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Strategie für Kreislaufwirtschaft: Wie die Bundesregierung Recycling leichter machen will – Wirtschaft | ABC-Z

Deutschland ist nicht reich an Rohstoffen, aber umso fleißiger bei deren Verbrauch. Alleine 500 Millionen Tonnen Primärrohstoffe wanderten nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes 2021 in den Bau, 575 Millionen in die Metallerzeugung, mehr als 200 Millionen Tonnen in die Automobilindustrie. Selten sind diese Rohstoffe damit für alle Zeiten verloren – man muss sie nur irgendwie wieder heben. Bloß wie?

Seit dieser Woche gibt es nun zumindest den Entwurf einer „Nationalen Kreislaufwirtschaftstrategie“, erstellt hat ihn das Bundesumweltministerium. Die deutsche Wirtschaft, so heißt es darin, lasse sich durchaus als „eine Art Durchflusswirtschaft“ beschreiben. In der werden Rohstoffe importiert und in Form von verarbeiteten Gütern wieder exportiert. Allerdings erfahren nur 13 Prozent der eingesetzten Rohstoffe ein zweites Leben – sie fließen als „Sekundärrohstoffe“ wieder in den Materialkreislauf zurück.

Die Strategie soll zumindest zeigen, wie es mehr werden könnten. Durch „digitale Produktpässe“ etwa, in denen sich alle Materialien finden, die ein Produkt so enthält. Vor allem in elektronischen Geräten können das sehr viele sein – Recycling würde so leichter. Letzteres können auch Regeln für das Produktdesign unterstützen: Wenn Dinge einfach konstruiert sind, lassen sie sich auch leichter reparieren oder in Einzelteile und -stoffe zerlegen. Umgekehrt müssten die so gewonnenen Materialien, das „Rezyklat“, auch bevorzugt wieder in die Produktion zurückfließen – schließlich soll sich am Ende ein Kreislauf schließen. Auch Standards und Normen könnten das unterfüttern, und schließlich könnte die öffentliche Hand selber dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Gütern wächst, die diesen Stoffkreislauf durchlaufen haben.

Ein Mensch in Deutschland verursacht im Durchschnitt 16 Tonnen Rohstoffverbrauch pro Jahr

Bis zum Herbst soll die Strategie das Kabinett passieren. Konkrete Gesetzesvorhaben enthält sie noch nicht, wohl aber Ziele. Beispiel Pro-Kopf-Verbrauch: Bisher etwa entfallen auf jeden Menschen im Land jährlich 16 Tonnen Rohstoffverbrauch – vom privaten Konsum über Tankfüllungen bis hin zu Baustoffen fürs Haus. Dieser Wert soll sich, so schlägt es der Entwurf vor, bis 2045 halbieren. Auch soll sich der Einsatz von Sekundärrohstoffen bis 2030 verdoppeln. Die Siedlungsabfälle sollen bis dahin um zehn Prozent schrumpfen, bis 2045 um 20 Prozent.

Gemessen am bisherigen Fortschritt ist das alles ziemlich ehrgeizig. Seit 2010 schon erfasst die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie den Einsatz von Rohstoffen im privaten Konsum. 2018, jüngere Zahlen gibt es nicht, lag er immer noch auf dem Niveau von 2010. Immerhin beim Energieeinsatz zeigt die Kurve nach unten.

Dabei gäbe es buchstäblich eine ganze Menge zu gewinnen, findet Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). „Von einer gut funktionierenden Kreislaufwirtschaft profitieren nicht nur Umwelt und Klima, sie macht auch unsere Wirtschaft krisensicherer.“ Eine Kreislaufwirtschaft könnte Importe aus politisch instabilen Ländern ersetzen. Allerdings müsse dies schon beginnen, wo Rohstoffe gewonnen, wo Produkte und Verfahren geplant werden. „So wird von Anfang an dafür gesorgt, dass sich der Kreis am Ende schließen kann“, sagt Lemke.

Das gefällt auch denen, die mit derlei Kreisläufen Geld verdienen könnten, die deutsche Entsorgungswirtschaft. Ein rohstoffarmes Land wie Deutschland brauche „eine konsequente Circular Economy“, sagt Anja Siegesmund, bis voriges Jahr grüne Umweltministerin in Thüringen und seit Kurzem Präsidentin des Branchenverbands BDE. Sie sagt: „Kreislaufwirtschaft ist Industriepolitik.“

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