Streckensanierung: Vollsperrung Hamburg-Hannover – So will die Bahn den Befreiungsschlag vollziehen | ABC-Z
Mithilfe zweier Vollsperrungen will der Konzern die Strecke zwischen Hamburg und Hannover sanieren. Doch das Fernziel des künftigen Bahnverkehrs ist auch damit noch längst nicht erreicht.
Vom 1. Mai bis zum 10. Juli 2026 sperrt die Deutsche Bahn die Fernverkehrsstrecke zwischen Hamburg und Hannover für erste umfassende Sanierungsarbeiten nach dem neuen Bahnkonzept der Vollsperrung. Die Bahn nennt diese ersten zehn Wochen „Qualitätsoffensive“. Diese wird von Februar bis Juli 2029 gefolgt von der eigentlichen „Generalsanierung“ der 163 Kilometer langen Strecke. Das Land Niedersachsen hatte den Bund um die zeitliche Entzerrung der Arbeiten gebeten.
„Die Fernverkehrsstrecke zwischen Hamburg und Hannover gehört zu den Top-5-Strecken in Deutschland“, sagte Dieter Olliges am Montag, der Projektleiter der Deutschen Bahn für die Sanierung der Strecke. Angebunden an die Nord-Süd-Verbindung sind unter anderem Deutschlands meistfrequentierter Bahnhof, der Hamburger Hauptbahnhof, sowie Europas größter Rangierbahnhof in Maschen, der systemrelevant vor allem auch für die Häfen in Hamburg und Bremerhaven ist.
Mit 13,7 Millionen Trassenkilometern im Jahr und täglich 240 Personen- und Güterzügen weise die Strecke zwischen Hamburg und Hannover eine „Auslastung von 147 Prozent“ aus, sagte Olliges: „Schon rein von der Anzahl der Züge her ist die Strecke zwischen Hamburg und Hannover überlastet, und obendrein ist die Infrastruktur überaltert. Im Jahr 2026 machen wir das Allernötigste. Bei der Generalsanierung 2029 machen wir dann alles, was technisch abgängig ist.“ Die zehnwöchige Bauphase 2026 werde rund 300 Millionen Euro kosten. Für die Generalsanierung 2029 veranschlage man einen „Milliardenbetrag“, der aber noch nicht genau feststehe.
Mit der Sanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim hat die Deutsche Bahn im Juli das größte Sanierungsprojekt ihrer Geschichte gestartet. Es folgt der Erkenntnis, dass nur noch radikale Schritte wie wochen- und monatelange Vollsperrungen helfen, um hochbelastete Strecken grundlegend sanieren zu können. Bislang wird in der Regel in einer Fahrtrichtung einer Strecke gearbeitet, während der Verkehr auf der Nachbarspur weiterläuft, teils auch abwechselnd in beide Richtungen. Das hat sich als wenig effektiv erwiesen. Zur Generalsanierung innerhalb des künftigen, sogenannten „Hochleistungsnetzes“ sind insgesamt 4000 Kilometer Strecke in 40 sogenannten Korridoren vorgesehen. 1000 Kilometer Fernstrecke gelten als in gutem Zustand. Weitere 4200 Kilometer werden im üblichen Instandhaltungsmodus gehalten.
Ausgetauscht und erneuert werden bei den Generalsanierungen Schienen-Oberbauten, Signaltechnik, Weichen und etliches andere Zubehör. Unter anderem auch Brücken werden neu errichtet. In Uelzen baut die Deutsche Bahn für die Strecke zwischen Hamburg und Hannover ein neues, elektronisches Stellwerk, das erste dieser Art in Deutschland. Mehrere Hundert Menschen sollen 2026 im Rahmen der „Qualitätsoffensive“ an der Strecke arbeiten. In dieser ersten Bauphase werden unter anderem die Schienen auf 100 Kilometern Länge erneuert.
Die Zweiteilung der Bauarbeiten zeigt, unter welchem Druck die Deutsche Bahn speziell auch bei der Strecke zwischen Hamburg und Hannover steht. Die Pünktlichkeit auf dieser wichtigen Nord-Süd-Verbindung im Personen-Fernverkehr liege derzeit bei nur noch 56 Prozent, sagte Olliges, noch unter der bundesweiten Pünktlichkeit von 62 Prozent: „Da ist dringender Handlungsbedarf.“
Ebenfalls in einem zweistufigen Verfahren wird die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Hamburg und Berlin generalsaniert. Die erste Phase läuft seit dem 16. August und noch bis zum 14. Dezember unter Vollsperrung. Die Hauptarbeiten – ebenfalls mit Vollsperrung – sind für den Zeitraum von August 2025 bis April 2026 geplant. Die Bahn hat dafür ein umfassendes Programm von Umleitungen und Ersatzverkehren ausgearbeitet. Ähnlich wird dies bei der Sperrung der Strecke zwischen Hamburg und Hannover sein. Der Personen-Fernverkehr wird dann vor allem über Bremen umgeleitet.
Ein wesentliches Problem allerdings wird die Deutsche Bahn auch mit der Generalsanierung der 40 Streckenkorridore noch nicht lösen können. Um den künftigen „Deutschlandtakt“ erreichen zu können, der unter anderem halbstündige ICE-Verbindungen auf etlichen Strecken vorsieht, braucht die Bahn Hunderte Kilometer neue Personen- und Güterverkehrsstrecken. Die Rundum-Sanierung der bestehenden Strecken ist nur die Grundvoraussetzung für den Deutschlandtakt, sagte Olliges: „Für den Neubau von Trassen allerdings brauchen wir jeweils eigene Planfeststellungsverfahren. Und das ist zeitlich noch einmal eine ganz andere Ebene als die Sanierung.“