Was Hochleistungssportler und Schwerkranke gemein haben |ABC-Z

Anfang des Monats war ich bei einem Freund zum 60. Geburtstag eingeladen. Er ist unter anderem als Sportwissenschaftler im Olympiastützpunkt Rheinland in Köln tätig. Dementsprechend waren nicht nur Freizeitsportler wie ich zugegen, sondern es kamen auch ziemlich viele Olympioniken, deutsche Meister und Europameister zur Feier zusammen.
Trotz verschärften Baucheinziehens fühlte ich doch schon rasch nach Beginn des Festes, dass die Athleten körperlich etwas fitter waren als ich – und damit untertreibe ich nur leicht.
Nach einigen Stunden, ich muss es zugeben, war mein Ego ziemlich auf null. In dieser Situation kam ich mit einer Sportlerin ins Gespräch und unterhielt mich bestens mit ihr über dies und das. Sie hatte an mehreren Olympischen Spielen teilgenommen.
Der lange Weg zu den olympischen Spielen
Nach dem Gespräch kam mein Freund, der Jubilar, zu mir und fragte mich, ob ich die Geschichte der Olympionikin kennen würde. Da ich verneinen musste, erzählte er sie mir im Schnelldurchgang. Mein Freund berichtete, bei der ersten Olympiateilnahme habe die Sportlerin in der ersten Runde gegen ihre Angstgegnerin kämpfen müssen und sei ausgeschieden. Was für eine Enttäuschung bei gerade diesem Kräftemessen! Die Teilnahme an Olympischen Spielen ist ja für fast alle Sportler der große Traum, der in Erfüllung gehen soll, und somit Antrieb, sich jeden Tag im Training zu schinden.
Bei der zweiten Olympiateilnahme vier Jahre später loste die Schicksalsgöttin ihr erneut diese Gegnerin in der ersten Runde zu – und sie schied wieder aus. Vor den nächsten Olympischen Spielen dann stellten einige Entscheider in ihrem Verband ihre Leistung infrage und wollten sie nicht abermals nominieren. Doch sie gab nicht auf. Allen Widerständen zum Trotz kämpfte sie sich wieder an die Weltspitze zurück und nahm an ihren dritten Olympischen Spielen teil.
Manchmal sind „Nichtsieger“ inspirierender als Sieger. Menschen, die trotz Widrigkeiten nicht aufgegeben, die bereit sind, an ihre Grenzen zu gehen – und manchmal darüber hinaus. Das lehrt sie der Sport.
Aber man muss kein Hochleistungssportler sein, um mich zu inspirieren. Auch Patienten können das.
Eine schwere Krankheit kommt selten allein
Vor einiger Zeit hatte ich einen Patienten wegen Angina Pectoris zum Herzkatheter geschickt. Im Rahmen der Routineuntersuchungen im Krankenhaus wurde zusätzlich eine Veränderung in der Lunge entdeckt. Es war leider tatsächlich ein Bronchialkarzinom.
Trotz dieser niederschmetternden Diagnose nahm mein Patient den Kampf auf. Und nicht nur den gegen den Krebs. Er hatte ja auch wirklich eine Herzkranzerkrankung und musste deswegen einige Stents bekommen. Sie konnten erfolgreich in die Herzkranzgefäße gelegt werden.
Der nächste Eingriff war größer: Der Mann musste sich einer Lungen-OP unterziehen. Im Anschluss folgten mehrere Chemotherapien. Nach einigen Jahren kam der Krebs zurück, doch mein Patient nahm den Kampf wieder auf – allen Widrigkeiten zum Trotz.
Mittlerweile ist das schon vier Jahre her, und er hat nicht aufgegeben.
Entscheidend ist, dass er trotz der Schwierigkeiten weiter gekämpft hat. Diese Widerstandskraft nennt sich Resilienz.
Ich finde, Menschen, die trotz Schwierigkeiten nicht aufgeben, können ein Vorbild für uns alle sein. Sogar wenn die Situation hoffnungslos erscheinen mag, ist es wichtig, aufzustehen und sein Bestes zu geben. Für sich und für alle Menschen um einen herum.
Ihnen, liebe Leser, wünsche ich von Herzen eine Woche mit hoffentlich etwas Sonne! Und mit ganz viel Resilienz! Ihr Landarzt