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Streit im deutschen Marathon-Team – Läufer Pfeiffer greift nach WM-Aus DLV an | ABC-Z

Stand: 03.06.2025 22:43 Uhr

Der Düsseldorfer Marathon-Läufer Hendrik Pfeiffer wird trotz eines freien Startplatzes nicht bei der Leichathletik-WM dabei sein und zweifelt an der sportlichen und moralischen Kompetenz des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV).

Der große Traum bei der Leichtathletik-WM (13. bis 21. September) in Tokio an den Start zu gehen, schien für Läufer Hendrik Pfeiffer Ende Mai so nah wie nie zuvor. Durch die Absage der beiden Top-Läufer Sebastian Hendel und Samuel Fitwi wird plötzlich ein Startplatz frei. “Die Vorfreude war groß, aber nur für ein paar Stunden”, sagt Pfeiffer in seinem Instagram-Post.

DLV lässt einen Startplatz frei – ohne Begründung

Denn das, womit er und viele seiner Kollegen rechnen, tritt nicht ein. Pfeiffer wird vom Verband nicht für die WM im September nachnominiert. “Leider habe ich die Rechnung ohne den DLV gemacht. Die Hürde, sich international für die WM zu qualifizieren, scheint wesentlich leichter zu sein, als seinen eigenen Verband auf seiner Seite zu haben.” Mit Amanal Petros und Richard Ringer belässt es der Verband bei seinen zwei Startern.

Und das, obwohl sich Pfeiffer Anfang 2024 über eine Platzierung im World Ranking bereits für die WM qualifiziert hatte. Erst im Dezember 2024 legte der Verband rückwirkend eine interne Norm von 2:07:50 Stunden fest, die zwischen September 2024 und Mai 2025 hätte erbracht werden müssen. Pfeiffers persönliche Bestleistung (2:07:14 Stunden) von Januar 2024 “zählt für den DLV leider nicht.”

Pfeiffer geht mit anderer Zielsetzung in Berlin-Marathon

Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Norm hatten allerdings schon diverse Qualifikations-Läufe stattgefunden. So auch der Berlin-Marathon im September. Pfeiffer beendete den Lauf mit einer Zeit von 2:08:20 Stunden – in dem Unwissen einer internen Norm. “Meine Zielstellungen waren damals völlig andere”, sagt der 32-Jährige, der seit 2025 für die Düsseldorf Athletics läuft.

Ich habe wieder einiges darüber gelernt, wie Funktionäre ticken, insbesondere das Vorstandsmitglied Jörg Bügner.

Hätte Pfeiffer schon im September von der internen Norm gewusst, wäre er das Rennen unter anderen Voraussetzungen angegangen. “Da stellt sich mir schon die Frage, ob das gerecht ist und juristisch überhaupt vertretbar ist. Das lasse ich übrigens gerade juristisch überprüfen.”

DLV-Vorstandsmitglied Jörg Bügner

In seinem öffentlichen Statement greift Pfeiffer vor allem DLV-Vorstandsmitglied Jörg Bügner an: “Ich habe wieder einiges darüber gelernt, wie Funktionäre ticken, insbesondere das Vorstandsmitglied Jörg Bügner, der in diesem Fall alles andere als ein angemessenes Führungsverhalten an den Tag gelegt hat. Ein Funktionär sollte für die Athleten da sein und nicht nur so weit hinter ihnen stehen, wie es den eigenen machtpolitischen Ambitionen in die Karten spielt.”

Bundestrainer Fromm “wechselt den Kurs”

Und auch von seinem Bundestrainer Alexander Fromm zeigt sich Pfeiffer enttäuscht. Fromm habe nach den Absagen von Fitwi und Hendel “garantiert, dass er uneingeschränkt hinter meinem WM-Start steht.” Nach einem Austausch zwischen Fromm und Bügner habe der Bundestrainer Pfeiffer schriftlich mitgeteilt, eine Nominierung nicht mehr zu unterstützen. “Hoppla”, reagiert Pfeiffer in seiner Video-Botschaft: “Ich will nicht sagen, dass da jemand unter Druck gesetzt wurde, aber ich finde diesen Kurswechsel schon bemerkenswert.”

Einer Bitte um ein Gespräch sei Bügner bis heute nicht nachgekommen: “Inzwischen stelle ich mir die Frage, ob Jörg Bügner Angst vor dem Austausch mit seinen eigenen Athleten hat oder, ob es lediglich Desinteresse ist.”

DLV veröffentlicht Pressemitteilung

Der Verband meldete sich einen Tag nach Pfeiffers Statement mit einer offiziellen Pressemitteilung, in der Pfeiffers Name allerdings kein einziges Mal auftaucht. Der Verband schreibt, er sei verpflichtet, die Richtlinien fair und disziplinübergreifend anzuwenden. “Wir haben großes Verständnis dafür, dass Athletinnen und Athleten enttäuscht sind, wenn sie nicht nominiert werden und am Ende nicht alle Startplätze vergeben werden”, wird Bügner zitiert. Eine genaue Begründung, warum nicht alle Startplätze vergeben werden, gibt Bügner nicht.

Vielmehr erklärt der Verband den freien Platz damit, dass weitere deutsche Läufer mit erfüllten Nominierungsanforderungen auf die WM verzichten würden und daher nicht zur Verfügung stünden. “Muss ich das Gefühl haben, dass sich hier jemand über mich lustig machen will?”, fragt sich Pfeiffer, der dem Verband ein Mangel an Führungskompetenz und sportlichem Sachverstand vorwirft. “Bin ich ein Athlet der einmal zu viel zu unbequem war? Stichwort Olympia.” Bereits im vergangenen Sommer kam es zu einem Streit mit dem Verband und seinen Teamkollegen.

Rückendeckung von Lückenkemper und Ringer

Sprinterin Gina Lückenkemper

Diesmal bekommt der Düsseldorfer von zahlreichen Athletinnen und Athleten ausnahmslos Bestätigung. “Da fehlen einem echt die Worte… Ein Verband sollte immer FÜR die Athleten da sein. Denn ohne Athleten kein Verband”, reagierte Sprinterin Gina Lückenkemper. Pfeiffers Teamkollege Richard Ringer, der bei der WM bei der Königsdisziplin an den Start geht, zeigt ebenfalls Unverständnis. “Es ist schade, dass andere Athleten ihre Nominierung nicht annehmen und der DLV dann sogar seine besser platzierten Athleten nicht mitnimmt.”

Dass Pfeiffers Ausbotung kein Einzelfall zu sein scheint, zeigt die Reaktion von der ehemaligen Marathon-Läuferin Sonja Oberem: “Geschichte wiederholt sich. Genauso war es 2004 bei mir”, schreibt die 52-Jährige: “Einen Platz unbesetzt zu lassen, obwohl es einen qualifizierten Athleten gibt, ist reine Willkür. Es gibt keinen Grund dafür. Die Verbände kümmern sich seit Jahrzehnten in erster Linie um ihren Selbsterhalt und am wenigsten um das Wohl und die Belange der Athleten.”

Unsere Quellen:

  • Insagram-Post von Hendrik Pfeiffer
  • Pressemitteilung DLV

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