Regierungsbildung: Mehrere Union-Politiker fordern stärkere Mitgliederbeteiligung | ABC-Z

Wegen der zunehmenden Unzufriedenheit innerhalb der Union mit den bisherigen Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen mit der SPD kommen aus der CDU erste Forderungen nach einer stärkeren Mitgliederbeteiligung. Die baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Inge Gräßle forderte im Tagesspiegel, dass die Partei nach dem Vorbild der SPD ihre Mitglieder über einen Koalitionsvertrag befragen solle. Da “Mitgliedervoten inzwischen Teil der Verhandlungs- und Druckstrategie der SPD gegen uns sind”, sei sie “unbedingt dafür, das auch zu machen”.
Obwohl es die Koalitionsbildung verkompliziere, würde die Befragung aus ihrer Sicht in einer für die Partei schwierigen Phase “innerparteilich befrieden”, sagte Gräßle. “Es ist an der Zeit, demokratische Prozesse zu leben, statt präsidiales Vorgehen zu pflegen.”
Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) erteilte der Forderung eine Absage. “Die Satzungslage ist sehr klar, nämlich dass ein kleiner Parteitag über das Ergebnis des Koalitionsvertrages entscheidet”, sagte Frei vor einer weiteren Runde der Koalitionsverhandlungen. Er ergänzte: “Und das werden wir so auch handhaben.”
Die SPD hatte entschieden, über einen möglichen Koalitionsvertrag ihre Mitglieder zu befragen – wie bereits Anfang 2018 vor der großen Koalition unter der Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Im Zuge der Sondierungs- und Koalitionsgespräche mit der SPD war in CDU und CSU teils erheblicher Unmut aufgekommen, weil einige Mitglieder die Positionen der Union nicht ausreichend wiedergefunden haben. Zudem kämpft die Union seit einigen Wochen mit einem Umfragetief und liegt in einigen Erhebungen nun gleichauf mit der AfD.
“Wenn der Koalitionsvertrag steht, muss die CDU-Basis dazu gehört werden”
In Brandenburg hat die CDU bereits Erfahrung mit einer Mitgliederbefragung. Ende 2019 hatten die Mitglieder für eine Koalition mit SPD und Grünen gestimmt. Brandenburger CDU-Landeschef Jan Redmann habe mit einem solchen Votum “gute Erfahrungen gemacht”. Auch er forderte eine starke Mitgliederbeteiligung. “Wenn der Koalitionsvertrag steht, muss die CDU-Basis dazu gehört werden”, sagte er ebenfalls dem Tagesspiegel. “Das können Diskussionsveranstaltungen sein. Ich bin auch für eine Mitgliederbefragung offen.”
Der Chef der Jugendorganisation Junge Union, Johannes Winkel, hatte seine Zustimmung zum Koalitionsvertrag von dessen Inhalten abhängig gemacht. “Die CDU darf keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, ohne dass ein Politikwechsel kommt”, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Viele Mitglieder des Bundesausschusses würden “nur zustimmen, wenn vor allem bei den Themen Migration und wirtschaftlicher Aufschwung etwas Substanzielles erreicht wird”, sagte Winkel.
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