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Steffen Baumgart als neuer Trainer von Union Berlin vorgestellt – Sport | ABC-Z

Eine kleine Witzelei konnte sich Horst Heldt, der Sportgeschäftsführer des Fußball-Bundesligisten Union Berlin, nicht verkneifen, als er am Donnerstag Steffen Baumgart als neuen Trainer begrüßte. Heldt, 55, hatte Baumgart, 52, schon einmal verpflichtet, im Mai 2021, seinerzeit war jener Heldt Manager beim 1.FC Köln. „Vier Wochen später war ich meinen Job los“, erinnerte sich Heldt. Und schmunzelte. Mögen nun auch wegweisende Spiele im Abstiegskampf anstehen – innerhalb der nächsten vier Wochen trifft Union auf Heidenheim, Augsburg, Mainz und St. Pauli -, so sei er doch „ganz optimistisch, dass das nicht wieder passiert“, schob Heldt nach und klang, als untertreibe er bewusst. Steffen Baumgart bei Union – was soll da schon schiefgehen?

Am Donnerstag stand er schon kurz vor dem Trainingsbeginn auf dem Übungsplatz, die Hände in den Hosentaschen verborgen, den Kopf unter einer Baseball-Kappe, beäugt von 740 Menschen, deren Neugierde groß genug war, um die Kälte unter Köpenicks freiem Himmel auszuhalten. Der Publikumsliebling Baumgart war im Sommer 2002 in Köpenick als Spieler aufgeschlagen, und das war nicht nur in den vergangenen Tagen in den Berliner Medien ein Thema, sondern auch am Donnerstag in der Pressekonferenz. Baumgart selbst kehrte es hervor. „Scheiße, jetzt holen wir wieder so einen alten Sack!“, habe der heutige „Geschäftsführer Kommunikation“ Christian Arbeit gesagt, als er, Baumgart, damals von seinem Heimatklub Hansa Rostock nach Berlin wechselte. Arbeit, der die Konferenz leitete, korrigierte Baumgart nur geringfügig; er habe damals lediglich aufgestöhnt, dass da „noch ein abgehalfterter Bundesligaprofi“ komme.

Doch diese Art von Wortklauberei war am Donnerstag nur am Rande von Belang. Entscheidend war vielmehr, was Baumgart als erste Amtshandlung im Stadion An der Alten Försterei in Erinnerung geblieben war. Wie er vor dem Häuschen, das bis zum heutigen Tage in einer Tribünenecke des Stadions eingelassen ist und eine manuelle Anzeigentafel beherbergt, den damaligen Mainzer Spieler und heutigen Leipziger Trainer Marco Rose weggegrätscht habe, das sei wegweisend gewesen: „Danach stand der ganze Block.“

Seine Art, Fußball zu leben, ist über die Jahre gleich geblieben, sie wurde auch jetzt zum Programm erhoben. Den Unionern wohl zum Wohlgefallen. „Wir wollen das Ding anzünden“, sagte Baumgart und hielt dann doch inne, als habe er sich selbst bei einer unzulässigen Tautologie erwischt. Denn die Alten Försterei sei „immer angezündet“.

Zuletzt war das allerdings nicht immer der Fall. Es gab ja Gründe dafür, dass der im Sommer verpflichtete Trainer Däne Bo Svensson kurz vor Silvester als Trainer gehen musste, nach 17 Punkten aus 15 Partien und zuletzt neun Pflichtspielen ohne Sieg.„Wir haben das Gefühl gehabt, dass wir auf der Stelle treten“, erklärte Heldt; und der Angst auf das Taumeln Richtung Abstieg folgte die Suche nach einem Nachfolger, bei der Baumgart nicht der einzige Kandidat gewesen sei. Sicher aber die logische: Er kennt den Verein.

Baumgart sieht den Kader bereit für „intensiven Fußball “

Baumgart war Ende November beim Hamburger SV „gegangen worden“, wie er selbst es formulierte, und dass er das für mäßig gerechtfertigt hielt, verbarg er kaum. In der damaligen Lage wären „andere (Verträge) verlängert worden“, sagte er. Getroffen hat ihn offenkundig auch, dass ihm in manchen Medien nachgerufen wurde, er habe den HSV zu defensiv agieren lassen. Als habe er nicht einen Beitrag dazu geleistet, den HSV zum aktuell torgefährlichsten Zweitligisten zu machen (39 Tore), sagte er. Und wer wollte, konnte andere Einlassungen Baumgarts vom Donnerstag ebenfalls als Ausweis dafür nehmen, dass er die Presse studiert hat.

In den Berliner Zeitungen war ja hinterfragt worden, ob Unions Spielerpersonal wirklich zu dem hohen Pressing passe, das Baumgart an früheren Wirkungsstätten bevorzugt aufführen ließ. Der Kader sei „sehr, sehr gut“, mit „erfahrenen und guten Fußballern“ bestückt, „topfit“ und damit auch hinreichend darauf vorbereitet, „intensiven Fußball“ zu spielen, urteilte Baumgart demonstrativ. Von Grundsatzerklärungen sah er ab. „Hört mir auf mit Baumgart’schen Fußball“, sagte er, „es geht darum, Spiele gewinnen zu wollen.“ Indem man den Weg nach vorne sucht – und findet.

Bei Union war genau das in letzter Zeit ein größeres Problem. Nur der Aufsteiger FC St. Pauli (13) und Schlusslicht VfL Bochum (12) haben in der laufenden Spielzeit weniger Tore erzielt als Union (14). Das erinnert fürwahr an die Zeit beim 1. FC Köln. In der Saison vor seiner Verpflichtung hatte die Mannschaft in 34 Spielen 34 Tore erzielt, in der folgenden, vielleicht erfolgreichsten Trainer-Saison Baumgarts wurden es 52 Treffer. Ob sich der 1. FC Union im nun geöffneten Transferfenster nach neuen Angreifern umsieht, ist noch nicht ausgemacht.

Baumgarts Vorgänger Svensson hatte ein paar Zugänge des vergangenen Sommers bevorzugt außen vor gelassen – vor allem die Stürmer Ivan Prtajin und Andrij Ilic -, das kam in der Chefetage mäßig gut an. Baumgart will sich nun erst einmal ein genaueres und vor allem eigenes Bild der Spieler mit bestehenden Vertragsverhältnissen machen; in Laszlo Benes trifft er auch einen Spieler wieder, den er beim HSV im vergangenen Sommer nur sehr ungern zu Union ziehen ließ, der in Köpenick aber nicht durchstarten konnte. Nun soll Baumgart ihn und die Mannschaft revolutionieren – nicht aber das Merchandising-Programm. Der Verkauf neuer Schiebermützen sei nicht geplant, sagte Kommunikationschef Arbeit: „Wir haben kein Maskottchen verpflichtet, sondern einen erfolgreichen Bundesligatrainer.“

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