Syrien: Faeser hält Rückkehrforderungen an syrische Geflüchtete für “unseriös” | ABC-Z
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnt vor Spekulationen über eine Rückkehr syrischer Flüchtlinge in deren Heimat. Viele hätten in Deutschland “jetzt endlich wieder eine Hoffnung auf eine Rückkehr in
ihre syrische Heimat und auf den Wiederaufbau ihres Landes”, sagte Faeser. Wie genau und in welchem Umfang das geschehen könne, sei aber noch unklar. Daher sei es “unseriös, in einer so volatilen
Lage darüber zu spekulieren”.
Damit trat die Innenministerin Forderungen aus der Union und der AfD nach einer schnellen Rückkehr der fast einer Million syrischen Geflüchteten entgegen. “Wer in Deutschland das freie Syrien feiert, bei dem liegt
augenscheinlich kein Fluchtgrund mehr vor. Er sollte umgehend nach
Syrien zurückkehren”, hatte etwa AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel auf dem Kurznachrichtendienst X gefordert. Sollte sich die Lage stabilisieren, erwartet auch die Union, “dass die
Menschen, die in Deutschland vorübergehend Schutz gefunden haben, in
ihre Heimat zurückkehren”, sagte CDU-Parlamentsgeschäftsführer
Thorsten Frei (CDU). Unionsfraktionsvize Jens Spahn forderte bereits Charterflüge und ein Startgeld von 1.000 Euro für rückkehrende Geflüchtete.
Außenministerium hält Lage für “zu dynamisch”
Faeser will syrische Asylverfahren vorerst ausgesetzt lassen, “bis die Lage klarer ist”. Um konkrete Rückführungen durchzuführen, sei die Lage in Syrien derzeit noch “viel zu
dynamisch”, sagte auch ein
Sprecher des Auswärtigen Amts. Die Behörde erstellt regelmäßig für die wichtigsten
Herkunftsländer von Schutzsuchenden Lageberichte über die asyl- und
abschiebungsrelevante Situation im jeweiligen Land. Man werde den Asyllagebericht zu Syrien aktualisieren, “sobald sich der Staub ein wenig
legt”.
Basis für alle Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ist die außenpolitische Einschätzung des Außenministeriums. Ein Sprecher sagte, dass es dem aktuellen Asyllagebericht zufolge, “in ganz Syrien immer wieder zu Kämpfen kommt und dass die Situation in Syrien alles andere als stabil ist”. An dieser Einschätzung habe sich einstweilen nichts geändert.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte bereits vor zu schnellen Schlussfolgerungen zur sicherheitspolitischen Lage in Syrien. “Niemand kann an diesem Tag vorhersehen und auch in den nächsten Tagen
nicht vorhersehen, wie das in Syrien weitergeht, was es
sicherheitspolitisch bedeutet”, sagte die Grünen-Politikerin. Wer die aktuelle Situation in Syrien “für parteipolitische Zwecke zu missbrauchen” versuche, habe “den absoluten Bezug zur Realität im Nahen Osten verloren”.
Positive Asylbescheide können revidiert werden
An dieser Einschätzung “hängt die weitere Bewertung des Schutzstatus der in Deutschland lebenden anerkannten syrischen Flüchtlinge von der weiteren Entwicklung in Syrien ab”, sagte Faeser. Sobald die Lage klarer sei, werde das Bamf “seine
Entscheidungspraxis an die neue Lage anpassen”.
Nach Angaben des
Bundesinnenministeriums befanden sich Ende Oktober 974.136
Menschen mit syrischer Staatsbürgerschaft in Deutschland. Bei mehr als
zwei Drittel der Menschen handelt es sich um Schutzsuchende. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums verwies darauf, dass der
bereits bewilligte Schutzstatus widerrufen werden könne,
wenn sich die Lage im Herkunftsland “dauerhaft” verbessert habe – “also
nicht nur kurzfristig”. Sie fügte hinzu: “Wir müssen uns darauf
verlassen können, dass diese Veränderungen von Dauer sind.”
Weitere Anträge werden aktuell nicht bearbeitet. Das Bamf stoppte wegen der neuen Lage in Syrien Entscheidungen
über syrische Asylverfahren auf unbestimmte Zeit vorläufig.