Die Börsen brechen weltweit ein – Wirtschaft | ABC-Z

Die Aktienkurse sind am Donnerstag früh nach der Zoll-Offensive von US-Präsident Donald Trump weltweit abgestürzt. Der Deutsche Aktienindex (Dax) eröffnete mit 1,5 Prozent im Minus. Zuvor war schon der japanische Nikkei-Index um 2,8 Prozent eingebrochen. Die Finanzmärkte gehen davon aus, dass die von Trump angekündigten Strafzölle für US-Importe aus fast allen Ländern der Weltwirtschaft massiv schaden und die Gewinne der Unternehmen drücken werden.
Bezeichnenderweise erstrecken sich die Verluste auch auf die US-Börse, wie sogenannte Indikationen vermuten lassen. Die Wall Street öffnet zwar erst um 15.30 Uhr deutscher Zeit, doch es gibt bereits aufgelaufene Verkaufsaufträge von Investoren, aus denen sich errechnen lässt, wie sich die Kurse später entwickeln werden. Demnach verbucht der maßgebliche US-Aktienindex S&P 500 ein Minus von 3,1 Prozent, bei der Technologiebörse Nasdaq sind es sogar 3,5 Prozent.
Die Finanzmärkte gehen davon aus, dass der von Trump angezettelte Handelskrieg auch den US-Unternehmen schaden wird – anders als eine Sprecherin des Weißen Hauses, die sagte, man sei dabei, „das goldene Zeitalter Amerikas wiederherzustellen“. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sagte: „Insgesamt ist dies ein wirtschaftspolitischer Mix, der viele Verlierer sehen wird. Insbesondere in den USA“. Er rief die US-Regierung dazu auf, die Tür für Gespräche offenzuhalten.
Ökonomen warnten vor erheblichen Schäden für die deutsche Wirtschaft. „Auch Europa und insbesondere das exportstarke Deutschland sind von diesen Zöllen betroffen“, sagte der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach. Studien gingen davon aus, dass die Exporte aus Deutschland in die USA um etwa 20 Prozent einbrechen dürften. „Das Bruttoinlandsprodukt wird um bis zu 0,5 Prozent sinken“, sagte Wambach.
Für Bundesbank-Präsident Nagel gefährden Trumps Zölle die globale ökonomische Stabilität. Sie brächten die Weltwirtschaft auf den falschen Kurs. „Falsch, weil im Ergebnis der Wohlstand aller angegriffen wird“, sagte Nagel. Das globale Wirtschaftswachstum werde zurückgehen, die Preise würden steigen. „Insgesamt wird der Grad der Verunsicherung der Wirtschaftsakteure zunehmen.“ Aus Sicht des Bundesbank-Präsidenten ist das keine gute Umgebung für die Entwicklung an den Finanzmärkten.
„Ein bitterer Tag für die Weltwirtschaft“
Das Münchner Ifo-Institut sprach von einem „bitteren Tag für die Weltwirtschaft“. Handelsexpertin Lisandra Flach sagte: „Das, was wir gesehen haben, hat nichts mit Reziprozität zu tun. Die Zolldifferenz zwischen den USA und der EU beträgt durchschnittlich nur 0,5 Prozentpunkte – im Vergleich zu der angekündigten Zollerhöhung von 20 Prozent.“ Die geplante Zollerhöhung markiere „einen Wendepunkt für die Weltwirtschaft und gefährdet damit fast 80 Jahre des Multilateralismus“, sagt Flach. Für die deutsche Wirtschaft erwartet sie als Folge „zunächst einen dauerhaften Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent“, wobei einige Schlüsselbranchen wie Pharma, Auto und Maschinenbau stärker betroffen seien.
Im Dax verbuchte der Sportartikelhersteller Adidas mit einem Minus von 10,7 Prozent die größten Verluste. Es folgten Commerzbank (minus 5,9 Prozent), Deutsche Bank (minus 4,9 Prozent), Deutsche Post (4,9 Prozent) und Siemens (minus 3,9 Prozent). Bei den Automobilherstellern BMW, Mercedes und VW hielten sich die Verluste dagegen in Grenzen. Ihre Aktienkurse waren allerdings schon in den vergangenen Wochen stark gefallen.
„Der deutsche Handel leidet gleich dreifach: Erstens, weil Deutschland weniger in die USA exportiert. Zweitens, weil Deutschland aufgrund der geringeren Wettbewerbsfähigkeit Chinas weniger nach China exportiert“, sagte Ifo-Expertin Flach. „Und drittens durch einen Anstieg im Wettbewerb in Deutschland, wenn beispielsweise China nach neuen Märkten sucht, um die zuvor in die USA exportierten Produkte zu verkaufen.“
Auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer rechnet mit erheblichen Auswirkungen durch die neuen Zölle. „Das ist ein schlechter Tag für das Exportland Deutschland“, sagte der Ökonom. Die Zollsätze auf deutsche Exporte in die USA dürften verglichen mit der Zeit vor Trumps zweiter Präsidentschaft durchschnittlich fast um 20 Prozentpunkte steigen. „Das wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt über zwei Jahre insgesamt um schätzungsweise ein halbes Prozent senken“, betonte Krämer. Er gehe jedoch davon aus, dass der Zollanstieg im Rahmen von Nachverhandlungen der EU am Ende niedriger ausfallen werde.