Viele ETF-Anleger lernen jetzt eine bittere Lektion | ABC-Z

Die „René will Rendite“-Kolumne: Viele ETF-Anleger lernen jetzt eine bittere Lektion
Freitag, 07.03.2025, 15:34
Die Märkte in Europa gehen seit Jahresanfang steil nach oben. Viele ETF-Anleger haben davon jedoch nichts: Sie haben in den MSCI World investiert, wo Europa kaum eine Rolle spielt.
Der MSCI World zählt zu den Standard-Empfehlungen, wenn es um die langfristige Geldanlage geht. Kostengünstig lässt sich mit einem ETF auf diesen Index breit gestreut in die Industrieländer in Asien, Europa und Amerika investieren. Die Rendite der vergangenen Jahre sprach auch für MSCI World: 2024 lag das Plus bei knapp 19,2 Prozent, das Jahr davor sogar bei über 24 Prozent. Im Schnitt der vergangenen zehn Jahre waren es 10,4 Prozent.
Die Tücken der Konstruktion des MSCI World
Doch seit einigen Monaten läuft es nicht mehr so rund: Der Index hat seit Jahresanfang knapp fünf Prozent verloren. Was den MSCI World in den vergangenen Jahren so stark gemacht hat, verkehrt sich jetzt ins Gegenteil. Denn die Regionen im Index sind nicht gleichgewichtet. Maßgeblich für die Zusammensetzung ist allein die Marktkapitalisierung der Unternehmen. Nur die Größten schaffen es in die Auswahl.
Über den Finanz-Experten Clemens Schömann-Finck
Clemens Schömann-Finck ist Finanz-Experte und steht hinter dem Youtube-Kanal „René will Rendite“. In seiner Kolumne bei FOCUS online beleuchtet er aktuelle Themen rund um Börse und Geldanlage. Abonnieren Sie hier seinen Newsletter für mehr Finanz-Infos.
Und hier waren es vor allem die Unternehmen aus den USA, die in den vergangenen Jahren im Zuge des Tech-Booms immer größer geworden sind. Die Top-Ten-Platzierungen im MSCI World werden allesamt von US-Unternehmen besetzt. Insgesamt machen die USA rund 73 Prozent des Welt-Index aus.
Die ETF-Anleger profitierten von der hohen Gewichtung. Sie war eher von Vorteil. Denn die USA performten die übrigen Regionen deutlich aus, wie der Vergleich zwischen MSCI Europe und MSCI North America zeigt.
Doch nun zeigt sich der Nachteil der Konstruktion des MSCI World. Der Börsenaufschwung in den USA ist zum Stillstand gekommen, die Euphorie nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten verflogen. Mehr und mehr realisieren die Investoren, welche Folgen seine Zollpolitik und sein harter Sparkurs in den Behörden hat. Erste Daten zur Wirtschaftsentwicklung wecken Zweifel, ob die Konjunktur weiter so stark laufen wird wie in den vergangenen Jahren. Die Folge: US-Aktien werden verkauft. Der S&P 500 steht inzwischen tiefer als zum Zeitpunkt von Trumps Wahlsieg.
Aktien aus Europa sind begehrt
Anders sieht es dagegen in Europa aus. Die Aussicht auf das deutsche Investitionsprogramm hat gerade den deutschen Aktien einen massiven Schub gegeben. Schon davor hatte die günstige Bewertung europäischer Aktien die Investoren angelockt. Seit Jahresanfang ging es für den MSCI Europe um fast neun Prozent nach oben.
Da Europa im MSCI World aber fast keine Rolle spielt, kriegen die Anleger hier kaum etwas davon mit. Die schlechte Performance der US-Aktien (die gelbe Linie im Chart) überstrahlt alles. Die gute Börsenentwicklung in Europa (hellblau) dämpft die Verluste im MSCI World (dunkelblau) nur ab.
Was Anleger jetzt tun können
Anleger, die schon im MSCI World investiert sind, haben nun verschiedene Optionen, um darauf zu reagieren. Die eine ist, das Untergewicht Europas durch die Hinzunahme eines weiteren ETFs auszugleichen. Dafür bieten sich zum Beispiel als Basisindex der MSCI Europe an oder der Stoxx Europe 600. Hier gibt es ein breites Angebot an passenden ETFs, zum Beispiel den iShares Core MSCI Europe (ISIN IE00B4K48X80) oder den Amundi Stoxx Europe 600 (ISIN LU0908500753). Als Gewichtung bieten sich ungefähr 20 Prozent an. Zusammen mit dem Europa-Anteil im MSCI World kommt man dann auf gut 30 Prozent. Das entspricht etwa dem Anteil Europas an der Weltwirtschaft.
Eine Alternative wäre, einen ETF auf den Index MSCI World ex USA hinzunehmen. Hier sind nicht nur mit knapp 60 Prozent die Länder Europas enthalten, sondern auch zum Beispiel Japan und Kanada. Dagegen fehlen die US-Aktien. Angeboten wird der ETF etwa von Xtrackers (ISIN IE0006WW1TQ4). Hier bietet sich ein Anteil von 40 Prozent an. Auch so ergibt sich am Ende im Gesamtdepot bei zwei ETFs eine Gewichtung von gut einem Drittel für europäische Aktien.
Durch eine Einmalinvestitionen lässt mit diesen ETFs schnell ein Gegengewicht zum MSCI World aufbauen. Etwas langsamer geht über Sparpläne: Hier kann man die die monatlichen Zahlungen auf den MSCI World solange umschichten, bis die gewünschte Gewichtung erreicht ist. Danach teilt man die vorgesehene Summe auf beide ETFs auf.
Motto „Mal gewinnt man, mal verliert man“
Die einfachste – und vielleicht sogar schwierigste – ist es, das schlechte Abschneiden einfach hinzunehmen getreu dem Motto „Mal gewinnt man, mal verliert man“. In den vergangenen zehn Jahren fuhren Anleger mit der Konstruktion des MSCI World sehr gut. Aus 10.000 Euro investiert in den MSCI World wären bis heute rund 26.800 Euro geworden. Die gleiche Summe im Verhältnis 80:20 zwischen MSCI World und MSCI Europe aufgeteilt, hätte 25.100 Euro ergeben, das sind 6,3 Prozent weniger. Jetzt läuft es halt mal nicht so gut.
Und wer weiß schon, wie lange das Hoch der europäischen Aktien anhält. Trump hat ja nicht nur Zölle angekündigt, sondern auch Deregulierung und sinkende Steuern. Das wiederum könnte den US-Unternehmen helfen. Und falls nicht: Der MSCI World ist so konstruiert, dass er regelmäßig an sich ändernde Verhältnisse angepasst wird. Sollte also die Outperformance Europas anhalten, wird es sich auch im MSCI World zeigen.
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