Sudan: UN-Beauftragte sieht Anzeichen für Völkermord in Darfur – Politik | ABC-Z
Die Situation in Darfur in Sudan weise alle Merkmale eines drohenden Völkermords auf, erklärte die UN-Beauftragte zur Verhinderung eines Genozids Alice Nderitu vor dem Weltsicherheitsrat in New York. “Völkermord passiert nicht über Nacht. Völkermord ist Teil eines Prozesses, der gut geplant, vorbereitet und umgesetzt wird.” Es gebe starke Anzeichen dafür, dass die Verbrechen, die bereits begangen wurden, sich für einen Genozid qualifizieren.
Sudanesischer Armee kämpft gegen paramilitärische Rapid Support Forces
In Sudan tobt seit Mitte April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Staatschef Abdel Fattah al-Burhan und dessen früherem Stellvertreter und Führer der sudanesischen Miliz RSF, Mohamed Hamdan Daglo. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sprach erstmals seit 2022 wieder mit den beiden Männern separat am Telefon, wie sein Büro am Freitag berichtete. Er rief sie auf, Friedensverhandlungen aufzunehmen, humanitäre Hilfe im Land nicht zu behindern, und Gräueltaten ihrer Kämpfer zu verhindern. Beide hätten zugestimmt, dass das humanitäre Völkerrecht eingehalten werden müsse, sagte Türks Sprecherin. Einzelheiten über weitere Reaktionen der beiden wollte sie nicht mitteilen. Konkrete Vorschläge für neue Friedensverhandlungen oder ein Treffen der beiden Männer seien nicht besprochen worden.
Türk zeigte sich entsetzt über die jüngste Eskalation der Kämpfe zwischen beiden Seiten in El Fasher, der Hauptstadt von Nord-Darfur. Dort säßen 1,8 Millionen Einwohner und Vertriebene zwischen den Fronten und hätten kaum noch Lebensmittel. Auch die Vereinten Nationen schätzen, dass die Lage außer Kontrolle zu geraten drohe: Es habe seit April 2023 schon mindestens 16 000 Tote und 33 000 Verletzte gegeben. Etwa neun Millionen Menschen seien durch die Kämpfe vertrieben worden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte am Freitag vor einer Hungersnot in Sudan. Mehr als ein Drittel der Menschen in der Hauptstadt Khartum und in der Region Darfur seien bereits in einer akuten Hungersituation. Die Zahl der Kinder unter fünf Jahren, der schwangeren und stillenden Mütter, die akute Mangelernährung aufweisen, sei von 3,9 Millionen Anfang 2023 auf 4,9 Millionen 2024 gestiegen.
Anzeichen für ein Völkermordverbrechen liegen laut UN-Beauftragter vor
Die UN-Völkermordkonvention definiert den Genozid in Artikel zwei der Konvention als vorsätzliche Ermordung, Misshandlung oder anderweitige Vernichtung von Volksgruppen aufgrund ihrer ethnischen oder sozialen Merkmale, ihrer Nationalität oder religiösen Überzeugung.
In Darfur im Westen des Sudans werde die Zivilbevölkerung aufgrund ihrer Identität angegriffen und Zivilisten würden aufgrund ihrer Hautfarbe und ihrer ethnischen Zugehörigkeit attackiert und getötet, erklärte Nderitu. Die Angriffe gehen Berichten zufolge vor allem von den paramilitärischen RSF und alliierten Milizen aus. Seit April 2023 kämpfen diese im Sudan gegen die Armee um die Macht über Land und Zugang zu Ressourcen wie etwa Gold. Der Krieg in dem afrikanischen Land hat zur größten Vertreibungskrise weltweit geführt. Mehr als neun Millionen Menschen mussten nach UN-Angaben ihr Zuhause verlassen, um anderswo Schutz zu suchen.
Bericht aus Yale: Wohngebiete auf der Fläche von 39 Fußballfeldern zerstört
Ein am Dienstag veröffentlichter Bericht von Wissenschaftlern der US-Universität Yale stützt die Vorwürfe zu Darfur und zeigt, dass die Kämpfe weiter anhalten. Mitte Mai habe es signifikante Zerstörungen rund um El Fasher gegeben. Allein zwischen dem 14. und dem 18. Mai seien Wohngebiete auf der Fläche von 39 Fußballfeldern zerstört worden, wie Auswertungen von Satellitenbildern ergaben. Auch ein Vertriebenenlager wurde vergangenen Woche angegriffen.
Die Darfur-Region ist seit Jahrzehnten von ethnischer Gewalt geprägt. Allein zwischen 2003 und 2008 wurden Schätzungen zufolge 300 000 Menschen getötet. Der Internationale Strafgerichtshof ermittelt wegen Völkermords.
Die RSF sind aus den arabischen Dschandschawid-Milizen hervorgegangen, die für die damaligen Verbrechen maßgeblich mitverantwortlich gemacht werden.