Stefan Kraft siegt in Oberstdorf, Pius Paschke Vierter | ABC-Z
Beim Warten auf die finale Wertung im Auslauf der Schattenbergschanze von Oberstdorf ist Stefan Kraft umringt von seinen österreichischen Teamkollegen, von denen zwei weitere am Sonntagabend ebenfalls sehr überzeugen konnten. Es ging letztlich auf für Kraft: Platz eins für den Mann aus dem Salzburger Land. Er ist eines der großen Phänomene der Skisprung-Welt, denn er gehört seit mindestens einem Jahrzehnt zur Weltklasse. Das ist außergewöhnlich in dieser Sportart, in der das Auf und Ab bei den Platzierungen im Lauf der Jahre die größte Konstante ist.
Kraft, 31 Jahre alt, Olympiasieger und zweimaliger Weltmeister, ist also der erste Sieger der 73. Vierschanzentournee. Das Auftaktspringen gewann er nach zwei herausragenden Flügen recht deutlich vor seinen Landsleuten Jan Hörl und Daniel Tschofenig. Auf Platz vier landete mit dem Bayern Pius Paschke der erste Nichtösterreicher, der gleichzeitig für einen Sturm der Begeisterung unter den rund 25.000 Zuschauern in der Arena am Schattenberg sorgte.
„Ich habe es echt gut hinbekommen“
Hörls Abstand auf Kraft war mit 3,5 Punkten nicht sehr groß, er entspricht ziemlich genau zwei Metern. Doch der Drittplatzierte Tschofenig weist mit 11,5 Punkten Rückstand auf Kraft bereits einen zweistelligen Wert auf, das sind etwas mehr als sechs Meter.
Paschke wiederum muss bei Station zwei am Neujahrstag in Garmisch-Partenkirchen sogar 13,8 Zähler gutmachen, um zu Kraft aufschließen zu können. Der Mann im Gelben Trikot des Weltcup-Führenden zeigte sich dennoch sehr zufrieden nach seinem Wettkampf: „Ich habe es echt gut hinbekommen mit der nötigen Lockerheit.“
Kraft wiederum, der Tourneesieger des Jahres 2015, hatte bereits zweimal das Auftaktspringen der traditionellen Reise über die vier Schanzen gewonnen, das war 2014 und 2016. Vor zehn Jahren bejubelte er im Allgäu gleichzeitig auch seinen allerersten Weltcup-Triumph. „Dass es so aufgeht, ist schon erstaunlich“, sagte Kraft, der in diesem Winter zwar immer wieder überzeugen, aber noch nicht gewinnen konnte.
Er habe zuletzt viel probiert, Material getestet, und profitiere nun von der allgemeinen Aufschwung-Stimmung des erstaunlich kompakten und starken Teams aus Österreich: „Das pusht mich, das ist einfach so.“ Im Sommer habe er sich noch „sehr stark präsentiert“, danach aber, im Herbst, „habe ich einen richtigen Mist zusammengesprungen“. Dass es nun für ganz vorne reicht, „hätte ich vor ein paar Wochen noch nicht gedacht“.
Paschke, der Bayer mit dem Fünftagebart, 34 Jahre alt inzwischen, hatte am Sonntag sein kleines Tief überwunden, das er seit der letzten Weltcup-Station in Engelberg mit sich herumtrug. In der Schweiz schaffte es der Seriensieger dieses Winters – vor Oberstdorf gelangen ihm fünf Siege in zehn Wettkämpfen – lediglich auf die Ränge zehn und 18, in Oberstdorf missrieten ihm zudem die ersten beiden Probesprünge am Samstag.
Doch dann schaffte er einen großartigen Qualifikationssprung; es gab Abzüge für eine nicht so glückliche Landung und dennoch Rang sechs in der Qualifikation, was ihn aufatmen ließ. Nach Engelberg habe er sich in einem Zustand des Grübelns befunden. Bis dahin liefen seine Sprünge glatt, er landete zumeist trotz kleiner Fehler sehr weit vorn.
In Titisee-Neustadt etwa, eine Woche vor Engelberg, gewann Paschke beide Wettkämpfe und sorgte an der Schanze im Schwarzwald für eine Paschke-Euphorie, die in dieser Form völlig neu ist für ihn, den einstigen Hinterherspringer. „Natürlich habe ich nach Engelberg viel nachgedacht. Das ist ein normaler Prozess, wenn die Sprünge nicht so leicht kommen. Ich wusste, dass ich etwas ändern muss. Das ist aber mein tägliches Business als Skispringer. Die eine oder andere Denkschleife musst du schon drehen. Das ist mir aber ganz gut gelungen.“
Seine 13,8 Punkte Rückstand lassen ihm letztlich alle Möglichkeiten bei dieser Tournee, auch wenn Team Austria als Ganzes schwer zu bezwingen sein dürfte.
Hinter Paschke konnte nur noch Karl Geiger aus dem Team des Deutschen Skiverbandes überzeugen. Der Oberstdorfer schaffte es auf seiner Heimschanze auf Rang acht, bekam von Kraft aber den nach einem Springen gewaltigen Rückstand von 35,1 Punkten aufgebrummt.
Nicht gut zurecht kam am Sonntag Andreas Wellinger, einer der Geheimfavoriten. Der Bayer hatte in beiden Durchgängen einen Absprungfehler, der ihn Höhe und damit auch Weite kostete. Wellinger dürfte mit bereits fast 50 Punkten Abstand zu Kraft am Sonntag bereits die Tournee verloren haben. Als Sieger wird er nicht mehr infrage kommen.