Starnberger See: Pettenkofer-Villa für 9,2 Millionen Euro verkauft – Starnberg | ABC-Z
Nach langem und erbittertem Streit unter Kollegen mit etlichen Klagen hat die Rechtsanwaltskammer München (RAK) die Pettenkofer-Villa in Seeshaupt für 9,2 Millionen Euro verkauft. Den Kaufvertrag hat eine Privatperson aus dem Raum München unterschrieben. Das denkmalgeschützte Ensemble, das der berühmte Epidemiologe und Hygieniker Max von Pettenkofer im Jahr 1874 am Ufer des Starnberger Sees erbaut hat, befindet sich in traumhafter Lage auf einem 2800 Quadratmeter großen Grundstück mit privatem Steg und Badewiese. Das historische Seehaus hatte die Anwaltskammer 1981 geerbt, wobei die Nachfahrin Pettenkofers in ihrem Testament verfügt hat, in Andenken an den Mediziner und ihren Ehemann, einen Justizrat, das Anwesen zu pflegen und der Spekulation zu entziehen. Die Erblasserin machte auch zur Auflage, dass das Anwesen „vorwiegend Angehörigen der Anwaltsberufe zur Erholung, Alterssicherung und ähnlichen Zwecken dienen soll“.
Das Seehaus, das über 14 Zimmer und eine Wohnfläche von rund 380 Quadratmetern verfügt, wurde bis vor fünf Jahren vereinzelt für Gremiensitzungen und Fortbildungen der Rechtsanwaltskammer, aber auch für private Feiern mit Übernachtungen für geringe Gebühren genutzt. Zudem wurde die Villa an Dritte vermietet. Doch das alles deckte die Kosten von Verwaltung und Unterhalt des Anwesens nicht, was jährliche Zuschüsse von 20 000 bis 40 000 Euro zur Folge hatte. Mittlerweile sind umfangreiche Sanierungen zum Erhalt des 150 Jahre alten Gebäudes notwendig, das auch durch eine seltene Glas-Holz-Konstruktion beeindruckt. Dem Vernehmen nach müssten für die Renovierung zwei bis drei Millionen Euro investiert werden.
Der Kostendruck und der erhebliche Sanierungsstau waren aber nicht das entscheidende Kriterium, das Seehaus zu verkaufen. Denn in einem Gutachten von 2018 sei festgestellt worden, dass der Betrieb in der bisherigen Nutzung „einer Immobilie für kammerfremde Zwecke nicht Aufgabe einer Rechtsanwaltskammer und folglich unzulässig“ ist, teilt Hauptgeschäftsführerin Brigitte Doppler mit. Das Präsidium der Kammer habe nach jahrelangen Diskussionen über künftige Nutzungskonzepte schließlich vor eineinhalb Jahren entschieden, die Pettenkofer-Villa „schweren Herzens und nach langer Abwägung“ zu verkaufen.
Zu den Gegnern dieser Veräußerung gehört Andreas Schwarzer, langjähriges Mitglied des 36-köpfigen Vorstands der Anwaltskammer. Er hat die „Seehaus Initiative“ gegründet und wollte den Verkauf der Villa mit Klagen verhindern, weil seiner Ansicht nach das Präsidium mit seinen nur sechs Mitgliedern in dieser Sache nicht zuständig sei und geerbtes Vermögen nicht verkaufen könne. „Zudem gehört ein Kulturgut nicht in private Hände“, sagt Schwarzer. Eine sinnvolle Alternative wäre es seiner Meinung nach gewesen, das Haus für andere gewerbliche Kunden, Vereine oder für Seminare von Medizinstudenten zu öffnen, um eine Auslastung zu erreichen.
Überdies bezweifelt Anwalt Schwarzer, dass die Auflagen aus dem Testament der Erblasserin bereits verjährt seien. Hierbei bezieht er sich auf eine Klausel, wonach sich bei einem Verkauf die Rechtsanwaltskammer verpflichtet, zwei Drittel des Reinerlöses der Universität München (LMU) für wissenschaftliche Zwecke ihres hygienischen Instituts auszuzahlen. Und das wisse das Präsidium, betont Schwarzer.
Dagegen verweist Hauptgeschäftsführerin Doppler darauf, dass es sich nach gutachterlicher Stellungnahme bei der testamentarischen Regelung um ein „aufschiebend bedingtes Vermächtnis“ handele. Und das sei mit Ablauf von 30 Jahren nach Eintritt des Nacherbfalls von 1981 unwirksam geworden, erläutert Doppler. Zudem sei in Urteilen bestätigt worden, dass das Präsidium der Rechtsanwaltskammer in puncto Seehaus-Verkauf das zuständige Entscheidungsgremium sei. Und: Bei den vorangegangenen Diskussionen um Lösungen seien Gremien, insbesondere der Vorstand, eingebunden und beteiligt gewesen.
Erst Ende November dieses Jahres hatte die Kammer einen geeigneten Käufer des noblen Anwesens gefunden, der bereits am 12. Dezember den Kaufvertrag unterschrieb. Das bestätigt Oliver Herbst, Makler von Luxusimmobilien in der Region. Er hat in Kooperation mit dem vorherigen Maklerbüro den Verkauf in die Wege geleitet. Allerdings dürfe er nichts weiter darüber mitteilen, sagt Herbst. Auch der bisherige Eigentümer, die Rechtsanwaltskammer, hat auf Bitte des Käufers „Vertraulichkeit“ zugesagt und macht daher keine weiteren Angaben zu dessen Person.
Dass es nun doch so schnell ging, überrascht auch den Seeshaupter Bürgermeister Fritz Egold (CSU). Er wundert sich, dass sich der Käufer nicht schon vor dem Erwerb der unter Denkmalschutz stehenden Immobilie beim Rathaus gemeldet habe, um sich über die baurechtlichen Vorgaben zum ortsbildprägenden Anwesen zu erkundigen.