Supreme Court stoppt die Justiz: Donald Trump gewinnt “Lawfare”-Schlacht und ist mächtig wie nie | ABC-Z

Supreme Court stoppt die Richter
Trump gewinnt Justizschlacht – und ist mächtig wie nie
27.06.2025, 20:47 Uhr
Das Oberste Gericht der USA erlaubt Präsident Trump eine vorübergehende Aussetzung des Geburtsrechts auf Staatsbürgerschaft. Es weist zudem Bundesgerichte in enge Schranken – und macht den Weg frei für Trumps Dekrete. Mit weitreichenden Folgen.
Der Supreme Court hat die Macht von US-Präsident Donald Trump ausgeweitet und die der Justiz eingeschränkt. Bundesrichter können nun nur noch eingeschränkt die Dekrete des Weißen Hauses blockieren. Seit Januar wurden 40 der von ihm angeordneten Maßnahmen von Gerichten landesweit ausgesetzt, weil die Richter sie für unrechtmäßig hielten, gibt die Regierung an. Ab jetzt dürfen die Richter nur noch über den jeweiligen Einzelfall entscheiden, wenn jemand geklagt hat. Das Schlüsselurteil des Supreme Court ist ein enormer Erfolg für Trump, der seine Vorhaben nun wesentlich leichter umsetzen kann.
Die Entscheidung hat weitreichende Folgen für die aktuelle Regierung sowie das politische System in den USA. Der Supreme Court gibt dem Weißen Haus so noch mehr Macht und setzt engere Grenzen für Bundesrichter. Bislang konnten mindestens 700 einzelne Richter die Anordnungen des Präsidenten im ganzen Land für verfassungswidrig erklären, aussetzen oder verzögern. Durch die Entscheidung des Obersten Gerichts ist dies zukünftig wesentlich schwieriger.
Der Supreme Court sprach sein Urteil mit einer Mehrheit von 6 zu 3 – die konservativ orientierten Richter überstimmten die eher linksorientierten. Die drei widersprechenden Obersten Richterinnen warfen der Regierung “Spielchen” vor und kritisierten ihre konservativen Kollegen dafür, dass sie “beschämenderweise” mitmachten.
Die Richterin Sonya Sotomayor meinte, “eindeutig rechtswidrige Maßnahmen” der Regierung könnten kaum noch gestoppt werden. “Kein Recht ist mehr sicher”, kritisierte sie: “Heute ist die Staatsbürgerschaft durch Geburt bedroht. Morgen könnte eine andere Regierung versuchen, gesetzestreuen Bürgern ihre Schusswaffen wegzunehmen oder Menschen bestimmter Glaubensrichtungen daran zu hindern, sich zu treffen.”
Trump jubelt
Es sei eine “großartige Entscheidung”, sagte Trump bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz im Weißen Haus, ein “monumentaler Sieg”. In den vergangenen Monaten hätten “radikale linke Richter” versucht, sich über ihn zu stellen, was ein “kolossaler Machtmissbrauch” gewesen sei. Trump erwähnte, er werde nun seine weitreichende Agenda umsetzen können. Explizit erwähnte er die Kürzung von Bundesmitteln für sogenannte Zufluchtsstädte (sanctuary cities); also Städte, deren Behörden nur eingeschränkt oder gar nicht mit der Einwanderungsbehörde zusammenarbeiten. Trump hatte angekündigt, Millionen von Migranten abschieben zu wollen.
Oppositionelle Demokraten, Bürgerrechtsgruppen und Einzelpersonen stoppen oder verzögern seit Trumps Amtsantritt dessen Dekrete vor Gericht. Dies wird auch “Lawfare” genannt, in Anlehnung an “warfare”: Kriegsführung über die Justiz.
Anlass der jetzigen Entscheidung war Trumps Anordnung, das Geburtsrecht auf Staatsbürgerschaft einzuschränken, was Bundesrichter bislang blockierten. Im 14. Zusatzartikel zur US-Verfassung heißt es, dass Personen, die in den USA geboren werden, Bürger des Landes sind. Dies gilt bislang auch für Menschen ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung. Verhindern wollen Konservative und Trumps Regierung jedoch, dass Kinder von Migranten die Staatsbürgerschaft erhalten. “Es war für die Kinder von Sklaven gedacht”, kritisierte Trump, nicht für Migranten.
Das Recht auf die Staatsbürgerschaft per Geburt ist eines der Grundprinzipien der Vereinigten Staaten. Der Supreme Court erlaubt Trump durch sein Urteil, es vorerst und teilweise einschränken zu dürfen. In den 22 von Demokraten regierten Bundesstaaten, die dagegen geklagt haben, muss es in Kraft bleiben. In den anderen darf die Regierung demnach erst in 30 Tagen die Staatsbürgerschaft verweigern. Es ist unklar, ob es dazu kommen wird. Die Richter deuteten an, dass sie Trumps Dekret an sich für verfassungswidrig halten. Geurteilt haben sie darüber nicht. Justizministerin Pam Bondi sagte, das Weiße Haus erwarte eine Entscheidung des Supreme Court darüber ab Oktober.
Stärkerer Flip-Flop-Effekt
Klar ist schon jetzt: Durch das Urteil werden Anordnungen aus dem Weißen Haus deutlich wirkungsvoller, weil es schwieriger ist, sie über Gerichte zu stoppen, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen ist. Zwar können Bundesrichter weiterhin Regierungsmaßnahmen landesweit blockieren – aber nur, wenn nichts anderes die Kläger schützen würde.
Der Kongress wird nun voraussichtlich unwichtiger und damit auch, Regelungen in Gesetze umzusetzen. Für die Verabschiedung braucht es dort eine 60-Prozent-Mehrheit. Eine hohe Hürde, die fast immer Stimmen der Opposition erfordert. Seit der ersten Amtszeit Barack Obamas hatten keine der beiden Parteien mehr eine Mehrheit im Parlament.
Es dürfte stattdessen zu einem noch stärkeren Flip-Flop-Effekt nach Regierungswechsel kommen: Wenn sich Präsidenten stärker als bislang auf Dekrete stützen, dürften deren Nachfolger diese auf breiter Front wieder annullieren. Trump hat das mit Bidens Dekreten getan – und in seiner bisherigen zweiten Amtszeit so viele eigene Anordnungen unterschrieben wie kein US-Präsident vor ihm.