Geopolitik

Streit um Verfassungsrichterwahl: Miersch fordert nach Rückzug von Brosius-Gersdorf mehr Verlässlichkeit | ABC-Z

Nach dem Rückzug der Verfassungsrichterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf hat SPD-Fraktionschef
Matthias Miersch seinen Koalitionspartner im Bundestag zu mehr Verlässlichkeit aufgefordert. Die Unionsspitze
habe wiederholt Zustimmung zur Wahl der Juristin signalisiert, schrieb Miersch
in einem Brief an die Abgeordneten. “Dass sich zentrale Teile der CDU/CSU-Fraktion am Ende davon distanziert haben,
erschüttert nicht nur Vertrauen, sondern stellt das Fundament infrage, auf dem
demokratische Zusammenarbeit überhaupt möglich ist.” Damit verspiele man Vertrauen in die Demokratie.

Miersch gehe trotzdem weiterhin von einer tragfähigen Basis mit dem Koalitionspartner Union aus. “Ich bin
überzeugt, dass wir diese Haltung, trotz aller Reibung, in der Substanz
weiterhin mit unserem Koalitionspartner teilen”, schrieb er. Er
begründete seine Zuversicht mit der Verantwortung für das Land.
Die Menschen erwarteten zu Recht, dass die Regierung jetzt anpacke.

Zuvor hatte die von der SPD vorgeschlagene Juristin Frauke
Brosius-Gersdorf ihre Kandidatur für das Bundesverfassungsgericht
zurückgezogen
. Die Union hätte ihr sehr deutlich signalisiert, dass ihre Wahl ausgeschlossen sei, hieß es in einem über eine Bonner
Kanzlei verbreiteten Schreiben. Im Juli war die Wahl von Brosius-Gersdorf und zwei weiteren Kandidaten
für das Bundesverfassungsgericht gescheitert, nachdem die Union kurzfristig
ihre Zustimmung für die von der SPD vorgeschlagene Kandidatin zurückgenommen
hatte.

“Erwarten, dass Absprachen künftig Bestand haben”

Miersch stellte sich in seinem Brief erneut hinter Brosius-Gersdorf.
Dass eine solche Persönlichkeit sich zurückziehe, sei ein alarmierendes Signal
für die Unabhängigkeit der Institutionen. Die SPD-Fraktion werde einen neuen
Vorschlag für die Besetzung der Richterstelle unterbreiten, schrieb Miersch. “Wir erwarten von unserem Koalitionspartner, dass Absprachen künftig
Bestand haben.” Ein solcher Vorgang dürfe sich nicht wiederholen.

Die Union müsse sich nun zu klaren Spielregeln des
Regierens bekennen. “Nur wenn Zusagen Bestand haben, sind tragfähige
Kompromisse möglich. Nur dann können wir Vertrauen zurückgewinnen und
politische Handlungsfähigkeit sichern.”

Stegner: Der “rechte Mob” feiert Triumph

Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner bezeichnete den
Rückzug von Brosius-Gersdorf als Niederlage für
demokratische Parteien. Er forderte von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ein deutliches Bekenntnis gegen Rechts. “Der
Tag wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem der rechte Mob
erstmals einen Triumph gefeiert hat”, sagte Stegner dem
RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). “Die demokratischen Parteien haben sich
demgegenüber als wehrlos erwiesen.” Es sei zu hoffen, dass dies als Warnschuss begriffen
werde, sagte er.

Stegner forderte Merz auf, die
Mehrheitsfähigkeit der Koalition sicherzustellen oder Fraktionschef Jens
Spahn (CDU) auszuwechseln. Wenn die Union keine demokratische Mehrheit
garantieren könne, stelle sich die Führungsfrage. Die Union müsse
verstehen, “welchen Dammbruch sie ermöglicht hat”, sagte Stegner. “Eine
Wiederholung eines solchen Vorgangs muss ausgeschlossen werden.”

Als Zeichen gegen Rechts könne etwa ein
Ausschluss der wegen ihrer Nähe zur AfD in die Kritik geratenen
Brandenburger CDU-Abgeordneten Saskia Ludwig aus der Bundestagsfraktion
gehören, sagte Stegner.

Zuvor hatten andere Politiker von SPD, Grünen und Linken empört auf den Rückzug von Brosius-Gersdorf reagiert und die Union kritisiert.

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