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SZ-Serie Mahlzeit: Der Gast fühlt sich wie Zuhause – Landkreis München | ABC-Z

12.30 Uhr an einem Mittwoch. Alle Tische sind besetzt in dem kleinen Lokal in der Grünwalder Rathausstraße 6 und nirgendwo scheint Aufbruchstimmung auszubrechen. In dem kleinen Vorraum bietet sich einiges, um sich die Wartezeit zu verkürzen. Bauchige Glasbehälter stehen auf einem Regal, die farbige Flüssigkeiten enthalten. Tiefroter Himbeeressig, orange-gelber Aprikosen-Aperitif, hellbrauner Willi, gelb-brauner Grappa di Nebbiolo Riserva. An jedem Gefäß befindet sich ein Schlauch mit Verschluss, durch den man eine Probe entnehmen oder gleich in die ebenfalls bereitstehenden kleinen Flaschen füllen kann. Auch exotische Gewürzmischungen finden sich auf dem Regal.

Bevor man nun aber ganz vergisst, weshalb man hier ist, wird man von Tanja Stephani entdeckt. „Sie können sich gerne an einem Tisch dazu setzen“, sagt sie. „Das ist hier üblich!“ Also landet man bei Werner und Werner, zwei Senioren und eingefleischte Stammgäste schon in der Zeit, als „Mittagessen dahoam“ noch „Stephanis Feinkost“ hieß. Als die Stephanis Anfang 2023 beschlossen, das Lokal zu schließen und den Mietvertrag kündigten, waren nicht nur die beiden Werners entsetzt. „Ihr könnt doch nicht zumachen“, sagten sie. „Das ist doch hier wie Mittagessen dahoam!“ Damit war schon mal der neue Name geboren, obwohl dann eine siebenmonatige Pause entstand.

Als die Gemeinde, der das Haus gehört, beschloss es zu renovieren, überlegten es sich die Stephanis – Mutter Hildegard und Tochter Tanja – noch einmal anders und erhielten erneut den Zuschlag. Seit Februar 2024 stehen sie nun wieder in der zwar kleinen, aber nun renovierten Küche und bieten eine reichliche Auswahl an Gerichten auf ihrer Wochenkarte, pro Tag stehen vier bis fünf unterschiedliche darauf. Einer der Werners empfiehlt sogleich die orientalische Linsensuppe, die es wie alles hier in zwei Größen gibt. „Einmal für die Senioren und einmal für die hungrigen Handwerker“, erklären die Stephanis schmunzelnd. Außerdem stehen rote Beete, Birne, Rucola und Hirtenkäse auf der Tageskarte – ebenso Schweinebraten vom Strohschwein mit Kartoffelknödel, Schnitzel und Cordon bleu. Von den Preisen schwärmen die Werners ebenso wie vom Geschmack der Gerichte. Schweinebraten für zwölf Euro – die große Portion wohlgemerkt – das finde man in keinem anderen Lokal mehr, sagen sie.

Mutter und Tochter kochen gemeinsam und entwickeln auch die Ideen. „Ich schau immer wieder ins Internet für Rezepte“, sagt Tanja. Zum Glück arbeitet ihr Mann Thomas bei einem Gemüsebauern, sodass diese Lieferungen schon mal regional und frisch sind. Die Eier kommen von frei laufenden Hühnern von Verwandten in Dietramszell, Fleisch aus dem Großmarkt. Bis 14 Uhr ist das kleine Lokal mit drei Sechs-Personen-Tischen und einem kleinen Tisch für Zwei geöffnet. Dann wird die Küche geputzt und wenn die beiden Köchinnen Glück haben, können sie noch ein Lieblingsgericht für sich und ihre Familie mit nach Hause nehmen. „Heute haben wir mal wieder Pech gehabt“, sagt Hildegard lächelnd. „Der Strohschwein-Braten ist komplett ausverkauft.“ Denn nicht nur die Besucher an den Tischen haben mitgegessen. „90 Prozent unserer Essen werden abgeholt“, sagt Hildegard Stephani. Das frisch gekochte Mittagessen gibt’s dann eben dahoam. Oder im Büro oder einer der Arztpraxen rundherum. Man kann übrigens auch Wünsche äußern. Die vier Hausmeister, die heute am mittleren Tisch sitzen, haben für nächsten Mittwoch Gulasch mit Knödel und Rahmschwammerl bestellt.

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