stand über die Bühne gehen.
Immerhin laufen die Verkaufsgespräche weiter. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), die Stadt Erding, der Freistaat Bayern und die Bundeswehr „befinden sich weiterhin im Dialog über die Konversion des Fliegerhorst Erding“, schreibt die Bima auf Nachfrage. Voraussetzung eines Verkaufs von Flächen sei „die Aufgabe der militärischen Nutzung durch die Bundeswehr und dass darüber hinaus kein weiterer Bedarf des Bundes an diesen Flächen besteht“. Oberbürgermeister Gotz sprach zuletzt von einer gewissen „Unsicherheit“, die Stadt befinde sich weiter „in Wartestellung“.


Trotzdem plant Erding weiter an dem neuen Stadtteil. Den städtebaulichen Wettbewerb für ein 190 Hektar großes Areal hatte 2021 das Büro Hähnig Gemmeke aus Tübingen gewonnen. Geplant wird ein Viertel für über 6000 Bewohner und Bewohnerinnen. Zudem sind 2000 Arbeitsplätze anvisiert. Das Gelände soll einmal durchzogen sein von einem autofreien zentralen Bereich, einem „Boulevard“, während der motorisierte Verkehr von außen abgefangen wird. Es sind Kitas und Schulen geplant. Am Gelände wird neue Bahnhof Erding gebaut als Knotenpunkt für S-Bahn- und Regionalbahnverkehr. Wie schnell das geschehen wird, hängt allerdings wiederum von der Deutschen Bahn ab.
Pläne hat auch die Regierung von Oberbayern für einen Teil des Fliegerhorstgeländes. Sie will dort eine sogenannte Anker-Einrichtung, eine Erstaufnahmestelle für Geflüchtete, einrichten. Das wurde im Oktober vergangenen Jahres bekannt. Etwa 500 Personen sollen in Gebäuden im südwestlichen Bereich des Fliegerhorsts untergebracht werden. Geschehen ist bislang nichts. Die Verhandlungen mit dem Bund laufen, war zuletzt zu hören.
Am Fliegerhorst Erding waren einst mehr als 5000 Soldaten stationiert. Nachdem 2011 die Schließung des Standorts beschlossen worden war, wurde eine Dienststelle nach der anderen geschlossen. Inzwischen fühlen sich Rehe und Hasen auf den weitläufigen Wiesen wohl. Im Laufe der Jahre haben manche Gebäude sehr gelitten, während andere, wie die sechs Mannschaftsunterkünfte, robust dastehen. Die Stadt will weitere Gebäude im Bestand halten. Unter anderem die 1948 von der US Airforce errichtete Fliegerhorstkirche. Es gibt Pläne, die an Silvester 2024 entwidmete „Chapel“ als Kulturraum zu nutzen.