Täter war ausreisepflichtig – und wollte Deutschland verlassen | ABC-Z
Aschaffenburg/Berlin. Der Messerangriff auf eine Gruppe Kinder hat Aschaffenburg erschüttert. Der Tatverdächtige ist festgenommen, viele Fragen sind noch offen.
Ein 28-Jähriger ist tatverdächtig, am Mittwochvormittag gegen 11.45 Uhr in einem Park in Aschaffenburg (Bayern) mit einem Küchenmesser auf mehrere Kindergartenkinder eingestochen zu haben. Zwölf Minuten nach der Tat nahm die Polizei den Tatverdächtigen fest, so Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU). Was ist über die Tat und den Täter bekannt? Und was nicht? Der Überblick.
Wer sind die Opfer?
Ein zweijähriger Junge marokkanischer Abstammung stirbt bei der Attacke. Zudem wurde ein 41-jähriger Deutscher tödlich verletzt. „Wir gehen gegenwärtig davon aus, dass dieser Mann zum Schutz der anderen Kinder mutig eingeschritten ist, sich gegen den Täter gewandt hat und dann von diesem Täter selbst tödlich verletzt wurde“, sagte Herrmann.
Ein zweijähriges Mädchen aus Syrien und ein 72-jähriger Deutscher werden schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht, wie das Polizeipräsidium Unterfranken und die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg mitteilten. Eine 59-jährige Erzieherin verletzt sich bei ihrer Flucht. Die Verletzten sind nach Aussage der bayrischen Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) nicht mehr in Lebensgefahr.
Wer ist der mutmaßliche Täter?
Es handelt sich um einen 28-jährigen Mann aus Afghanistan, der Mitte November 2022 nach Deutschland eingereist war, teilte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) mit.
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Was war sein Aufenthaltsstatus?
Der mutmaßliche Täter war Informationen unserer Redaktion zufolge als Asylsuchender in der EU als Erstes in Bulgarien registriert. Am 19. November 2022 kam er nach Deutschland. Ein sogenanntes Dublin-Verfahren zur Überstellung des Afghanen aus Deutschland nach Bulgarien scheiterte.
Der Mann habe Anfang 2023 Asyl beantragt. Das Asyl-Verfahren sei aber am 11. Dezember 2024 eingestellt worden, nachdem der 28-Jährige selbst am sieben Tage zuvor gegenüber den Behörden schriftlich angekündigt habe, nach Afghanistan ausreisen zu wollen.
Laut Herrmann gab er dabei an, beim afghanischen Generalkonsulat die nötigen Papiere besorgen zu wollen. Daraufhin sei er vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zur Ausreise aufgefordert worden. Ausgereist sei er vor der Tat aber nicht.
War der Verdächtige zuvor auffällig?
Der Afghane war den derzeitigen Erkenntnissen zufolge während der etwas mehr als zwei Jahre in Deutschland dreimal wegen Gewalttaten aufgefallen und auch schon mehrmals zur psychiatrischen Behandlung in Kliniken eingewiesen worden. Das Amtsgericht habe am 9. Dezember gesetzliche Betreuung durch eine „gerichtlich bestellte Betreuerin“ angeordnet, so der bayrische Innenminister.
Was war das Motiv? War es ein Terroranschlag?
Es gibt bisher keine Hinweise auf ein islamistisches Motiv. „Im Moment geht die Mutmaßung sehr stark in Richtung seiner offensichtlich psychischen Erkrankungen“, sagt CSU-Politiker Hermann am Mittwochabend in Aschaffenburg. In der Unterkunft des Afghanen seien entsprechende Medikamente gefunden worden. Als Extremist war der Tatverdächtige nach Informationen aus Sicherheitskreisen nicht bekannt. Auch Polizei und Staatsanwaltschaft teilten mit, dass es bislang keine Hinweise auf eine radikale Gesinnung des Mannes gebe.
Wo ist der Tatverdächtige jetzt?
Der 28-Jährige befindet sich in Polizeigewahrsam und soll voraussichtlich am Donnerstag einem Haftrichter vorgeführt werden. Ob er gewillt ist, sich dort zu seinen Gründen für die Attacke zu äußern, ist ungewiss. Auch die Frage nach seiner Schuldfähigkeit zur Tatzeit dürfte die Ermittler beschäftigen.
Wie reagiert die Politik?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Chefs des Verfassungsschutzes, des Bundeskriminalamts und der Bundespolizei ins Kanzleramt beordert. „Nach der furchtbaren Tat in Aschaffenburg habe ich mich heute Abend direkt nach meiner Rückkehr aus Paris mit den Chefs der Sicherheitsbehörden und Bundesinnenministerin Faeser getroffen. Wir werden diesen Fall schnell aufklären und die nötigen Konsequenzen ziehen. Jetzt“, schrieb Scholz auf X. Scholz war kurz vor 19 Uhr von einer Paris-Reise nach Berlin zurückgekehrt.
Der Kanzler hatte unmittelbar nach Bekanntwerden der Tat Aufklärung von den Behörden gefordert, warum der Täter noch in Deutschland war. „Ich bin es leid, wenn sich alle paar Wochen solche Gewalttaten bei uns zutragen“, sagte er.
CDU-Chef Friedrich Merz forderte „politische klare Antworten“. „Wir werden darüber sprechen müssen, sobald die Umstände dieser schrecklichen Tat aufgeklärt sind“, sagte der Kanzlerkandidat der Union.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte schnellstmöglich ein Treffen der Innenminister von Bund und Ländern. „Die Politik muss darauf reagieren. Die Innenminister von Bund und Ländern müssen so schnell wie möglich zu einer Sonderkonferenz zusammenkommen“, sagte Dürr dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
mein mit dpa/epd