SZ-Kolumne Ham Ham Hemminger: Gastfreundschaft am Ätna – Starnberg | ABC-Z
Die Kinder sind sauer. Warum sagt ihr immer, dass ihr euch mit Sizilien schwertut, fragen sie und vertilgen ein Schokoladeneis in der Dezembersonne. Und sie haben so recht.
Wir haben die Gegend von Palermo verlassen und wohnen jetzt in einem Palmento, einer umgebauten alten Weinpresse, mit Blick auf den Ätna. Schneebedeckt liegt der Vulkan vor uns und raucht vor sich hin. Der Ätna hat Bauchschmerzen, sagen die Einheimischen. Es ist gut, wenn er Dampf ablässt.
In den vergangenen Jahren war er ständig aktiv, erzählt unsere Gastgeberin Wendy und zeigt Fotos von glühender Lava, die austritt. Wendy und ihr Mann Paul kommen aus Deutschland und leben die meiste Zeit hier. Sie kennen jeden im Dorf Gaggi und begleiten uns bei den ersten Einkäufen. Sie wissen, wo es den besten Kaffee gibt und hausgemachte Cornetti. Der Fischhändler hat Calamar und Oktopus in verschiedenen Größen. Der Gemüsehändler packt Zucchiniblüten, roten Cavolfiori (Blumenkohl), sowie Artischocken in unseren Korb und legt stöhnend die Hand auf den Bauch. Er könne nun wirklich nichts mehr essen, lacht er. Doch gleich gibt es das nächste Familienmahl – die Sizilianer essen von Weihnachten bis Neujahr durch.
An Silvester laden uns Wendy und Paul mittags zum Essen ein. Sie wohnen gleich nebenan, hinter Mandarinen- und Zitronenbäumen.
Die Kinder und ich helfen bei den Vorbereitungen. In der Außenküche schneidet Josefine die letzten Tomaten aus dem Garten klein, ich hacke Kräuter, und Jakob viertelt Mozzarella. Damit füllen wir vorsichtig die Zucchiniblüten. Wendy blanchiert das Wildgemüse. Das wächst überall in den Bergen. Die Frauen des Dorfes gehen oft mit großen Körben zum Sammeln und verkaufen es dann. Paul wirft den Grill an. Die Salsicce sind vom Dorfmetzger. Die beiden Hunde Anna und Caruso haben das sofort gerochen und kommen angeschossen. Doch sie müssen sich noch gedulden.
Der große Holztisch ist gedeckt, wir beginnen mit sizilianischem Salat, süßen Zitronen vom Baum, Orangenzesten, dazwischen Fenchel aus dem Garten und eigenes Olivenöl. Patrick hat Brot gebacken, wir bestreichen es mit Ziegenricotta und belegen es mit eingelegten Tomaten. Das Wildgemüse schmeckt herb, die Salsicce genau richtig würzig. Dazu gibt es Aranciata für die Kinder und tiefroten Wein vom Ätna für die Erwachsenen. Die Sonne wärmt, der Vulkan raucht. Wie konnten wir jemals an Sizilien zweifeln?
Um Mitternacht treffen wir uns wieder. Paul öffnet Champagner, Wendy bringt Wunderkerzen mit. Die stecken wir in Mandarinen. Immer wenn die Funken die Früchte erreichen, fangen die Mandarinen von innen an zu leuchten. Besser kann 2025 nicht beginnen, da sind wir uns alle einig.
Kantinenessen, Hortpampe, Alltagsbrei – Familie Hemminger aus Bernried hat es satt und bricht auf. Das Ziel: Das beste Essen in Europa finden. Was sie dabei erlebt, erzählt die Familie an dieser Stelle in der wöchentlichen Kolumne „Ham Ham Hemminger“. Mehr Informationen gibt es im Blog www.travelandtaste.world und im Podcast „Bock auf Regional – Reise durch Europa“. Alle weiteren Folgen der Kolumne gibt es hier.